c't 14/2017
S. 90
Praxis
Tipps zum Gebrauchtkauf
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Dem gekauften Gaul

Ältere Smartphones kaufen, reparieren und aufmöbeln

Gebrauchte Smartphones erfordern – egal ob vom Händler, von eBay, von einem Kollegen oder aus der eigenen Kramschublade – mehr Pflege, damit sie wieder quasi wie neu laufen. Auch lohnen sich einige Überlegungen zum Kauf und Verkauf der gebrauchten Smartphones.

Sie haben keine Chance, vor dem Kauf eines gebrauchten Smartphones alle potenziellen Schwachstellen zu überprüfen – außer vielleicht, Sie kaufen von Kollegen oder Bekannten, die Ihnen das Gerät für ein paar Tage mitgeben. Der Gebrauchthändler vor Ort lässt Sie zwar das Wunschgerät in die Hand nehmen und alle Kratzer finden, doch über Laufzeiten oder Wackelkontakte werden Sie wenig herausfinden.

Die größtmögliche Sicherheit bekommen Sie bei Gebrauchthändlern. Sie reinigen und testen die Geräte, sodass Käufer vor den gröbsten Ausfällen geschützt sind. Eine Internet-Suche nach Ihrem Wunschmodell und „gebraucht“ liefert größere und kleinere Händler, sowohl vor Ort als auch Versender. Auf den Gebrauchthandel spezialisierte Plattformen wie Flip4new, Rebuy, Wirkaufens und Zoxs sind ebenfalls einen Blick wert. Auch einige Neugerätehändler führen inzwischen zusätzlich gebrauchte Geräte.

Die Händler müssen im Rahmen der Gewährleistung sechs Monate lang etwaige Mängel beheben oder Ihnen bei Misserfolg den Kaufpreis abzüglich eines Nutzungsentgelts erstatten. Gebrauchsspuren wie Kratzer oder schwächere Akkus zählen allerdings nicht zu Mängeln. Insgesamt läuft die Gewährleistung 12 Monate (bei Neugeräten 24 Monate), doch nach den sechs Monaten muss der Käufer beweisen, dass der Mangel schon beim Kauf bestand – das ist teurer als ein neues Smartphone. Bei jüngeren Geräten läuft möglicherweise noch die Garantie, sie umfasst aber ebenfalls keine Verschleißerscheinungen. Ansprüche daraus hat der Käufer dann gegenüber dem Hersteller.

Wenn Sie online bestellen, haben Sie nach Lieferung des Handys 14 Tage lang ein Rückgaberecht ganz ohne Angabe von Gründen; Sie tragen dann höchstens die Kosten für den Rückversand und für etwaige höhere Versandkosten, etwa eines Expressversands.

Diese Vorteile lassen sich die Händler natürlich bezahlen. Einen groben Eindruck davon, wie die Händler sich bei Gewährleistung und Rücktritt gebären, können Sie sich anhand der üblichen Online-Bewertungen verschaffen. Geben Sie dabei nicht viel auf Erfahrungen mit konkreten Geräten: Das sind Einzelfälle ohne Aussagekraft für Ihren geplanten Kauf.

Privatkauf und -verkauf

Billiger wirds, wenn Sie von Privatleuten kaufen (und Sie sich bei eBay & Co. nicht auf zu hohe Preise einlassen). Ein Recht auf Erstattung des Kaufpreises haben Sie nur, wenn der Verkäufer Sie mutwillig täuscht. Eine Gewährleistung bekommen Sie offiziell zwar dann, wenn der Verkäufer sie nicht wirksam ausschließt, aber in der Praxis dürfte wenig durchsetzbar sein. Selbst der Versand geht auf Ihr Risiko, der Verkäufer muss das Smartphone lediglich gut verpacken und einem seriösen Versender seiner Wahl übergeben.

Achten Sie darauf, dass der Verkäufer das Smartphone auf Werkseinstellungen zurückgesetzt hat. Nur so sind Sie vor vergessenen Display-Sperren und vor einer Verknüpfung mit dem Apple-, Google- oder Microsoft-Account des Verkäufers geschützt, über den er das Gerät vielleicht sogar orten und fernlöschen könnte. Diese Verknüpfung lässt sich nicht ohne Kenntnis des Passworts des Verkäufers trennen – ein eigentlich sinnvoller Diebstahlschutz. Wenn aus den Fotos des Geräts nicht eindeutig hervorgeht, dass das Telefon zurückgesetzt ist, sollten Sie den Verkäufer vorab darauf ansprechen.

