c't 17/2016
S. 38
Prozessorgeflüster
Heißer Sommer

Prozessorgeflüster

Von Hot Chips und heißem Sommer

Das wird noch ein heißer Sommer: Flash Memory Summit, IDF, Hot Chips, IFA – alles Knall auf Fall in drei Wochen. Manche Prozessor-Highlights verschieben sich zwischen diesen Veranstaltungen.

Einen eigenen Prozessor-Track sucht man in diesem Jahr im IDF-Session-Katalog vergebens. Sky-, Kaby, Coffee oder vielleicht gar der 10-nm-Chip Cannon Lake? Fehlanzeige. Sowas wäre auf früheren IDFs undenkbar gewesen, aber bei Intel hat sich in letzter Zeit viel geändert.

Kaby Lake als Skylake-Refresh wird natürlich trotzdem allerorts zugegen sein, zumindest als Prototyp in der begleitenden Ausstellung. Womöglich wird die für kleine Tablets und lüfterlose, ultradünne Notebooks gedachte Y-Version aber nicht auf dem IDF, sondern erst kurze Zeit später in Berlin auf der IFA vom Stapel laufen – und das, obwohl in diesem Jahr die dortigen Keynote-Redner von AMD, IBM und Daimler kommen. Die für etwas größere Mobilgeräte gedachten Kaby-Lake-U- und S-Modelle dürften wohl erst kurz vor Weihnachten folgen und die mit H/HQ verzierten Vierkerner für Notebooks und Desktops erst 2017. Wahrscheinlich wartet Intel noch in aller Ruhe ab, wie sich AMD mit Zen in der Summit-Ridge-Plattform präsentieren wird, um gegebenenfalls auch mit Preisen gegensteuern zu können.

Der 3D-XPoint-Chip von Intel und Micron. Gibts schon bald damit bestückte SSDs? Bild:Intel

Zunächst baut AMD hier noch mit dem letzten Bulldozer-Chip Bristol Ridge die Infrastruktur und die nötigen Partnerschaften aus, etwa mit Hewlett Packard Inc. Schon kursieren erste Bilder vom Spitzenchip A12-9800 auf HP-Hauptplatinen für Pavilion-Rechner. Der verwendete Promontory-Chipsatz soll sowohl Bristol wie später auch Summit Ridge dienen.

Wenn schon nichts zu den Lake-Prozessoren, so findet man bei den IDF-Tracks aber hier und da zumindest Atoms und Xeons als Zubehör, letztere etwa bei dem neuen Rack Scale Design. Ansonsten steht im Katalog viel zu SOCs und FPGAs – ein eigener Special Track mit Altera – und noch weit mehr zu Software: Analytics, Cloud, Software Defined Infrastructure, Virtual Reality & Gaming, Visual Experience. Daneben gibt es Tracks zu Connectivity (USB-C, Thunderbolt 3, PCIe 4 …), zu IoT, zu New Devices & Services …

Ein noch vorhandener klassischer Schwerpunkt auf dem IDF ist der Memory & Storage-Track. Hier erwartet man unter anderem weitere Informationen zur gemeinsam mit Micron entwickelten neuen Speichertechnologie 3D XPoint. Zusammen mit Microsoft wird man zudem über das Thema referieren, was Windows selbst, aber auch die Applikationsentwickler berücksichtigen müssen, wenn sie optimalen Nutzen aus nichtvolatilem Hauptspeicher ziehen wollen.

Neue Speicher

Vielleicht wird Intel ja doch, wie ursprünglich mal angekündigt, die ersten mit 3D-XPoint bestückten Optane-SSDs herausbringen. Partner Micron hatte in Gestalt des Co-CEOs von IM-Flash, Guy Blalock, allerdings Anfang des Jahres von noch zu lösenden Schwierigkeiten für die Serienfertigung gesprochen, die er daher erst Anfang bis Mitte 2017 sieht. Auf dem Frühjahrs-IDF in Shenzhen zeigte Intel allerdings unverdrossen weitere Benchmarkvergleiche, bei denen die Optane-SSDs etwa um Faktor 7 schneller waren als Intels P3700.

Samsung will da nicht tatenlos zuschauen, sondern wird auf dem Flash Memory Summit, wenige Tage vorher direkt vor Intels Haustür in Santa Clara, auf die Tube drücken und mit gleich 14 „Breakout Presentations“ auftrumpfen. Hier steht vor allem die neueste 3D-V-NAND-Technik im Vordergrund.

