c't 19/2018
S. 96
Kaufberatung
Super-Vectoring: Tarife
Aufmacherbild

DSL auf Speed

Super-Vectoring bringt 250 MBit/s

Die Telekom bietet nun Super-Vectoring an. Die Anschlüsse liefern bis zu 250 MBit/s im Downstream. Das Angebot gibt es bislang für nur rund jeden sechsten Haushalt, die Anschlussbereiche sollen aber zügig nachgerüstet werden.

Die Telekom legt bei ihren VSDL-Anschlüssen ein weiteres Mal nach. Die neueste Technik heißt Super-Vectoring und nutzt im Vergleich zum bisherigen Vectoring, das maximal 100 MBit/s liefert, auf der Leitung einen doppelt so großen Frequenzbereich, der nun bis über 30 MHz reicht. Da die Erweiterung nur den Downstream bedient, liefert dieser im Idealfall eine 2,5 Mal so hohe Datenrate wie beim bisherigen Vectoring.

Für die Umrüstung auf Super-Vectoring müssen die am Straßenrand stehenden MSAN (Multi Service Access Node) – die großen grauen Kästen am Straßenrand mit aktiver Kühlung – mit neuer Hardware ausgestattet werden. Die meisten der sechs Millionen Haushalte, die zum Start am 1. August bereits zum Versorgungsbereich von Super-Vectoring gehören, sind erst kürzlich mit schnellem VDSL ausgestattet worden – die nagelneuen Vermittlungseinrichtungen beherrschen die neue Technik bereits.

Video: nachgehakt

Wer schon länger an einer Vectoring-fähigen Vermittlungsstelle angeschlossen ist, hat zunächst einmal das Nachsehen. Für die Nachrüstung auf Super-Vectoring müssen die Line-Cards mit den Modems in den Vermittlungsstellen ausgetauscht werden. Wer in der ersten Runde noch nicht dabei ist, braucht ein wenig Geduld: Bis Ende 2018 will die Telekom erst 15 der 40 Millionen Haushalte in Deutschland mit Super-Vectoring ausgestattet haben.

Die schnellen Anschlüsse sind nicht nur bei der Telekom buchbar, sondern auch bereits bei 1&1 und Vodafone. Beide Unternehmen greifen dabei auf Vorleistungsprodukte der Telekom zurück. Die Telekom vermietet beim Bitstrom-Zugang die Anschlussleitung und die Vermittlungstechnik an die Mitbewerber. Der Datenverkehr wird in den meisten Fällen auf kürzestem Wege ins Netz des jeweiligen Anbieters geleitet.

Das Angebot wird bald wachsen. Easybell plant die Einführung von Super-Vectoring-Angeboten „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“, ein Sprecher des Unternehmens konnte aber noch kein konkretes Datum nennen. O2 antwortete auf Anfrage von c’t, man biete „derzeit“ kein Super-Vectoring an. Möglicherweise steigen aber auch keine weiteren Anbieter ein. Schon den Umstieg auf Vectoring haben einige Provider einfach nicht mitgemacht. Die Telekom-Tochter Congstar und der Anbieter Primacall etwa bieten seit Jahren maximal 50 MBit/s an.

Tabelle: Super-Vectoring-Tarife

Die Angebote unterscheiden sich vor allem durch den Preis. Bei 1&1 kostet der 250-MBit/s-Anschluss 45 Euro im Monat, bei der Telekom und Vodafone sind es 10 beziehungsweise 11 Euro mehr. Die Mindestvertragslaufzeit beträgt bei allen Angeboten zwei Jahre. Das einzige Angebot, das sich auch mit kurzen Laufzeiten buchen lässt, kommt von 1&1: Wer auf eine Gutschrift von rund 100 Euro verzichtet, bekommt dafür einen jederzeit mit drei Monaten Frist kündbaren Vertrag (siehe Tabelle). Das kann sich dann auszahlen, wenn man den Vertrag überraschend nicht mehr benötigt – die Provider bestehen stets auf Vertragserfüllung.