Zwei weitere Punkte lassen sich vor dem Kauf nicht immer zweifelsfrei klären: Viele im Rahmen eines Mobilfunkvertrags gekaufte Geräte funktionieren nur mit SIM-Karten des Providers, man muss sie nach Vertragsende dann meist explizit entsperren lassen. Zweitens existieren von einigen Smartphones international unterschiedliche Varianten, von denen die außerhalb Europa verkauften nicht alle hier genutzten Frequenzen unterstützen; vor allem einige China-Varianten kennen das hier auf dem Land gebräuchliche LTE-Band 20 (800 MHz) nicht. Oftmals lässt sich das anhand der Modellbezeichnung herausfinden, die meist auf einem Aufkleber, auf der Verpackung oder versteckt im Einstellungen-Menü zu finden ist.

Wollen Sie Ihr Smartphone verkaufen, stehen damit auch schon wichtige Punkte auf Ihrer To-do-Liste. Zuerst sollten Sie alle wichtigen Daten in Sicherheit bringen – auch von der SD-Karte, so lange sie noch im Gerät steckt, denn nicht alle lassen sich in anderen Geräten lesen. Danach entnehmen Sie SIM und SD-Karte. Dann entfernen Sie das Benutzerkonto vom Gerät.

Der Gerätespeicher lässt sich am einfachsten löschen, indem man ihn verschlüsselt und dann auf Werkseinstellungen zurücksetzt. Unter Android geht das unter Einstellungen/Sicherheit.

Nun steht das Löschen aller Daten an. Am einfachsten geht das bei verschlüsselten Geräten, dort reicht ein Zurücksetzen auf den Werkszustand, denn dadurch wird der Schlüssel gelöscht und der gesamte Speicher ist automatisch unlesbar. Bei Auslieferung sind iPhones, Windows-Smartphones und Android-Geräte ab Version 6 verschlüsselt. Android-Geräte ab Android 3 lassen sich in den Einstellungen unter Sicherheit verschlüsseln. Ab Android 5 wurden sie vermehrt schon verschlüsselt ausgeliefert, dann fehlt diese Option. Schalten Sie auch die Option „PIN beim Booten notwendig“ (oder ähnlich) ein, falls vorhanden. Lässt sich das Gerät nicht verschlüsseln, helfen Ihnen vielleicht die Lösch-Apps, die Sie im Play Store unter dem Stichwort „Wipe“ finden.

Danach setzen Sie das Gerät auf Werkseinstellungen zurück und löschen eine etwaige zum Booten benötigte PIN. Schießen Sie nun auch Fotos vom Anmeldebildschirm und tragen Sie die Informationen über SIM-Sperre und Modellnummer zusammen.

Gebrauchtgeräte aufmöbeln

Die folgenden Tipps gelten nicht nur für Gebrauchtkäufe, sondern Sie können auch Ihr eigenes Smartphone für die nächsten Nutzungsjahre aufpolieren oder ein in der Schublade verstaubendes Altgerät fit für ein zweites Handy-Leben oder den Verkauf machen.

Größter Knackpunkt mag der Akku sein. Akkus altern besonders stark, wenn sie intensiv im Einsatz sind, aber auch dann, wenn sie ungenutzt herumliegen. Daher erreichen Smartphones oder Ersatzakkus, die originalverpackt monatelang beim Händler lagern, nicht mehr unbedingt ihre volle Laufzeit. Und ob der Vorbesitzer besonders schonend mit dem Akku umgegangen ist oder das Gerät besonders oft nachgeladen oder im heißen Auto liegen gelassen hat, wissen Sie nicht.

Zum Kasten: Reparaturen, Ersatzteile und Handy-Werkstätten

Immerhin hat sich die Akkutechnik weiterentwickelt. Liefen früher viele Akkus schon nach 12 Monaten bis zu einem Drittel kürzer, bestehen jetzt gute Chancen, dass sie mindestens zwei Jahre ohne deutliche Einbußen überstehen. Und falls nicht, ist das kein Beinbruch, denn bei den meisten Geräten lässt sich der Akku relativ einfach tauschen, selbst wenn er fest eingebaut ist (siehe Kasten).

Verschleiß bei Tasten, Kamera, Gehäuse, Buchsen

Die meisten Kratzer am Gehäuse oder auf dem Display sind nur eine ästhetische Einschränkung. Doch verkratzte oder milchige Kamera-Linsen verschlechtern die Fotos. Sie lassen sich teils (wie auf S. 85) durch Tausch der Rückseite oder sogar nur der Linse reparieren, was wenige Euro kostet. In einigen Fällen muss das komplette Kameramodul getauscht werden, was deutlich teurer und schwieriger ist, wenn man überhaupt Ersatz bekommt.

