c't 4/2024
S. 32
Aktuell
Streamingdienste
Bild: Netflix

Ringen um Erfolg

Netflix streamt Wrestling und wirft Bestandskunden aus Basis-Abo

Für Videostreamingdienste hat derzeit oberste Priorität, im Verdrängungswettbewerb zu überleben. Netflix setzt dafür auf eine neue Zielgruppe – und holt die Kosten dafür unter anderem wieder rein, indem der Dienst Bestandskunden in einigen Ländern zu einem teureren Abo zwingt, wenn sie keine Werbung schauen wollen.

Von Nico Jurran

Am 5. Februar folgt Amazons Videostreamingdienst Prime Video dem Beispiel von Netflix und Disney+ und führt ein Abo mit (laut Dienst „einigen wenigen“) Werbeunterbrechungen ein. Wer das nicht möchte, zahlt künftig einen monatlichen Aufschlag von 2,99 Euro. Die Änderung kommunizierte Amazon schon im vergangenen Jahr (siehe Vergleichstest in [1]), nannte seinerzeit aber noch keinen Preis.

Werbeabos sind für die Dienste äußerst lukrativ, wie sich auch in Netflix’ neuestem Geschäftsbericht zeigt: Demnach melden sich mittlerweile 40 Prozent aller Neukunden in Märkten, in denen der Werbetarif verfügbar ist, für diesen an.

Der Streaminganbieter steigerte so im abgelaufenen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal seinen Umsatz um 12,5 Prozent auf 8,83 Milliarden US-Dollar und schaffte beim Gewinn sogar einen Sprung von 55 auf 938 Millionen Dollar. Auch die Zahl der zahlenden Abonnenten stieg erneut – auf weltweit rund 260,3 Millionen, was im Vergleich zum Vorjahresquartal einem Zuwachs von knapp zwölf Prozent entspricht.

Nicht rosig sieht es hingegen bei Paramount Global aus, das unter anderem „Paramount+“ betreibt: Nach einem Bericht des Branchenmagazins Deadline will das Unternehmen im Februar weltweit Hunderte von Mitarbeiter aus praktisch allen Bereichen entlassen, um Personalkosten einzusparen.

Zuvor hatte es bereits Berichte gegeben, dass Apple TV+ und Paramount+ planen, ein Streaming-Bundle zum Vorzugspreis auf den Markt zu bringen. Zudem dürfte Paramount+ in diesem Jahr hierzulande das lange angekündigte Abo mit 4K/Dolby-Vision-Bild und (englischen) 3D-Ton starten – auch, um seine Kunden dafür stärker zur Kasse bitten zu können.

Für jeden etwas

Damit die neuen Kunden bleiben, muss ein Dienst immer weiter attraktive Inhalte bieten. Zwar deutet sich an, dass Netflix dabei sein Heil auch im Streaming von Sportereignissen sucht [1]. Dennoch kam die Nachricht überraschend, dass der Dienst einen Vertrag mit zehn Jahren Laufzeit mit dem weltgrößten Wrestling-Vermarkter WWE geschlossen hat.

Er umfasst unter anderem, dass ab 2025 in den USA, Kanada, Lateinamerika, Großbritannien und weiteren, bislang nicht genannten Ländern die wöchentliche Sendung „WWE Raw“ bei Netflix zu sehen sein wird. Außerhalb der USA soll der Dienst sogar die Heimat für alle WWE-Shows werden, inklusive Live-Events wie „Wrestlemania“. Ob beziehungsweise ab wann der Deal Auswirkungen auf die Ausstrahlung von WWE Raw bei ProSieben MAXX hat, ließ sich bis Redaktionsschluss nicht klären.

Mit dem WWE-Neuzugang bleibt der Videostreaminpionier seinem Ruf als „Vollsortimenter“ treu, der für jeden Geschmack etwas im Sortiment hat. Kritiker bemängeln jedoch, dass Netflix dafür jährlich eine satte halbe Milliarde US-Dollar zahlt – womit die WWE das Doppelte von dem erhält, was es bislang an Lizenzgebühren über das lineare Fernsehen bekommen hat. Diese Kosten müssen irgendwie wieder reinkommen.

Doch Netflix hat dafür schon einen Plan. Nach der Einführung des Werbeabos hatte Netflix im vergangenen Herbst das bis dahin preiswerteste Bezahlabo (Basis-Abo für 8 Euro) für Neukunden gestrichen, nun will der Dienst den Tarif auch für Bestandskunden abschaffen. Wer weiterhin keine Werbung sehen will, muss folglich auf das teurere Standard-Abo für 13 Euro im Monat umsteigen, das ansonsten komplett dem Werbeabo entspricht, die Werbefreiheit kostet also 5 Euro pro Monat. Im zweiten Quartal erwischt es zunächst Kunden in Kanada und Großbritannien, andere Länder sollen folgen – früher oder später wohl auch Deutschland. (nij@ct.de)

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