c't 2/2021
S. 60
Titel
Browser: Googles Übermacht
Bild: Rudolf A. Blaha

Der Über-­Browser und die anderen

Googles (un)heimliche Browser-Vorherrschaft

Auf den ersten Blick gibt es reichlich Webbrowser zur Auswahl. Googles ­Einfluss im Browsermarkt ist allerdings so groß, dass der Konzern weitreichende Entscheidungen durchzudrücken versucht, die jeden betreffen – etwa bei Webstandards oder beim Tracking.

Von Jo Bager

Spätestens mit dem Oktober-Up­date sollte jeder Windows-Nutzer einen neuen Browser erhalten haben. Edge ist nicht einfach ein Update des unbeliebten alten, sogenannten Legacy Edge, sondern setzt auf ganz anderer Technik auf. Statt einer eigenen Browser-Engine von Microsoft arbeitet in seinem Inneren das quelloffene Chromium mit seiner Blink-Engine.

Edge befindet sich damit in zahl­reicher Gesellschaft. Etliche weitere Browserhersteller nutzen Chromium ebenfalls: Opera, Vivaldi, Brave und viele mehr. Sechs der Browser im Test ab Seite 64 setzen auf Chromium auf. Sie alle profitieren von einem soliden Fundament und einem Ökosystem mit tausenden Erweiterungen.

Während Googles Chrome eher auf die Basisfunktionen beschränkt ist, bohren andere Hersteller ihre Browser um viele nützliche Funktionen auf. Microsoft etwa hat erst vor circa zwei Jahren seine Browserentwicklung auf Chromium umgesattelt, scheint den Ausbau seines neuen Browsers aber mit viel Nachdruck voranzutreiben. In schneller Folge vermeldet der Konzern neue Funktionen in Edge: einen PDF-Viewer mit Editierfunktion zum Beispiel, Sammlungen für Webfundstücke oder eine Such-Seitenleiste.

Auch Opera und Vivaldi bieten viele nützliche Ergänzungen. Beide enthalten zum Beispiel Seitenleisten, mit denen man Messenger im Blick behält oder die Musikwiedergabe bei Spotify steuert. Insbesondere wenn Sie Wert auf Privatsphäre legen, sind Sie bei einem anderen Browser besser aufgehoben als bei Chrome, der in der Voreinstellung nicht mal Third Party Cookies blockiert. Brave, Firefox oder Safari bieten von Haus aus besseren Schutz gegen Tracker aller Art.

Wir stellen ab Seite 64 neun aktuelle Browser auf den Prüfstand – lassen Sie sich von der Vielfalt überraschen! Und sollten Sie mit einem „Neuen“ liebäugeln, lassen Sie sich nicht von vermeintlich mit einem Umzug verbundenen Fußangeln abhalten, insbesondere von der Frage, wie Sie Ihre Lesezeichen mitnehmen. Wir zeigen Ihnen ab Seite 70, wie Sie Ihre Bookmarks mit mehreren Browsern nutzen können.

Gefährliche Konzentration

Dass so viele Browserhersteller auf Chromium setzen, hat eine Schattenseite, denn bei den Browsern kommt es schon seit Längerem zu einer schleichenden Konzentration. Alleine Chrome hält den Zahlen des Marktforschungsunternehmens StatCounter zufolge einen weltweiten Marktanteil von 66 Prozent über alle Plattformen. Zählt man die anderen Chromium-­Browser hinzu, ergibt sich für Chromium gar ein Marktanteil von über 73 Prozent.

Darüber hinaus kommt Chromium an Stellen zum Einsatz, die sich nicht oder nicht zwangsläufig auf solche Browser­statistiken auswirken. So ist die WebView-­Komponente im Mobilsystem Android, mit der Apps HTML-Inhalte anzeigen, nichts anderes als ein Chromium-Browser. Und auch in der Laufzeitumgebung Electron, mit der viele Web-Dienste ihre Desktop-Anwendungen bauen, verrichtet ein Chromium-Browser seinen Dienst. Der reale Marktanteil von Chromium dürfte also noch höher ausfallen.

Die einzigen beiden verbliebenen Alternativen, die in technischer Hinsicht mit Chrome/Chromium und seiner Browser-­Engine Blink mithalten können, sind Safari (WebKit) und Firefox (Gecko). Firefox und WebKit werden ebenfalls als Open Source entwickelt. Eine vollwertige Konkurrenz stellen allerdings beide Browser nicht (mehr) dar.

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