Auch beschädigte Displays lassen sich reparieren. Bei oberflächlichen Kratzern und Splittern reicht der Einbau einer neuen Scheibe, die um 10 Euro kosten dürfte, aber sich meist nur äußerst schwierig tauschen lässt. Oft ist der Wechsel des ganzen Displays einfacher zu bewerkstelligen oder sowieso nötig, wobei aber Ersatzteil und Einbau zusammen selten unter 100 Euro zu haben sind und auch mal über 200 Euro kosten können. Wollen Sie dann doch lieber mit den Kratzern und Sprüngen leben, sollten Sie eine Schutzfolie übers Display kleben, um die Gefahr von Verletzungen und weiteren Beschädigungen zu verringern.

Lädt das Handy nicht gut, ist vielleicht nur das Kabel defekt – das tritt häufiger auf, als man denkt. Etwaigen Dreck in der Buchse entfernen Sie vorsichtig mit Pinzette, Büroklammer oder Druckluft. Doch die Ladebuchsen sind Verschleißteile, wobei nicht haltende Kabel wie auf Seite 88 nur eine nervige Einschränkung sind, aber Wackelkontakte, die das Laden irgendwann ganz verhindern, einen funktionalen Totalschaden bedeuten. Findigen Handy-Werkstätten gelingt vielleicht eine Reparatur. Falls das Handy zu den wenigen mit Drahtlos-Ladetechnik gehört, hilft eine passende Ladestation.

Auch in nicht funktionierenden Kopfhörerbuchsen hat sich mit etwas Glück nur Dreck gesammelt, mit Pech handelt es sich um einen mechanischen Defekt. Den bekommt eine Werkstatt vielleicht in den Griff, oder Sie weichen auf Bluetooth-Kopfhörer aus. Lästiger sind unzuverlässige Knöpfe, ebenfalls Verschleißteile. Ersatzteile und Umbauanleitungen sind für einige stückzahlenstarke Modelle wie iPhones zu finden.

Risiko Wasserschaden: Vor dem Kauf lässt er sich nicht feststellen. Entdeckt man ihn später, dürfte sich kaum ein Verkäufer auf Nachverhandlungen einlassen.

Verhält sich das Smartphone trotz aller Wartungsmaßnahmen seltsam, treten beispielsweise unerklärliche Abstürze auf, können das die Spätfolgen eines Sturzes oder Wasserschadens sein. Dagegen lässt sich wenig unternehmen, meist ist der Tausch der Hauptplatine nötig – ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Software-Tipps

Man kann Android oder iOS etwas auf die Beine helfen, sodass ältere Prozessoren oder wenig Hauptspeicher erträglicher sind. Den größten Effekt erzielen Sie mit einem Werks-Reset samt Neuinstallation.

Den Cache-Speicher jeder Android-App zu löschen, ist mühsam, beschleunigt aber einige schwachbrüstige Geräte ein wenig. Die Daten sollten Sie nicht löschen, denn dann verhält sich die App wie frisch installiert.

Eine nicht ganz so wirkungsvolle Alternative ist, unter Einstellungen/Apps jede App einzeln auszuwählen und dann ihren Cache zu löschen; der Menüpunkt dazu ist bei einigen Android-Versionen unter „Speicher“ versteckt. Manche Handys haben unter Einstellungen/Speicher auch die Möglichkeit, alle Caches auf einmal zu löschen (tippen Sie dazu in der Speicherübersicht auf „Daten im Cache“) oder bieten weitere mal mehr, mal weniger sinnvolle Optimierungsmöglichkeiten.

Im Betrieb sollten Sie den Flash-Speicher nicht komplett volllaufen lassen, weil dadurch einige Smartphones ungewöhnlich langsam werden. Zudem haben Sie so eine Reserve, falls Sie beispielsweise schnell einige Fotos aufnehmen müssen. Fünf Prozent sollten als Daumenregel mindestens frei bleiben, besser zehn.

Schaltet man in der Facebook-App von Android die Benachrichtigungen aus, fragt die App, ob das permanent so sein soll. Die App unterlässt dann ihre Hintergrundaktivitäten.