Zu erwartende Datenraten

Bei Vodafone sind DSL-Anschlüsse, die der Mitbewerber Telekom bereitstellt, nur das letzte Mittel. Wer LTE-Empfang hat, bekommt dort gar kein Vectoring-Angebot.

Die Frequenzen zwischen 16 und 32 MHz, die bei Super-Vectoring erstmals zusätzlich zum Einsatz kommen, werden auf der Leitung spürbar stärker bedämpft als die bisher für Vectoring verwendeten unter 16 MHz. Die Telekom macht recht vorsichtige Zusagen, mit welchen realen Datenraten der Kunde rechnen darf. Von den maximal 250 MBit/s sind nach Angaben der Telekom 200 normalerweise verfügbar, mindestens 175 MBit/s sind garantiert. Diese Rate werden voraussichtlich drei Viertel der Super-Vectoring-Anschlüsse erreichen. In rund einem Viertel der Fälle ist die Teilnehmeranschlussleitung also zu lang für 175 MBit/s, dann bietet die Telekom zum gleichen Preis ein Rückfallprodukt an, bei dem normalerweise 145 und mindestens 105 MBit/s erreicht werden. Vermutlich wird die Telekom die Bandbreite des Rückfallprodukts auf die zugesagten 175 MBit/s beschränken, auch wenn die Leitung hie und da möglicherweise ein bisschen mehr hergäbe.

Wenn nur ein Rückfallprodukt gebucht werden kann, müssen Sie sich als Kunde im Bestellprozess damit einverstanden erklären, dass aus dem eigentlich gewünschten 250-MBit/s-Anschluss einer mit 175 MBit/s wird. Stimmen Sie nicht zu, kommt kein Vertrag zustande. Bei 1&1 entspricht die Mindestdatenrate der Rückfalloption der Telekom. Das Unternehmen verkauft das Rückfallprodukt ohne Zustimmung des Kunden.

Am Beispiel von Frankfurt kann man gut erkennen, dass man im Umland in vielen Gemeinden schon Super-Vectoring bekommt, in der Metropole am Main jedoch nicht.

Statt eines Super-Vectoring-Anschlusses mit reduzierter Bandbreite bietet sich in solchen Fällen ein 100-MBit/s-Anschluss an, der wahrscheinlich die volle Datenrate erreichen wird und 10 Euro im Monat günstiger ist.

Vodafone verspricht zwar eine etwas höhere normalerweise verfügbare Bandbreite als die Telekom, die Anschlüsse sind aber technisch identisch, weil Vodafone diese Anschlüsse ja von der Telekom anmietet. Ob der Anschluss von der Telekom für einen eigenen Kunden oder für einen von 1&1 oder Vodafone geschaltet wird, macht bei der erzielbaren Datenrate keinen Unterschied.

Beim Upstream gibt es zwischen Vectoring und Super-Vectoring keinen Unterschied. Der zusätzliche Frequenzbereich von Super-Vectoring wird ausschließlich für den Downstream verwendet. Der Upstream bringt bei 100- und 250-MBit/s-Anschlüssen maximal 40 MBit/s.

Kompatibilität

Um Super-Vectoring nutzen zu können, benötigt man ein geeignetes Modem. Die Fritzbox 7490 erreicht maximal 100 MBit/s, nur die neuesten Modelle des Hersteller AVM beherrschen Super-Vectoring (siehe S. 100).

An einem Vectoring-Anschluss muss man grundsätzlich ein Vectoring-fähiges Modem betreiben. Tut man das nicht, erhält man bestenfalls eine Verbindung mit 16 MBit/s, in vielen Fällen funktioniert dieser Rückfall auf ADSL2+ aber nicht und es kommt gar keine Verbindung zustande.

An einem Super-Vectoring-Anschluss lässt sich ein Vectoring-Modem jedoch ohne Einschränkungen und ohne Bandbreiteneinbuße mit seiner maximalen Datenrate, also nicht mehr als 100 MBit/s betreiben, da es den erweiterten Frequenzbereich des Super-Vectoring nicht nutzen kann. Einen Vorteil erhält der Anwender dadurch nicht. Anders herum lassen sich Super-Vectoring-Modems an jedem Anschluss mit der jeweils vollen Datenrate betreiben.

