c't 14/2020
S. 52
Titel
Biometrie

Das Ende der Anonymität

Gesichtserkennung: zwischen Bequemlichkeit und Überwachung

Gesichtserkennung entwickelt sich zur ­allgegenwärtigen Technik: Sie entsperrt Smartphones, verspricht Einkaufen wie im Selbstbedienungsladen, automatisiert Grenzkontrollen und hilft Ermittlern bei der Fahndung. Zugleich ermöglicht die Bio­metrie auf Basis von künstlicher Intelligenz grenzenloses Ausforschen und Verfolgen – mittlerweile für jedermann.

Von Andrea Trinkwalder

Als im Januar bekannt wurde, dass sich das bis dato unbekannte US-Start-up Clearview AI eine globale Personensuchmaschine aus Milliarden Social-Media-Fotos aufgebaut hat, schlugen Datenschützer Alarm. Etwa gleichzeitig brachte die Bundesregierung ein Gesetzesvorhaben auf den Weg, das Manipulationen an biometrischen Fotos in Personalausweis und Reisepass verhindern sollte – was Diskussionen um die generelle Sicherheit biometrischer Verfahren wiederaufleben ließ. In dieselbe Kerbe schlug die Europäische Union mit ihren Plänen, Echtzeit-Gesichtserkennung im öffentlichen Raum vorerst zu verbieten und stattdessen die Risiken beim Einsatz der Technik besser zu erforschen.

Andererseits vertrauen iPhone-Besitzer auf Apples Gesichtserkennung Face ID, die das Smartphone entsperrt und Zahlungen abwickelt. Bankkonten kann man bequem via Online-Authentifizierungsverfahren eröffnen und Amazon möchte vollautomatisiertes Einkaufen über die hauseigene Gesichtserkennung Rekognition realisieren.

Das alles ergibt ein recht verwirrendes Gesamtbild: Funktioniert Gesichtserkennung nun oder nicht? Schützt sie den Rechtsstaat oder führt sie direkt in den Überwachungsstaat? Und kann die Technik überhaupt unter Schutz der persönlichen Daten funktionieren oder ist das ein Widerspruch in sich?

Simple Antwort: Es kommt drauf an, denn Gesichtserkennung findet in unterschiedlichen Szenarien und damit unter unterschiedlichsten Bedingungen statt. Wir erklären, welche Sicherheits- und Datenschutzprobleme die jeweiligen Anwendungen aufwerfen können. Der Artikel auf Seite 58 wirft einen Blick auf den jeweiligen Stand der Technik – eine zunehmend raffinierte Kombination aus Hardware und selbstlernenden Algorithmen (Deep Learning). Ab Seite 62 erfahren Sie, wie Sie Fotos, Videos und sich selbst vor neugierigen Algorithmen schützen.

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