c't 14/2017
S. 78
Kaufberatung
Smartphones im Langzeit-Check
Aufmacherbild

Glücksgriffe und Fehlkäufe

Neun Smartphones und ein Handy im Langzeiteinsatz

Wie lange ein Smartphone Updates bekommt, ob es dauerhaft flüssig laufen wird und wie viel das schicke Gehäuse aushält, lässt sich nicht im üblichen Labortest feststellen. Im Alltagseinsatz haben die c’t-Redakteure jahrelange Begleiter gefunden und herbe Enttäuschungen erlebt.

Schon viele Smartphones haben wir in den c’t-Laboren den penibelsten Tests unterzogen. Und dennoch bleiben Fragen unbeantwortet, wenn wir ein Testgerät zurück an den Hersteller schicken: Bleibt die Akkuleistung erhalten? Hält das Gehäuse, wenn es zum x-ten Mal auf den Boden fällt? Arbeitet die Hardware auch mit zukünftigen Betriebssystem-Versionen so schnell? Und wird der Hersteller überhaupt die versprochenen Updates liefern? Fragen, die man nur nach langem, hartem Praxiseinsatz beantworten kann; Fragen, die wir auf den folgenden Seiten beantworten.

In diesem Test der etwas anderen Art dreht sich alles um Mobiltelefone, die wir persönlich lange Zeit in Benutzung hatten. Einige Redakteure begeistern sich bis heute für ihr Modell, obwohl einiges im Labor dagegen sprach. Andere griffen zum Gerät mit den besten Testergebnissen und wurden bitter enttäuscht. Im Unterschied zu unseren klassischen Tests finden sich in den Texten keine harten Laborwerte, sondern persönliche Einschätzungen, Erfahrungen und Tipps.

Die meisten Telefone sind ein paar Jahre alt, einige wie das Apple iPhone 7 nur ein paar Monate. Mit dem Nokia 6310i ist auch ein liebgewonnener Oldtimer dabei. Alle Modelle gibt es noch zu kaufen – neu oder zumindest aus zweiter Hand. Tipps, worauf Sie generell beim Kauf von Gebrauchtgeräten achten sollten, finden Sie ab Seite 90.

Alterserscheinungen

Im Test stellte sich heraus, dass nicht alle Teile der Smartphones gleichermaßen vom täglichen Einsatz und der Alterung betroffen sind: Der Akku, die Performance und Software-Updates spielen in allen Erfahrungsberichten eine Rolle. Moderne Mobil-Displays beispielsweise sind offensichtlich für längere Zeit konzipiert, als wir die Geräte in Gebrauch haben: Weder die LCDs noch die OLED-Anzeigen zeigten im Vergleich zum Neuzustand Veränderungen. Bei Kontrast, Blickwinkelabhängigkeit und Farbumfang ergaben sich nur minimale Abweichungen innerhalb der Messtoleranz (unter 5 Prozent). Die Helligkeit sank nicht – ganz im Gegenteil: Die OLED-Displays des S7 und S7 edge legten sogar 50 cd/m2 zu, da Samsung zwischendurch per Software-Update das Maximum erhöhte.

An den Akkus ging die Zeit nicht spurlos vorbei: Moderne Lithiumionen-Akkus halten ihre ursprüngliche Kapazität über lange Zeit, ohne beispielsweise einen Memory-Effekt zu zeigen. Nach einer bestimmten Anzahl an Ladezyklen nimmt die Leistung aber rapide ab. Schnellladetechniken wie das im Galaxy S7 genutzte Qualcomm Quick Charge setzen den Akkus zusätzlich zu und lassen sie schneller altern. Bei Geräten, die nur ein paar Monate im Einsatz waren, haben wir noch nichts davon gespürt. Doch alle Telefone, die mehr als zwei bis drei Jahre liefen, bekamen früher oder später einen neuen Akku eingebaut.

Das Google Nexus 5 spielte in unserem Test Anfang 2014 noch 7,7 Stunden lang Videos ab, nun ist der Akku hin und schafft nur noch 1,9 Stunden. Selbst das 9 Monate alte iPhone 7 zeigt Ermüdungserscheinungen: Statt 15,3 Stunden surft es nur noch 13,5 Stunden im Netz. Wobei auch die vielen installierten und teils im Hintergrund arbeitenden Apps eine Rolle spielen.

Denn auch die Software beeinflusst die Laufzeiten. Wer viele Apps installiert hat, die im Hintergrund laufen, wird nie die im Labor ermittelten Akkulaufzeiten erreichen. Das gilt besonders für Android, da iOS Hintergrundprozesse strenger reguliert. Dass die Geräte mit der Zeit langsamer werden, liegt zum Teil daran, dass man irgendwann den Vergleich zu moderneren Modellen zieht – was man vor drei Jahren als wunderbar flüssige Bedienoberfläche wahrgenommen hatte, wirkt heute ruckelig und „unbedienbar“.

Abseits des individuellen Eindrucks gibt es reale Gründe, warum ein Telefon tatsächlich langsamer wird: Betriebssystem-Updates beanspruchen mehr Ressourcen als ihre Vorgängerversionen; nur selten gewinnen die Geräte durch Optimierungen an Geschwindigkeit. Laufen viele Apps im Hintergrund, bleiben weniger Ressourcen für die Bedienoberfläche und fürs im Vordergrund laufende Programm. An den Benchmark-Werten der Geräte änderte sich dennoch nichts. Zwar brachen die Ergebnisse einiger Modelle im ersten Durchlauf massiv ein. Nachdem wir die temporären Dateien in Androids Cache gelöscht hatten, erreichten die Telefone aber Werte wie am ersten Tag.

Im Falle des Falls

Ob die Smartphone-Gehäuse viel wegstecken können oder sich beim ersten Fall auf den Boden in ihre Einzelteile auflösen, kann man meist schon mit bloßem Auge erkennen. Dabei spielt die Verarbeitung nur eine untergeordnete Rolle; vielmehr kommt es auf die Materialien an.

Glasgehäuse stellten sich in unseren Langzeitbeobachtungen als besonders empfindlich heraus. Die Hersteller beteuern immer wieder, dass das meist eingesetzte Corning Gorilla Glas kratzfest und in der aktuellen Version 5 auch stoßsicher sei. Unsere Erfahrungen sprechen aber eher dafür, dass Glas Glas bleibt und es nur auf die Fallhöhe, den Auftreffwinkel und die Art des Untergrunds ankommt, damit die Glasgehäuse zersplittern. Gehäuse aus Aluminium oder gar Plastik verbeulen eher oder zeigen unschöne Kerben. Auch mit der Kratzresistenz des Glases ist es nicht weit her: Sowohl die Display-Scheibe des iPhone 7 als auch die des S7 bestehen aus Spezialglas, zeigen aber Kratzer nach unserem Alltageinsatz.

Die in den Tabellen angegebenen Gebrauchtpreise beziehen sich auf Modelle in neuwertigem oder zumindest sehr gutem Zustand, ohne Beschädigungen oder signifikante Gebrauchsspuren. Noch preiswertere Angebote findet man bei Ebay und Amazon, wenn ein paar Kratzer oder gar Gehäuseschäden nicht stören. (hcz@ct.de)