Besonders aufpassen muss man, wenn man bei 1&1 bestellt. Auch wenn Sie einen 250-MBit/s-Anschluss haben wollen, dient 1&1 Ihnen das VDSL-Modem beziehungsweise den Homeserver, ein gebrandetes Fritzbox-Modell, in der Standardversion an. Beide können kein Super-Vectoring und lassen sich daher mit maximal 100 MBit/s betreiben. Nur die angebotenen Homeserver+ und Homeserver Speed+, gebrandete Fritzbox-Modelle aus der 75er-Serie, beherrschen 250 MBit/s.

Auf Anfrage teilte uns 1&1 mit, dass die Modem-Bestellung keinesfalls obligatorisch sei. Wenn Sie bereits einen Router besitzen, dessen Modem Super-Vectoring beherrscht, können Sie den 1&1-Anschluss auch ohne Router-Hardware bestellen, allerdings nur telefonisch, nicht online.

LTE statt VDSL

Eine ganz klares strategisches Ziel verfolgt Vodafone. Für den TV-Kabel- und Mobilfunkbetreiber ist der VDSL-Anschluss der Telekom ein Rückfallprodukt, das er nur dann anbietet, wenn gar nichts anderes mehr geht. Bei Vodafone können Sie einen VDSL-Anschluss nur dann bestellen, wenn Ihre Wohnung keinen TV-Kabelanschluss von Vodafone besitzt. Anderenfalls werden Sie bei einer Online-Bestellung „zwangsumberaten“, haben also nur die Möglichkeit, einen Internetanschluss per TV-Kabel zu bestellen. Der Upstream des angebotenen Produktes fällt erheblich dünner aus: Er bietet 12 MBit/s bei 200 MBit/s Downstream statt 40 MBit/s bei einem 250-MBit/s-Super-Vectoring-Anschluss.

Wohnen Sie außerhalb des Kabelgebiets von Vodafone, wird es geradezu bizarr: Dann möchte Ihnen das Unternehmen statt Super-Vectoring ein Mobilfunkprodukt verkaufen, den immerhin 200 MBit/s schnellen LTE-Zugang per GigaCube – mit einem Monatsvolumen von 50 GByte; nach dessen Verbrauch wird der Zugang aber auf 0,032 MBit/s gedrosselt. 50 GByte entsprechen ungefähr 16 Stunden Video in voller HD-Auflösung bei Netflix oder einem anderen Streamingdienst. In der Praxis ist ein derart eingeschränkter Zugang für Kunden mit Streaming-Diensten schlicht unbrauchbar. Wer hauptsächlich surft, mailt und Online-Zeitungen liest sowie sein Streaming auf Audio beschränkt, sollte mit 50 GByte im Monat jedoch hinkommen.

Login ohne Zugangsdaten

Die Telekom ist derzeit dabei, ihr Zugangsnetz auf BNG (Broadband Network Gateway) umzustellen. Telekom-Kunden, deren Anschluss bereits umgestellt ist, können ihren Router ohne Konfiguration mit dem Anschluss verbinden. Der Kunden-Account wird dann über den Anschluss authentifiziert und der Router fernkonfiguriert. Das funktioniert mit Routern der Telekom, aber auch beispielsweise mit der schon angegrauten Fritzbox 7490 von AVM.

Nach Auskunft der Telekom sind derzeit bereits 80 Prozent der Anschlüsse auf BNG umgestellt. Bis Ende 2018 sollen es 90 und bis Mitte 2019 fast 100 Prozent sein. Allerdings funktioniert die automatische Konfiguration nur bei der Telekom. Wer Kunde eines anderen Providers ist, beispielsweise 1&1 oder Easybell, muss seinen Router wie bisher mit Zugangsdaten versehen.

