c't 1/2018
S. 24
News
Gefälschte USB-Sticks bei Amazon

Wieder USB-Nepp

Gefälschte USB-Sticks mit „2TB“ auf dem Amazon-Marktplatz

Mangelhafte Kontrollen machen es unseriösen Händlern leicht, Käufer auf dem Amazon Marketplace abzuzocken. Bis vor Kurzem gab es dort USB-Sticks mit angeblich 2 Terabyte für unter 40 Euro.

Unser Testmuster der Marke YC vom Händler QUKE enthält statt 2 TByte tatsächlich nur 10 GByte Flash-Speicher.

Gefälschte USB-Sticks sowie SD- und MicroSD-Speicherkarten plagen den IT-Handel seit mehr als einer Dekade. Trotzdem fallen arglose Käufer darauf herein, wie die vor einigen Wochen von mehreren Händlern auf dem Amazon-Marktplatz angebotenen USB-Sticks mit „2TB“ Kapazität zu Preisen unter 40 Euro belegen. Unzureichende Kontrollen und schlechte Kennzeichnung des „Amazon Marketplace“ leistet dem Nepp Vorschub. Viele Käufer verstehen nicht, dass sie auf dem Amazon-Marktplatz einen Kaufvertrag mit einer unbekannten Firma irgendwo auf der Welt schließen statt mit Amazon selbst.

Wir haben einen solchen Stick bestellt, er entpuppte sich erwartungsgemäß als Fälschung: Nach unserem Wissen ist es bislang technisch und wirtschaftlich unmöglich, USB-Sticks in der angebotenen Bauform für unter etwa 500 Euro mit 2 Terabyte Flash-Speicher zu bestücken. Die billigsten 2-TByte-SSDs kosten 500 Euro, der einzige uns bekannte USB-Stick mit 2 TByte rund 1300 Euro (Kingston DataTraveller Ultimate GT 2TB). Letzterer ist auch deutlich größer als die „2TB“-Offerten bei Amazon, weil sonst die für 2 TByte nötigen Flash-Chips schlichtweg nicht hineinpassen. Das Flash-Medium mit der aktuell höchsten Packungsdichte ist die MicroSD-Karte mit 400 GByte von SanDisk, die 200 Euro kostet.

Für Fälschungen spricht auch, dass die Mehrzahl der verdächtigen Sticks wenige Tage nach einer Meldung zum Thema auf heise online von der Amazon-Webseite verschwunden waren. Verdächtig ist ebenso, dass einige Händler ihre USB-Sticks in Varianten mit „2TB“, „1TB“ und „128GB“ zu gleichen Preisen verkauften.

Der bislang einzige echte 2-TByte-Stick von Kingston ist ziemlich dick, damit die vielen Flash-Chips überhaupt hineinpassen.

Nepp enttarnen

Die Windows-Software H2testw sowie F3 für macOS und Linux enttarnen defekte oder gefälschte Massenspeicher: Sie beschreiben das komplette Speichermedium und überprüfen die Daten anschließend. Bei typischen 2TB-Fälschungen kann das allerdings mehr als 30 Stunden lang dauern: Wohl nicht ohne Hintergedanken haben sie durchweg noch eine veraltete USB-2.0-Schnittstelle mit Schreibgeschwindigkeiten deutlich unter 10 MByte/s. Die Sticks sind auch stets FAT32-formatiert, weil die Firmware dabei leicht mehr Kapazität vorspiegeln kann. Bei den 2015 vor uns getesteten USB-Sticks und MicroSD-Karten waren es tatsächlich jeweils bloß 8 GByte. Schreibt man mehr als 8 GByte Daten auf eine solche Produktfälschung, überschreibt der Controller die zuerst geschriebenen Daten. Es gehen also Daten verloren. Das nehmen die Fälscher in Kauf, sodass sich vermeintlich 2 TByte auf den Stick schreiben lassen.

Neuer Nepp

Laut H2testw steckten in unserer Fälschung 10,1 GByte funktionierender Flash-Speicher; ein echter 16-GByte-Stick kostet derzeit rund 6 Euro. Bei 28 bis 32 Euro Aufschlag pro gefälschtem Stick lohnt sich das Geschäft. Es ist zu befürchten, dass auch manche angeblichen 128-GByte-Sticks viel weniger Flash-Speicher enthalten. Grundsätzlich sollte man beim Einkauf auf seriöse Händler achten und nur Flash-Speichermedien kaufen, zu denen man auf der Hersteller-Webseite klare Spezifikationen findet.

Amazon-Kunden wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Fälschungen geliefert, siehe ct.de/yqnd. Der Schuhhersteller Birkenstock beliefert Amazon nicht mehr, weil er seine Produkte dort unzureichend vor Plagiaten und minderwertigen Imitaten geschützt sieht. Solche blendete die Funktion „Kunden, die diesen Artikel angesehen haben, haben auch angesehen“ bei den 2-TByte-Sticks automatisch ein – aber diese Technik nennt Amazon nicht „Produktempfehlung“. Peinlich auch: Während sich die Cloud-Sparte Amazon AWS Künstliche Intelligenz (KI) auf die Fahnen schreibt, ist das Unternehmen anscheinend nicht in der Lage, die beiden Kriterien „2 Terabyte Flash“ und „40 Euro“ sinnvoll miteinander zu verknüpfen. (ciw@ct.de)