c't 20/2018
S. 110
Test
Dashcams im Härtetest
Aufmacherbild

Crash the Dash

Neun Auto-Dashcams als Unfallzeugen

Nach einem aktuellen BGH-Urteil dürfen Dashcam-Aufnahmen vor Gericht zur Klärung der Schuld bei Unfällen genutzt werden, obwohl die Nutzung gegen Datenschutzrechte verstößt. Frohlockend fluten die Dashcam-Hersteller den Markt mit angeblich BGH-konformen Fahrzeug-Kameras. c’t und der ADAC haben neun Modelle getestet.

Vom Parkplatz rollt direkt vor mir ein spärlich beleuchtetes Auto auf die Vorfahrtstraße: Krachend verbiegen Kotflügel und Motorhaube, zersplittern Scheinwerfer und Kühlergrill. Wie soll ich beweisen, wer hier wem die Vorfahrt genommen hat?

Immer wieder kommt es im Straßenverkehr zu brenzligen Situationen, die sich in Bruchteilen von Sekunden zuspitzen – und genauso schnell wieder vergehen. Auch ohne massive Folgen wäre ein unbestechlicher Zeuge oft hilfreich, um den Sachverhalt klären zu können.

Hast du das gesehen?

So was gibt es: Sogenannte Dashcams versprechen, das Verkehrsgeschehen aus dem Blickwinkel des Fahrers aufzuzeichnen und kritische Momente festzuhalten. Eine ausreichende Qualität der Aufnahmen vorausgesetzt, hätte man genau den unabhängigen Zeugen, der wahrheitsgemäß aussagt. Wir haben neun aktuelle Dashcams in Kooperation mit dem ADAC ins c’t-Labor geholt, ihre Handhabung geprüft und die Aufzeichnungsqualität beurteilt. Bei den Kollegen vom ADAC mussten die Kameras zudem einen echten Aufprall aushalten und zahlreiche Fahrtests bestehen (siehe Kasten „Härtetest“).

Video: nachgehakt

Als „aufmerksamer Beifahrer“ könnten die Geräte fungieren, wenn sie stets filmen und aufzeichnen. Doch solche anlasslose Filmerei im Straßenverkehr ist zum Schutz der Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer in Deutschland nicht erlaubt. Auch ein Urteil des OLG Stuttgart, das 2016 die Verwertung von Aufnahmen trotz datenschutzrechtlicher Verstöße für einige Situationen zuließ, schuf keine Klarheit. Dass man trotzdem im Grunde illegal mit Dashcams fuhr, änderte sich erst mit dem einschlägigen BGH-Urteil vom Mai dieses Jahres (siehe Kasten auf S. 120).

Schleifenfilm

Im Moment des Crashs ändert sich alles: Millisekunden nach dem Aufprall beeinträchtigen die zersplitterte Frontscheibe und der Nebel explodierender Airbags die Sicht einer Dashcam. Immerhin gab die Kamerahalterung nicht nach.

Um die BGH-Vorstellungen zu erfüllen, dürfen die Kameras nur eine sich ständig überschreibende „kurze“ Videoschleife aufzeichnen – was „kurz“ ist, verrät das Urteil aber nicht. Erst, wenn es zu einem Unfall gekommen ist oder starke Brems- oder Ausweichmanöver eine kritische Situation signalisieren, dürfen sie die Aufzeichnung der letzten Minuten dauerhaft speichern – laut Hersteller sind diese „Event“-Aufnahmen schreib- und manipulationsgeschützt.

Bei der Auswahl des Testfelds spielte diese Loop-Funktion eine wesentliche Rolle: Ins Labor holten wir ausschließlich Kameras, die prinzipiell lediglich kurze Videosequenzen speichern. Alle Testkandidaten sind zum nachträglichen Einbau geeignet. Sie lassen sich einfach befestigen; Strom zapfen sie aus der 12-Volt-Bordelektrik.

Video: Blick hinter die Kulissen des Tests

Basis-Repertoire

Neben der Bild- und Tonaufzeichnung aus der Fahrerperspektive und der Speicherung der Daten auf einer MicroSD-Karte erwartet man von einer Dashcam, dass sie beim Fahren nicht ablenkt, also automatisch ihren Dienst tut und einfach zu handhaben ist. Erst nach einem Crash sollte sich der Anwender damit beschäftigen müssen.

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