c't 9/2016
S. 36
News
Kopierschutzknacker

AnyDVD aus der Asche

Hintergründe zum Ende von SlySoft

Ende Februar machte mit SlySoft ein Erzfeind von Hollywood dicht. Doch wie kam es tatsächlich dazu und was bewegt die Entwickler trotzdem als RedFox weiterzumachen?

Jahrelang waren SlySofts Produkte ein Stachel im Fleisch der Filmindustrie. Mit AnyDVD HD ließ sich nicht nur der Kopierschutz von DVD-Medien, sondern auch von Blu-ray Discs umgehen. Angesichts des bisherigen Durchhaltevermögens der in Antigua angesiedelten Firma konnte man sich kaum vorstellen, dass die SlySoft-Mitarbeiter ohne Weiteres klein beigeben. Und tatsächlich kündigte ein Zusammenschluss von Entwicklern an, als RedFox-Projekt am neuen Standort Belize weitermachen zu wollen. Inzwischen ist die Webseite redfox.bz samt Foren online – verkauft wurde die Software bis zum Redaktionsschluss jedoch noch nicht wieder.

Halten sich für die Guten: Ehemalige SlySoft-Programmierer entwickeln die DVD-/Blu-ray-Kopiersoftware AnyDVD HD weiter.

Unklare Umstände

Nach c’t vorliegenden Informationen ist selbst den Entwicklern nicht klar, was der wirkliche Auslöser für die SlySoft-Schließung war. Anders als vermutet soll nicht ein Brief der für den Blu-ray-Kopierschutz verantwortlichen AACS LA an die US International Trade Commission dazu geführt haben. Darin hatte die AACS LA im Zuge der Einführung der Ultra HD Blu-ray gebeten, Antigua & Barbuda auf die Copyright Priority Watch List zu setzen.

Stattdessen soll das US Department of Justice direkten Druck auf die antiguanische Regierung und Banken ausgeübt haben, die komplett abhängig von den USA seien. Demnach stand ein Verbot im Raum, das amerikanischen Geldinstituten untersagen sollte, als Korrespondenzbanken für die antiguanischen Banken zu fungieren. Letzteres ist für Auslandsüberweisungen und sonstige Auslandsgeschäfte der Banken nötig.

Gut unterrichteten Kreisen zufolge sei SlySoft Inc. von Amts wegen ohne Ankündigung aus dem Handelsregister des Landes gelöscht, dem Firmenchef Giancarlo Bettini mit Auslieferung gedroht, sämtliche Bankkonten eingefroren und konfisziert worden. Offizielle Begründungen gab es angeblich nicht. Bettini habe daraufhin angewiesen, alle Server abzuschalten und sei abgetaucht.

Monetär ausgetrocknet

Bis dahin missglückten alle Versuche, SlySoft dichtzumachen. Der einzige juristische Erfolg der AACS LA war ein Strafverfahren gegen Giancarlo Bettini, dem 2014 die Verletzung des in Antigua geltenden Copyright Act in sechs Fällen zur Last gelegt wurde. Er wurde damals zu einer Geldstrafe von 30 000 Ostkaribischen Dollar (knapp 10 000 Euro) verurteilt. Das schriftliche Urteil stehe aber bis heute aus.

Da SlySoft in Antigua juristisch nur schwer beizukommen war, zielten die Bemühungen in der Folge auf die Geldströme. Seit sechs Jahren habe es keinen zuverlässigen Zugang zu Zahlungssystemen gegeben. Daher habe SlySoft Third Party Accounts mit fremder Merchant ID (MID) verwendet. Auf den Abrechnungen der Kunden stand dann etwa „Grabstein Inc., Shanghai“. Das klappte aber anscheinend immer nur einige Monate und in manchen Fällen hätten die Payment Service Provider das Geld einfach behalten.

Schließlich seien auch die Programmierer nur verspätet und seit Dezember gar nicht mehr bezahlt worden.

Aus SlySoft wird RedFox

Möglicherweise war das dennoch nur ein Pyrrhussieg für die Filmindustrie. Erstens agieren die Macher von AnyDVD seit jeher als international verstreutes Team von Programmierern, die einander nicht einmal kennen sollen. Zweitens handelt es sich bei ihnen offenbar um Enthusiasten, die entschlossen hinter ihren Produkten stehen und sich für die Guten halten. Nach der Schließung SlySofts dauerte es keine Woche und RedFox war geboren.

Dass die Mitglieder des RedFox-Projekts nach dem Abgang von Bettini selbst stärker ins Fadenkreuz geraten werden, dürfte ihnen klar sein. Außerdem werden auch die AnyDVD-Macher irgendwie ihren Lebensunterhalt finanzieren müssen – nach mitunter 13 Jahren SlySoft im Lebenslauf dürfte es für sie auch schwierig sein, einen normalen Job zu bekommen. (vza@ct.de)