c't 4/2016
S. 14
Prozessorgeflüster
ARMv8, Apple Ax9, AMD

Prozessorgeflüster

Von gerufenen und nicht gerufenen Geistern

Russische ARMv8-Prozessoren, SPEC-CPU2006-Werte für Apple A9x, eine neue Mersenne-Primzahl, neue AMD-Prozessoren mit „Geister“-Kühler und IBM auf Shopping- Tour …

Lieber langsam, aber sicher – so das Motto der russischen Behörden für Rechner in sicherheitsrelevanten Bereichen. Und so ackern hier noch uralte Elbrus-SPARC-Prozessoren aus heimischer Entwicklung, völlig ohne Intels suspekte Management Engine. Im letzten Jahr kam mit dem vom Moskauer Zentrum für SPARC-Technologien (MCST) entwickelten Vierkerner Elbrus-4C ein etwas fixerer Vertreter hinzu, daneben mit dem Elbrus ARM-401 auch ein kleiner ARM-Prozessor. Andere russische Firmen wie Baikal setzten auf MIPS, so stecken im Baikal SoC T1 zwei MIPS32-Kerne mit 1,2 GHz Taktfrequenz. Nun aber will Baikal in großen Schritten vorangehen. Ende 2016 und 2017 sollen Baikal-M, Baikal-MS und Baikal-S mit acht bis 32 ARMv8-A-Cores folgen. Letzterer soll sich gar mit 50 Watt begnügen.

Von dem auf der Hot Chips 2015 vorgestellten chinesischen ARMv8-Prozessor Mars mit bis zu 64 Kernen ist bislang noch nichts zu sehen. Immerhin hatte die Firma Phytium schon SPEC-CPU2006-Werte veröffentlicht, etwas, womit sich alle anderen ARM-Lizenznehmer auffallend zurückhalten. Nun haben sich Mitarbeiter von Anandtech die Mühe gemacht, SPECint_base2006 unter Xcode 7 auf Apples A9x und A8x zum Laufen zu bringen. Alle zwölf Benchmarks haben sie zwar nicht geschafft, aber immerhin zehn. Mit einem geometrischen Mittel von rund 24 auf einem Kern hängt Apples Mobil-Prozessor A9x den chinesischen Serverprozessor Mars mit 19,2 bei 2 GHz Takt zwar klar ab, aber dafür hat jener ja 64 Kerne. Mit einem geometrischen Mittel über die gleichen Benchmarks von 30,4 wirkt ein Core M-5Y31 (Broadwell) im MacBook 2015 überlegen, aber auch nur, wenn man den vom Intel-Compiler äußerst spitzfindig optimierten Benchmark 462.libquantum mit einbezieht (dazu in der nächsten Ausgabe mehr). Ansonsten ist er nur rund 10 Prozent schneller. Der Skylake Core m3-6Y20 kann hier noch ’ne kleine Schippe drauflegen, ohne 462.libquantum bleibt aber auch nur ein Plus von etwa 20 Prozent über.

Im letzten Geflüster hatte ich über den Skylake-Bug berichtet, den die Software Prime95 aufgedeckt hatte. Nun können die Primzahlsucher von GIMPS (Great Internet Mersenne Prime Search) einen weiteren Erfolg vermelden. Nach gut drei Jahren ist ein GIMPS-Teilnehmer nämlich mal wieder fündig geworden. Der mit 5,4 Millionen GHz-Tagen pro Jahr bei Weitem aktivste Teilnehmer Dr. Curtis Cooper von der University of Central Missouri lässt zahlreiche Rechner parallel nach neuen Mersenne-Primzahlen suchen. Nun hat einer davon, bestückt mit einem Core i7-4790, die neue höchste bekannte Primzahl mit Prime95 gefunden. Das Programm meldete nach rund einem Monat Laufzeit mit dem Exponenten 74 207 281, dass 274 207 281–1, eine Zahl mit 22,3 Millionen Stellen, prim ist. Das ist jetzt die 49. und größte bislang bekannte Mersenne-Primzahl. Davor hatte Dr. Curtis schon dreimal die Spitzenposition inne.

Der Core i7-4790 ist noch ein alter Haswell-Prozessor und kein falsch rechnender Skylake. Dessen Rechenprobleme sollen allerdings inzwischen per Microcode-Update behoben sein. Die meisten Boardhersteller wie Asus, Asrock, Gigabyte oder MSI haben jedenfalls entsprechende BIOS-Updates herausgegeben.

