c't 28/2023
S. 40
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Microsoft kündigt eigene Server- und KI-Chips an

Microsofts Cloudsparte Azure setzt auf selbst entwickelte KI-Beschleuniger. AMD gewinnt CPU-Marktanteile hinzu. Der chinesische Loongson rechnet schneller und Chipsubventionen wackeln.

Von Christof Windeck

Jahrelang wurde darüber spekuliert, dass Microsoft eigene Halbleiter entwickelt. Nun ließ Microsoft die Katze aus dem Sack: 2024 starten der ARM-Serverprozessor Azure Cobalt 100 und der KI-Beschleuniger Azure Maia 100. Man wird aber nicht so bald Azure-Instanzen auf dieser Hardware buchen können. Vielmehr sollen darauf zunächst Dienste wie das Sprachmodell Copilot laufen. Damit verschafft sich Microsoft Zeit, die Hardware und die zur Nutzung nötige Software zu optimieren. Für den 128-Kerner Cobalt 100 nutzte Microsoft den ARM-Baukasten „Neoverse Compute Subsystems“ und packte in weniger als zwei Jahren Entwicklungszeit zwei Module mit je 64 Neoverse-N2-Kernen auf einen Chip. Der Maia 100 entstammt der 5-Nanometer-Fertigung und hat 105 Milliarden Transistoren.

Den KI-Beschleuniger Maia 100 mit 105 Milliarden Transistoren entwickelte die Microsoft-Abteilung Azure Hardware Systems and Infrastructure (AHSI) selbst., Bild: Microsoft
Den KI-Beschleuniger Maia 100 mit 105 Milliarden Transistoren entwickelte die Microsoft-Abteilung Azure Hardware Systems and Infrastructure (AHSI) selbst.
Bild: Microsoft

Ganz allgemein geht der Trend bei Cloudservern zu Prozessoren mit immer mehr Kernen. Auch andere Cloud-„Hyperscaler“ wie Amazon und Google kaufen immer fettere Maschinen. Laut den US-Marktforschern von Mercury Research schrumpfte die Anzahl der verkauften Server im dritten Quartal 2023, aber der durchschnittliche Verkaufspreis und damit auch der Umsatz wuchsen. Mercury Research wertet das als fundamentale Umwälzung im Servermarkt.

Epyc-Prozessoren eroberten satte 23 Prozent Marktanteil, weil AMD derzeit schlichtweg viel mehr Kerne pro Prozessor bietet als Intel. Auch im gesamten x86-Markt schlägt sich AMD gut mit jetzt 30 Prozent Anteil. AMD konnte vor allem viele Notebookprozessoren verkaufen. Hier hofft Intel darauf, 2024 mit Meteor Lake eine besonders attraktive Chipfamilie ins Rennen zu schicken. Spannend wird, ob die KI-Karte sticht: Sowohl Meteor Lake – am 14. Dezember werden die ersten Notebooks damit erwartet – als auch AMDs Ryzen 7040 „Phoenix“ haben zusätzliche KI-Rechenwerke. Wie unser Notebooktest in c’t 25/2023 jedoch zeigte, schalten aber die meisten Notebookhersteller die „Ryzen AI“-Funktion bisher nicht frei. Mal sehen, ob das bei Intel besser klappt.

Chinesische Prozessoren

Mercury Research schätzt den Anteil von ARM-Prozessoren am PC-Markt auf 11 Prozent, im Wesentlichen wegen Apples MacBooks und iMacs mit M-Prozessoren. Windows-Notebooks mit ARM-Chips spielen weiterhin keine Rolle, eher noch Chromebooks mit Prozessoren von Rockchip oder Mediatek. Mercury Research vermutet auch, dass in China größere Stückzahlen von x86-Prozessoren gefertigt werden, etwa von Zhaoxin. Man habe aber keine belastbaren Zahlen zum dortigen Markt.

Eine Alternative zu x86-Prozessoren für Linux-Rechner entwickelt in China auch die Firma Loongson Technology. Die Mikroarchitektur LoongArch wurde von der altehrwürdigen MIPS-Architektur abgeleitet und verarbeitet etwa auch Vektoren. Der Quadcore Loongson 3A6000 kommt laut Angaben des Herstellers sowie nach Messungen der Website MyDrivers.com in einigen Benchmarks recht dicht an die Leistung mancher x86-CPUs heran. Dabei hatte man die Vergleichsprozessoren mit AMD Ryzen 5 3100 und Intel Core i3-10100F aus dem Jahr 2020 aber sehr geschickt gewählt. Denn ähnliche Ergebnisse lieferten auch schon viel ältere Intel-Prozessoren, etwa der Core i7-2700K (Sandy Bridge) aus dem Jahr 2011. Ab 2024 will Loongson angeblich auf 7-Nanometer-Technik des chinesischen Auftragsfertigers SMIC setzen.

Subventionszittern

Mitte November bescherte das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung schlaflose Nächte: Die Tricks zur Finanzierung des 60 Milliarden Euro schweren Klima- und Transformationsfonds (KTF) sind nicht zulässig. Geklagt hatten Mitglieder der Unionsfraktion des Bundestags, um die Einhaltung der Schuldenbremse zu erzwingen. Den CDU-Länderchefs von Sachsen (Kretschmer) und Sachsen-Anhalt (Haseloff) erwies man damit aber einen Bärendienst, denn aus dem KTF sollten zumindest teilweise auch die Milliardensubventionen für die geplanten Chipfabriken von Intel (Magdeburg), TSMC/ESMC (Dresden), Infineon (Dresden) und auch Wolfspeed (Ensdorf im Saarland) sprudeln. Bundeswirtschaftsminister Habeck sprach in einer Videobotschaft von einem „Rückschlag für all die Pläne, die gemacht wurden“. Wie es mit den Projekten weitergeht, war bis zum Redaktionsschluss dieser c’t-Ausgabe noch offen. (ciw@ct.de)

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