Der Arbeitsgeschwindigkeit, der Laufzeit und auch dem Mobilfunk-Datenvolumen tut es gut, die Hintergrundaktivitäten zu minimieren. Überlegen Sie bei Apps wie Twitter, Facebook, Mail oder RSS-Reader, in welchen Zeitspannen sie sich automatisch aktualisieren sollen – und ob überhaupt. Die meisten Apps lassen sich so einstellen, sich nur beim Start oder auf Bitte des Nutzers zu aktualisieren. Bei manchen Apps müssen Sie dazu die Benachrichtigungen ausschalten.

Auch eine Beschränkung der Widgets aufs Nötigste hilft. Gerade für diejenigen, die nicht auf der ersten Startseite liegen, müssen Sie ja sowieso wischen, und da können Sie auch einfach die App starten.

Unter Einstellungen/Akku verraten Android-Smartphones, welcher Dienst wie viel Strom verbraucht. Taucht in den Top 5 eine App auf, lohnt sich eine Odyssee in ihren Einstellungsmenüs.

Stellen Sie auch sicher, dass höchstens ein Dienst Ihre Fotos in die Cloud sichert, also nicht etwa Dropbox zusätzlich zur Foto-Cloud von Google oder Apple. Unter Android ist auch die Kontensynchronisierung einen Blick wert, zu finden unter Einstellungen/Konten und speziell Einstellungen/Google. Weitere Tipps zu Android finden Sie in [2] und [3].

Updates und Custom-ROMs

Im Normalfall gehören Updates und Bugfixes um der Sicherheit willen so schnell wie möglich auf die Geräte [1]. Doch bei älteren Geräten birgt jedes Update auch das Risiko, Performance einzubüßen. Nach der Installation gibt es sowohl bei iOS als auch bei Android ohne Bastelei kein Zurück mehr. Wenn das Smartphone also bereits an der Grenze des Bedienbaren kratzt, sollte es lieber vor Updates verschont bleiben, so lange nicht experimentierfreudigere Nutzer in den Foren Entwarnung geben. Derzeit ziehen dann doch nur wenige Sicherheitslücken hohe Risiken und konkrete Angriffe nach sich – was sich natürlich schnell ändern kann.

Anders herum ist es aber auch blöde, wenn die Sicherheits-Updates ausbleiben. Android-Nutzer können dann auf Custom-ROMs ausweichen, alternative Android-Versionen von freiwilligen Bastlern ohne Unterstützung der Hersteller. Die Installation ist allerdings weder risikoarm noch trivial. Sie müssen ein passendes Custom-ROM auftreiben, den Bootloader des Geräts entsperren, das neue Betriebssystem aufspielen und alles neu installieren. Fortan sind Sie für Updates nicht mehr auf den Gerätehersteller angewiesen, sondern auf die Entwicklergemeinde oder einzelne Fans der Geräte – und irgendwann verlieren auch die jede Lust, an den alten Dingern weiter herumzubasteln. Dennoch: Viele gerade ältere Smartphones laufen mit einem Custom-ROM besser und zukunftssicherer als mit dem Hersteller-ROM.

Eine erste Anlaufstelle ist LineageOS, der aus dem Custom-ROM-Platzhirsch CyanogenMod hervorgegangen ist. Einen einheitlichen Weg zum Aufspielen der Custom-ROMs gibt es nicht, Sie müssen den genau zu Ihrem Gerät passenden herausfinden; Tipps dazu finden Sie in [4]. Ein gewisses Risiko besteht, das Gerät unbrauchbar zu machen, doch nach unserer Erfahrung lässt sich fast jedes Gerät auch nach falscher Bedienung oder fehlerhafter Anleitung wiederbeleben. Die Herstellergarantie geht flöten, was bei Gebrauchtgeräten nicht ins Gewicht fällt.

Fazit

Gebrauchtkauf, Restpostenjagd oder Neugerät – eine schwere Entscheidung in Abhängigkeit von vielen individuellen Faktoren. Der Gebrauchtkauf spart am meisten Geld und ist am nachhaltigsten, erfordert aber möglicherweise einen Nachschlag für Reparaturen und frisst am meisten Zeit. Der Kauf von Restposten birgt die wenigsten Risiken, zudem bekommen die meisten Geräte länger Updates als die Gebrauchten. Am teuersten und wenigsten nachhaltig ist der Neukauf, auch drohen Kinderkrankheiten – aber Sie bekommen die deutlichsten Fortschritte. Wenn Sie unschlüssig sind, sollten Sie vielleicht zuerst Ihrem aktuellen Smartphone ein paar Ersatzteile und Optimierungen spendieren – sollte Ihnen das noch nicht reichen, ist es dann zumindest quasi verkaufsfähig. (jow@ct.de)