Microsoft hat derweil Ende Januar ein neues großes kumulatives Update-Paket für Windows 10 herumgeschickt, ein halbes Gigabyte – neue Microcodes waren aber nicht darin. Die Support-Politik von Microsoft wird zudem immer verworrener. Für etwa 190 ausgesuchte PCs von Dell, HP, Lenovo und NEC sind noch Updates für Windows 7 und 8.1 bis Mitte 2017 zugesagt. Für nicht gelistete Skylake-Systeme hingegen, die immer noch nicht auf Windows 10 aufgerüstet haben, wurde der Support verkürzt. Für die nächsten Prozessorgenerationen Kaby Lake (Skylake-Refresh) und für AMDs Bristol Ridge (mit Excavator-Kernen) soll es dann ohnehin nur noch Windows-10-Support geben.

Tesla statt Zen

Auf die Bristol-Ridge-APUs für Desktop und Mobile wird man noch etwas warten müssen, die wird AMD möglicherweise erst nach den Zen-Prozessoren (Summit Ridge) für High-End-Desktop-PCs herausbringen. Apropos Zen: Jetzt weiß man auch, womit sich AMDs ehemaliger Zen-Chef-Entwickler Jim Keller in Zukunft beschäftigt, nein nicht mehr mit irgendwelchen Prozessor-Interna, sondern mit Autos, und – na klar – mit selbstfahrenden. Er übernahm bei Tesla die Leitung für das Autopilot Hardware Engineering.

Ex-Arbeitgeber AMD musste jetzt erst einmal die erwarteten trüben Quartalszahlen mit einem Verlust von 102 Millionen US-Dollar bekannt geben. Für das Gesamtjahr 2015 belief sich der Umsatz auf 3,99 Milliarden US-Dollar – 28 Prozent weniger als noch 2014. Der Verlust nach Steuern lag bei 660 Millionen US-Dollar. AMD-Chefin Lisa Su will nun die Kosten weiter senken und sich auf wenige lukrative Zielmärkte beschränken. Kostensparend will AMD in Zukunft nur noch zwei Pinouts unterstützen: den AM4-Sockel, egal ob für APUs oder CPUs, sowie FP4 zum Auflöten für Notebooks.

Gegen Ende 2016 soll nicht nur Summit Ridge für die FX-Linie erscheinen, sondern auch die ersten Zen-Prozessoren für Server. Bis dahin sollen ein paar Geistererscheinungen helfen, so wie die nahezu geräuschlosen Wraith Cooler. Die werden jetzt zusammen mit einigen ausgesuchten Prozessoren etwa als FX 8370 Wraith auf den Markt gebracht. Hinzu kommen auch drei neue Prozessoren, der A10-7860K (Godavari), der A6-7470K und der Athlon X4 845 (Carrizo) für 70 Dollar, der erste Desktop-Prozessor, der mit vier Excavator-Kernen aufwartet.

AMD bringt drei neue Prozessoren und den fast geräuschlosen Wraith Cooler.

Daneben dürfte der neue A10 interessant sein, mit seinen vier Steamroller- und acht Radeon-7-GPU-Kernen kommt er auf nur 65 Watt TDP und liegt mit 118 US-Dollar recht gut im Rennen.

IBM kauft derzeit alles auf, was im Bereich Cloud, Mobile Services und Data Analytics nicht bei drei auf den Bäumen ist. Zuletzt den Weather Channel und den Video-Streaming-Spezialisten Ustream. Auch an der Analytics-Firma Splunk ist Big Blue dran, ein mit 6 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung durchaus dicker Brocken.

Und während sich in Europa in der letzten Februarwoche die Mobilisten zum Mobile World Congress in Barcelona versammeln, lädt IBM gleichzeitig zur InterConnect 2016, „ The Premier Cloud & Mobile Conference“ nach Las Vegas. Über 24 000 Teilnehmer werden dort erwartet, und damit ja kein Entwickler nach Barcelona abdriftet, gibts natürlich eine tolle Party, auf der niemand anderes als Sir Elton John für Unterhaltung sorgt. Auf dem MWC gibts an dem Abend stattdessen gerade mal schwedisches Bier. (as@ct.de)