c't 1/2017
S. 36
News
Forschung

Quantenmechanik bei der Photosynthese

Mittels eines optischen Mikroresonators wollen Tübinger Forscher Cyanobakterien (Mitte) dazu bringen, die Anregungszustände von Farbpigmenten ihrer Lichtsammelkomplexe (links) miteinander zu verschränken. Bild: Uni Tübingen

Pflanzen, Algen und auch einige Bakterien wandeln bei der Photosynthese Licht in chemische Energie um. Der Wirkungsgrad dieser Energiewandlung kann in den ersten Schritten mehr als 99 Prozent betragen – ein Wert, den selbst die besten Solarzellen bei Weitem nicht erreichen. Schon länger gehen Wissenschaftler deshalb davon aus, dass bei der Photosynthese quantenmechanische Effekte wie die Verschränkung von Photonen eine wichtige Rolle spielen, die die Energieausbeute erhöhen.

Quantenmechanische Verschränkung ist ein subatomarer Zustand, bei dem die physikalischen Eigenschaften verschränkter Teilchen wie Photonen miteinander korrelieren: Ändert sich der Zustand eines Teilchens, ändert sich gleichzeitig auch der Zustand der anderen – egal, wie weit die Teilchen voneinander entfernt sind. Einstein bezeichnete das Phänomen der Quantenverschränkung einst als „spukhafte Fernwirkung“ – inzwischen lässt sich das Prinzip nicht nur mathematisch beweisen, sondern auch experimentell belegen.

Wissenschaftler der Universität Tübingen wollen nun klären, inwieweit sich die Verschränkung von Photonen am Beispiel lebender Cyanobakterien (Blaualgen) nachweisen und gegebenenfalls auch beeinflussen lässt. Im Fokus stehen die sogenannten Lichtsammelkomplexe der Blaualgen, deren Aufgabe es ist, Licht zu absorbieren und die gewonnene Energie weiterzuleiten. Dabei handelt es sich um Ansammlungen von Proteinstrukturen in den Membranen von photoaktiven Zellorganellen mit mehreren tausend Farbpigmenten.

Die Idee des Tübinger Forschungsprojekts ist es, möglichst viele dieser Farbpigmente nach quantenmechanischen Prinzipien zu verschränken und zusammenarbeiten zu lassen. Dazu verwenden die Wissenschaftler einen optischen Mikroresonator mit zwei hochreflektierenden Silberspiegeln, die im Abstand von wenigen Mikrometern parallel zueinander positioniert sind.

Durch wiederholte Rückkopplung einzelner Photonen in dem optischen Feld sollen die Anregungszustände der Farbpigmente im Cyanobakterium so manipuliert werden, dass diese schließlich gemeinsam agieren und zu einer Steigerung der photosynthetischen Effizienz führen. Gelänge dies, unterstreicht die Universität, wäre es nicht nur das erste Mal, dass ein „ausgedehntes Quantenverhalten“ in einem lebenden Organismus nachgewiesen würde – der Nachweis hätte auch weitreichende Konsequenzen für das Verständnis des Lebens an sich. (pmz@ct.de)

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Neue Antriebskonzepte für Satelliten

Lange Zeit war Flüssigtreibstoff wie Hydrazin das Maß der Dinge bei der Steuerung von Raumsonden und Satelliten im Weltall. Doch inzwischen verzichten immer mehr Hersteller auf chemische Triebwerke und setzen stattdessen auf Ionen-, also Elektroantriebe. Denn diese haben einige Vorteile: Ionenantriebe erzeugen im All wesentlich höhere Ausstoßgeschwindigkeiten als konventionelle chemische Antriebe. Dadurch können große Mengen an Treibstoff eingespart werden, was wiederum das Startgewicht senkt und den Transport ins All günstiger macht.

Auch die EU hat die Zeichen der Zeit erkannt und fördert mit MINOTOR (Magnetic Nozzle Thruster with Electron Cyclotron Resonance) ab 2017 ein neues Forschungsprojekt mit rund 1,5 Millionen Euro, das auf dem Ausstoß von ionisiertem Treibstoff mittels elektromagnetischer Felder beruht. Das Besondere an dem auf drei Jahre angelegten Projekt ist das sogenannte EZR-Konzept. EZR steht für Elektron-Zyklotron-Resonanzbewegung und beschreibt einen Prozess, bei dem geladene Teilchen über die Absorption elektromagnetischer Wellen kinetische Energie in ein Plasma einkoppeln, das als Ionenquelle dient. Eine geschickt angeordnete Magnetstruktur, die gleichzeitig als Düse mit Schubvektorsteuerung dient, soll bei MINOTOR zu einer besonders effizienten Treibstoffionisation führen. Ein weiterer Vorteil des Konzepts sei der gleichzeitige Ausstoß von positiv und negativ geladenen Teilchen, erklären die Projektbeteiligten. Dadurch würden keine weiteren Komponenten zur Strahlstrom-Neutralisation benötigt, die oft ein kritisches Element von Triebwerken darstellten.

An MINOTOR nehmen sieben Partner aus vier EU-Ländern teil, darunter die Arbeitsgruppe „Ionentriebwerke“ des Physikalischen Instituts der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Die EU-Kommission sieht in dem neuen Antriebskonzept eine „disruptive Technologie“ und unterstützt das Projekt mit Geldern aus dem Horizont-2020-Programm zur Förderung von Forschung und Innovation. Ziel sei es, den Technologie-Reifegrad in den kommenden Jahren von Level 3 (Nachweis der Funktionstüchtigkeit) auf Level 5 (Versuchsaufbau in Einsatzumgebung) anzuheben. (pmz@ct.de)