Und wenn die vielen Pressekollegen schon im Silicon Valley sind, können sie gleich noch ein bisschen länger bleiben und die Hot-Chips-Konferenz in Cupertino mitnehmen. Bei ihr gehts zunächst ebenfalls um Speicher. So halten Samsung, Micron, Hynix und Co. friedlich ein gemeinsames Tutorial zum Thema „Nächste Speichergeneration, DRAM und darüber hinaus“ ab – DDR5 kommt ja irgendwann auch.

Die Konferenz selbst verspricht viele Neuigkeiten zu Prozessoren, etwa zu dem beim IDF vermissten Intel-Skylake, aber auch zu AMD Zen, zu IBM Power9 – und zur von ARM und Fujitsu gemeinsam entwickelten ARM64-Vektorerweiterung für HPC. Man orakelt, dass diese ähnlich aussehen könnte wie Intels AVX512.

Andere, mehr akademische Prozessoren dürften der 25-Kerner der Princeton University und der 1000-Kerner „KiloCore“ der UC Davis sein.

Nicht akademisch sind hingegen die SoCs und GPUs. Nvidia hat hier was Spannendes auf Lager, nämlich die nächste Tegra-Generation X2. Das müsste der Parker-Chip sein, mit laut Fudzilla.com gleich zwei ARM64-Denver2- und mit vier ARM-Cortex-57-Kernen sowie mit neuer Pascal-GPU, alles gefertigt in TSMCs 16-nm-FinFet-Prozess. Es gibt auch schon die ersten Gerüchte, dass die nächste Nintendo-Spielkonsole NX nicht etwa mit AMD-SoCs und auch nicht mit Tegra X1, sondern bereits mit Tegra X2 arbeiten soll – auch wenn in den ersten Entwicklersystemen noch eine X1 steckt.

Sky-, Kaby, Coffee und Cannon Lake Quelle: pc.watch.impress.co.jp

Auch ARM selbst – beziehungsweise nun Softbank – will eine neue GPU vorstellen: Bifrost heißt die Architektur, die in der nächsten Mali-Generation G71 Einzug halten soll. Lizenznehmer Samsung will etwas mehr zur Exynos-M1-CPU verraten, die mit ARM-Cortex-A72-Kernen bestückt ist.

Lange Arme

Jede Menge ARM-News also und vielleicht kommen noch mehr hinzu. Die chinesische Firma Phytium, die im letzten Jahr mit ihrem ARM64 für HPC viel Aufmerksamkeit erregt hatte, hält diesmal zwar keine Präsentation, aber immerhin ist sie wie die Großen der Branche (Intel, Cisco, AMD …) nun Platinum-Sponsor.

Vom Hot-Chips-Veranstaltungsort, dem Flint Theater, zu dem alten Hauptgebäude des wohl neben Samsung bedeutendsten ARM64-Lizenznehmers Apple in der Infinite Loop ist es nur ein Steinwurf von vielleicht zwei Meilen. Und zu den gigantischen neuen Apple Headquarters im benachbarten Sunnyvale ist es auch nicht viel weiter. Noch ist diese „Fliegende Untertasse“ für fünf Milliarden US-Dollar im Bau, sie liegt aber gut im Zeitplan und soll im Frühjahr 2017 eingeweiht werden. Kapital hat Apple trotz zuletzt sinkender Gewinne beim iPhone ja genug, dennoch hat der Konzern auf dem Kapitalmarkt noch mal 7 Milliarden Dollar aufgenommen, vor allem, um das Programm zum Aktienrückkauf und die Dividende zu finanzieren. Apropos Apple, da kommt man wie von Zauberhand wieder auf Intels Kaby Lake zurück. Hatte ich im letzten Prozessorgeflüster noch berichtet, dass viele Apple-Fans das Ausbleiben des lange überfälligen neuen MacBook Pro beklagen, so verdichten sich jetzt die Hinweise auf ein neues Notebook mit Intel Kaby Lake, AMD-Polaris-Grafik, OLED-Display, USB-C, Siri … Im Internet kursieren zudem hübsche Fotos mit einer Leiste „Multi Bar“ oben an der Tastatur. Darauf prangt unter anderem ein kräftig leuchtendes Spotify-Symbol – dabei hatte es doch zwischen den beiden Firmen wegen des Bezahlmodus neulich erst kräftig gerumst. Apple sperrte die neue Spotify-App vom Store aus und schlug zudem dem Copyright Royalty Board der US-Regierung ein neues Tantiemenmodell vor, das die Künstler besser entlohnt.

Na ja, hierzulande wird die Telekom mit Spotify offenbar auch nicht mehr glücklich. (as@ct.de)