Quantenmechanik bei der Photosynthese
Pflanzen, Algen und auch einige Bakterien wandeln bei der Photosynthese Licht in chemische Energie um. Der Wirkungsgrad dieser Energiewandlung kann in den ersten Schritten mehr als 99 Prozent betragen – ein Wert, den selbst die besten Solarzellen bei Weitem nicht erreichen. Schon länger gehen Wissenschaftler deshalb davon aus, dass bei der Photosynthese quantenmechanische Effekte wie die Verschränkung von Photonen eine wichtige Rolle spielen, die die Energieausbeute erhöhen.
Quantenmechanische Verschränkung ist ein subatomarer Zustand, bei dem die physikalischen Eigenschaften verschränkter Teilchen wie Photonen miteinander korrelieren: Ändert sich der Zustand eines Teilchens, ändert sich gleichzeitig auch der Zustand der anderen – egal, wie weit die Teilchen voneinander entfernt sind. Einstein bezeichnete das Phänomen der Quantenverschränkung einst als „spukhafte Fernwirkung“ – inzwischen lässt sich das Prinzip nicht nur mathematisch beweisen, sondern auch experimentell belegen.
Wissenschaftler der Universität Tübingen wollen nun klären, inwieweit sich die Verschränkung von Photonen am Beispiel lebender Cyanobakterien (Blaualgen) nachweisen und gegebenenfalls auch beeinflussen lässt. Im Fokus stehen die sogenannten Lichtsammelkomplexe der Blaualgen, deren Aufgabe es ist, Licht zu absorbieren und die gewonnene Energie weiterzuleiten. Dabei handelt es sich um Ansammlungen von Proteinstrukturen in den Membranen von photoaktiven Zellorganellen mit mehreren tausend Farbpigmenten.
Die Idee des Tübinger Forschungsprojekts ist es, möglichst viele dieser Farbpigmente nach quantenmechanischen Prinzipien zu verschränken und zusammenarbeiten zu lassen. Dazu verwenden die Wissenschaftler einen optischen Mikroresonator mit zwei hochreflektierenden Silberspiegeln, die im Abstand von wenigen Mikrometern parallel zueinander positioniert sind.
Durch wiederholte Rückkopplung einzelner Photonen in dem optischen Feld sollen die Anregungszustände der Farbpigmente im Cyanobakterium so manipuliert werden, dass diese schließlich gemeinsam agieren und zu einer Steigerung der photosynthetischen Effizienz führen. Gelänge dies, unterstreicht die Universität, wäre es nicht nur das erste Mal, dass ein „ausgedehntes Quantenverhalten“ in einem lebenden Organismus nachgewiesen würde – der Nachweis hätte auch weitreichende Konsequenzen für das Verständnis des Lebens an sich. (pmz@ct.de)