c't 1/2017
S. 34
News
Bluetooth

Kleine Umwälzung

Wie Bluetooth 5 Reichweite und Datenrate erhöht

Die Bluetooth Special Interest Group will mit einer geschickt erweiterten Spezifikation die bereits hohe Verbreitung ihrer Nahfunktechnik nutzen, um künftig mehr vom weltweiten IoT-Kuchen abzuschneiden als bisher. Die Neuerungen in Bluetooth 5 dürften das Vorhaben stützen, aber etwas fehlt noch.

Der Schmalbandfunk Bluetooth vereint in der Anfang Dezember verabschiedeten, neuen Version 5 Merkmale von Vorgängerversionen, die sich zum Beispiel für die Telefonie oder die Musikübertragung eignen, mit Stromspareigenschaften von Bluetooth Low Energy (LE). Hersteller können wählen, welche Elemente sie implementieren wollen, um ihre Produkte entweder eng an bestimmten Erfordernissen auszurichten oder möglichst alles reinzupacken, was geht. Dabei sollen Bluetooth-5-Geräte bisherige Modi weiter nutzen, also abwärtskompatibel sein. Unter den Verbesserungen stechen drei hervor: Höhere Reichweite, mehr Geschwindigkeit und größere Info-Schnipsel (LE Advertising Extensions). Damit ausgestattet, sollen sich kommende Bluetooth-5-Geräte im Internet of Things etablieren (IoT). Die Special Interest Group (SIG) hat die Verbesserungen in Pressemeldungen jedoch nur qualitativ benannt; selbst die hauseigene PR-Agentur verwechselte deshalb die Angaben in einem Fall.

Bluetooth 5, Streaming und IoT

Daher hier zunächst Zahlen: Bluetooth 5 erhöht die maximale Datenrate von 1 MBit/s auf 2 MBit/s und die Reichweite im Freifeld von 50 auf rund 200 Meter. Wichtig, aber oft vergessen: Die Reichweite gründet auf mäßig empfindlichen Empfängern (–70 bis –82 dBm) und beide Verbesserungen betreffen nur den stromsparenden LE-Modus. Schon Bluetooth-2-Geräte liefern per Enhanced Data Rate (EDR) bis 3 MBit/s und Reichweiten über 100 Meter – nur nicht stromsparend. Außerdem können Chip-Hersteller weit empfindlichere Empfänger bauen; Bluetooth-Chips mit –95 dBm Empfindlichkeit sind keine Seltenheit (rund 400 Meter Reichweite).

Maximal anders

Im herkömmlichen Bluetooth-Modus erreichen die Geräte solche Reichweiten durch rohe Sendeleistung: Geräte der Funkklasse 1 dürfen mit bis zu 100 mW senden, also etwa so laut wie 2,4-GHz-WLANs. Dafür braucht ein Klasse-1-Modul reichlich Leistung (bis zu 1 W); entsprechend sind solche Geräte meist stationär (z. B. Gateways, PCs).

LE-Funkmodule erhöhen die Reichweite mittels einer optionalen Vorwärtsfehlerkorrektur (Forward Error Correction, FEC). Üblich und für LE verpflichtend sind Übertragungskanäle mit einer Datenrate von 1 Megasymbol pro Sekunde; ein Symbol steht hier für ein Bit (LE 1M PHY, max. 1 MBit/s). Über einen solchen Kanal lassen sich ab Bluetooth 5 Daten optional mittels einer Vorwärtsfehlerkorrektur schützen (LE Coded PHY). Beim Coding Schema 2 (S=2) definieren zwei Symbole ein Bit und beim Schema 8 (S=8, LE Long Range, 200 m Reichweite) definieren acht Symbole ein Bit. Die maximale Bruttodatenrate sinkt auf 500 kBit/s respektive 125 kBit/s. Beide FEC-Verfahren fasst man unter LE Coded PHY zusammen.

Auch die von der Bluetooth SIG herausgestellte Symbolrate von 2 MSym/s ist optional; sie liefert brutto bis zu 2 MBit/s, arbeitet ohne Fehlerkorrektur und eignet sich nur für einige Meter Entfernung (LE 2M PHY). LE 1M und LE 2M fasst man unter LE Uncoded PHY zusammen.