Konflikte mit Glasfaseranschlüssen

In einigen Städten kommt die Telekom mit Glasfaseranbietern in Konflikt. Netcologne, ein regionaler Provider aus Köln, hat zahlreiche Haushalte mit Glasfaseranschlüssen ausgestattet. Dabei setzt das Unternehmen zumeist auf FTTB, als Fiber to the Building. Die Glasfaserstrecke endet im Keller, ab da geht es per Kupferkabel über die Telefon-Hausverkabelung weiter.

Netcologne nutzt G.fast für die Strecke vom Keller in die Wohnung. Wenn nun die Telekom auf diese Leitungsbündel Super-Vectoring aufschaltet und damit den Frequenzbereich bis 35 MHz nutzt, befürchtet das Unternehmen nun, dass es zu Störungen kommt, da G.fast den Frequenzbereich bis 106 MHz nutzt. Die beiden Verfahren sind nicht aufeinander abgestimmt; durch die hohe Frequenz kommt es zu Übersprechen und damit zu massiven gegenseitigen Störungen. Würde der G.fast-Betreiber auf die Nutzung unterhalb 35 MHz verzichten, gäbe es keine gegenseitige Beeinflussung, dafür fiele die erzielbare Datenrate aber auch um etliche 100 MBit/s geringer aus.

Bei der Bundesnetzagentur läuft derzeit ein Verfahren für Standardangebote über die Teilnehmeranschlussleitung (TAL). Dabei wird auch die Nutzung der Hausverkabelung diskutiert und das Problem der gegenseitigen Störungen dort.

Aus Sicht von Netcologne wäre der Konflikt einfach zu lösen: Vorrang müsse derjenige haben, der mit der Glasfaser näher am Kunden liege, also der FTTB- Anbieter vor dem FTTC-Anbieter, der nur bis zum Kabelverzweiger Glasfaser verlegt hat.

Die Telekom schätzt das Störpotenzial zwischen Super-Vectoring und G.fast als gering ein. Bei der G.fast-Technologie der zweiten Generation trete das Problem mit gegenseitigen Störungen gar nicht mehr auf, teilte uns ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage mit.

Wer brauchts?

Die Telekom führt mit Super-Vectoring ihre Taktik fort, das allerletzte aus der Telefonanschlussleitung herauszukitzeln, um den Glasfaserausbau noch ein paar Jahre hinauszuschieben. Auch die Glasfaseranbieter wie Netcologne oder M-Net bauen Glasfaseranschlüsse derzeit vorzugsweise in die Keller der Gebäude und nutzen auf den letzten Metern vorhandene Kupferkabel, weil der Ausbau der Glasfaser bis in die Wohnungen sehr teuer ist.

Einen Dienst, der Datenraten jenseits von 25 MBit/s benötigt, um zu funktionieren, gibt es derzeit noch nicht. Ein Video-Stream in 4K-Auflösung kommt damit bereits hin. Das Mehr an Bandbreite bringt aber Komfort: Das Herunterladen eines modernen Spieletitels mit 75 GByte beispielsweise dauert an einem 250er-Anschluss nur rund 45 Minuten. Durch die satten Leistungsreserven lässt sich ein gleichzeitiges Video-Streaming dadurch auch nicht so leicht aus dem Tritt bringen.

Ganz nebenbei ist auch noch die Latenz schneller Anschlüsse niedriger (siehe S. 100), wovon nicht nur Online-Spiele, sondern auch die meisten Online-Anwendungen, vom Surfen über den E-Mail-Abruf bis hin zur Synchronisierung mit Cloud-Diensten profitieren, indem sie auf Benutzereingaben flotter reagieren und Daten schneller bereitstellen.

Schade ist nur, dass der Upstream weiterhin maximal 40 MBit/s beträgt. Wenn es ums Hochladen von Daten geht, bringt der 250-MBit/s-Anschluss keinerlei Verbesserung. Liegt der Schwerpunkt der Nutzung beim Upload, kann man sich die Mehrkosten wirklich sparen und stattdessen auf einen 100-MBit/s-Anschluss zurückgreifen. (uma@ct.de)