Für Nutzer bedeutet das: Bei Bluetooth-5-LE-Geräten kann man wie bisher nur das LE 1M PHY voraussetzen; die übrigen PHY-Modi müssen nicht eingebaut sein. Noch ist offen, wie sie auf den Produkten gekennzeichnet werden – vermutlich wird man beim Hersteller nachfragen müssen.

Bluetooth 5 erhöht die Länge der verbindungslos übertragenen Nachrichten mittels der Bluetooth-Beacons. Damit werden statische Informationen übermittelt, etwa Sportresultate, Museumshinweise, Indoor-Navigatiosdaten oder schlicht Werbung. Erlaubt sind zusätzlich zu den bisher üblichen 30 Bytes bis zu 256 Byte lange Beacons. Mit den längeren Beacons können beispielsweise komplette URLs mitgeteilt werden (etwa Webseiten) anstatt wie bisher nur Pointer zu URLs – das vereinfacht schlicht die Handhabung.

IoT-Aussichten

Daneben stecken in der neuen Spezifikation kleinere Verbesserungen, etwa höhere Robustheit gegenüber Funkstörungen. Insgesamt hat Bluetooth einen großen Schritt nach vorne gemacht – die LE-Verbindungen dürften robuster und schneller werden. Der Abstand zur noch immer nicht verabschiedeten WLAN-Spezifikation HaLow wächst (IEEE 802.11ah). Beide wollen eine Grundlage für Fitness-Tracker, Sensoren und Gadgets wie Thermostate im Heimbereich liefern, aber Bluetooth steckt schon in jedem modernen Smartphone und Tablet, und viele Anwender pflegen längst ihren Bluetooth-Zoo, zu dem Kopfhörer, Lautsprecher, Mäuse, Tastaturen, Freisprecheinrichtungen oder auch Autoradios gehören.

Erste BT5-Chips sind angekündigt, etwa von Cypress und Nordic; Nordic will Muster seines nRF52840 genannten SoC ab der Jahreswende 2016/17 liefern. Daher erwarten Analysten eine Zunahme an Bluetooth-Produkten. Der Anteil am Smart-Home-Markt betrug 2016 rund 8 Prozent. Für 2021 sagt ABI Research 26 Prozent voraus. ZigBee und Thread traut man aber einen Sprung von aktuell 17 Prozent auf dann 30 Prozent zu.

Um da mitzuhalten, braucht Bluetooth eine standardisierte Mesh-Spezifikation zur weitreichenden Vernetzung. Die wird nun im Juni 2017 erwartet. Damit soll jedes Bluetooth-Gerät im LE-Modus Nachrichten von Nachbarn in Funkreichweite weiterleiten. Dieser Flooding genannte Ansatz ist einfacher zu implementieren als das Routing, das in Zigbee und Thread steckt. Aber Latenz und Energiebedarf nehmen zu; die Geräte gehen seltener in den Ruhezustand. Dennoch ist leicht erkennbar, dass Mesh und LE Long Range zusammen Langstrecken-Verbindungen über mehrere Stockwerte ermöglichen – ohne umständliches Pairing. Und zum Steuern oder Auslesen von LE-Geräten, die nur mittelbar über mehrere Hops erreichbar sind, genügt ein Smartphone oder Tablet; spezielle Gateways wie bei ZigBee oder Thread sind nicht erforderlich.

Entsprechend selbstbewusst gibt sich die SIG. Für 2016 erwartet die Interessenvertretung fast drei Milliarden verkaufte Bluetooth-Geräte, 2020 sollen es fünf Milliarden werden und Bluetooth soll dann in einem Drittel aller IoT-Geräte stecken. Dabei sind die meisten Geräte bis heute nicht einmal für IPv4 ausgelegt, geschweige denn für IPv6, das Experten als Voraussetzung für das Internet der Dinge sehen. Der IP-Stack sei zu aufwendig, meinen Bluetooth-Verfechter und verweisen darauf, dass zur Steuerung ein Smartphone genügt. (dz@ct.de)