c't 11/2023
S. 172
Wissen
Krypto-Währung und Steuern
Bild: KI Midjourney | Bearbeitung: c’t

Kryptosteuern

Wann ein privater Investor Gewinne mit Bitcoin & Co. versteuern muss

Muss ein Privatmann, der Kryptowährungen verkauft oder tauscht, Gewinne versteuern? Ja, sagt der Bundesfinanzhof in einem Grundsatzurteil und beendet damit einen heftigen Meinungsstreit. Auch Privatanleger könnten demnächst Post von ihrem Finanzamt bekommen.

Von Martin Weigel

Bei privaten Geschäften mit Kryptowährungen stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls wie Einkünfte daraus zu versteuern sind. Das Gesetz schreibt vor, was im Rahmen welcher Einkunftsart besteuert werden soll. Einkünfte aus Kapitalvermögen wie Dividenden und Zinsen aus Sparverträgen werden nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit einem sogenannten Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent besteuert.

Bei den Gewinnen aus der privaten Veräußerung von Fremd- oder eben auch Kryptowährungen geht es jedoch um sogenannte Spekulationsgewinne. Dafür fallen Steuern in Höhe des persönlichen Steuersatzes an. Bei Privatleuten werden solche Gewinne oder Verluste nur berücksichtigt, wenn der Verkauf oder der Tausch der Kryptowährung innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung erfolgt (sogenannte Haltefrist). Verkauft jemand beispielsweise Bitcoin erst ein Jahr nach der Anschaffung mit Gewinn, geht das Finanzamt leer aus.

Weile haben

Grundsätzlich heißt es daher für den privaten Investor, dass er seine Kryptowährungen tunlichst mindestens ein Jahr halten sollte, es sei denn, er möchte Verluste bei der Einkommensteuererklärung geltend machen. Unternimmt ein privater Investor jedoch eine Vielzahl von Kryptogeschäften, wie in einem vom Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschiedenen Fall, muss er gegenüber dem Finanzamt auf Nachfrage nachweisen, wann er jeweils eine digitale Währung gekauft, verkauft oder getauscht hatte.

Dies birgt eine Reihe von praktischen Schwierigkeiten – einige Probleme, die damit zusammenhängen, sind rechtlich ungelöst. Denn die beteiligten Kryptobörsen stellen keine Steuerbescheinigungen aus, die dem Finanzamt vorgelegt werden könnten. Der Investor muss beispielsweise auch Zubuchungen in Form von Airdrops (eine kostenlose Zuteilung von Token oder Coins) festhalten und angeben. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat nunmehr am 18. Juli 2022 den Entwurf eines Schreibens an die mit steuerlichen Fragen befassten Verbände herausgebracht. Darin hat es seine Vorstellungen von den Erklärungs- und Aufzeichnungspflichten konkretisiert. Eine abschließende Äußerung der Verwaltung ist noch nicht in Sicht.

Ausgangsfall

Ein privater Investor hatte in den Jahren 2014 bis 2016 in mehr als 17 Transaktionen Bitcoin über die Handelsplattform bitcoin.de erworben. Das für die Transaktionen erforderliche kryptografische Schlüsselpaar hatte er in seinem Wallet gespeichert. Zu Beginn des Jahres 2017 verfügte er über 24,75825 Bitcoin mit einem Wert von 22.584,96 Euro. Am 3. Januar tauschte er seine Bitcoin in Ether und erzielte nach eigenen Berechnungen einen Gewinn in Höhe von 2419,87 Euro. Am 13. Juni 2017 tauschte der Investor seine Ether wiederum gegen 20.678,09 Monero und erzielte dadurch einen Gewinn in Höhe von 1.014.481,83 Euro.

Nach einem Rücktausch in Bitcoin veräußerte der spätere Kläger seine Bitcoin im November und Dezember 2017 in kleiner Stückelung über zwei Handelsplätze. In seiner Steuererklärung gab er später den Veräußerungsgewinn als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 3.441.261,70 Euro an. Über die Höhe gab es keinen Dissens mit dem Finanzamt, wohl aber über dessen Auffassung, dass er diese Gewinne aus der Veräußerung der Kryptowährungen versteuern müsse.

Gegen seinen Einkommensteuerbescheid 2017 erhob er Widerspruch und klagte gegen dessen Zurückweisung vor dem zuständigen Finanzgericht Köln. Das Gericht wies die Klage im November 2021 ab, wogegen der Kläger nunmehr Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) einlegte.

Dabei machte er geltend, die digitalen Währungen, die er erworben habe, seien nichts anderes als eine Kette aus digitalen Signaturen, die in der Blockchain dokumentiert würden. Diese Currency Token erfüllten auch nicht die für die Besteuerung notwendige Eigenschaft als Wirtschaftsgüter. Sie vermittelten weder ein Recht noch hätten sie einen Nutzen, der über ihr bloßes Selbst hinausgehe. Darüber hinaus würde die Besteuerung seiner digitalen Währungsgeschäfte auf eine Art Dummensteuer hinauslaufen. Denn die Finanzbehörden würden andere Investoren nicht besteuern, wenn diese nicht wie er freiwillig Angaben zu ihren Kryptogeschäften in ihrer Steuerklärung machten, es also bei der Kryptobesteuerung ein strukturelles Vollzugsdefizit gebe. Es sei deshalb verfassungswidrig, ihn allein zu besteuern.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte mit seinem Urteil vom 14. Februar 2023 (siehe ct.de/yswq), dass Gewinne von privaten Investoren aus der Veräußerung oder dem Tausch digitaler Währungen zu versteuern sind, die innerhalb einer Haltefrist im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG von einem Jahr erzielt werden. Diese Auffassung hatten zuvor sowohl das Finanzamt und das Finanzgericht Köln vertreten als auch das BMF. Es hatte sich in einem Rundschreiben an die Finanzbehörden vom 10. Mai 2022 (siehe ct.de/yswq) grundsätzlich mit der Frage der Besteuerung von Gewinnen aus virtuellen Währungen und sonstigen Token auseinandergesetzt.

Mit seiner Entscheidung bejahte der BFH nun auch die damit verbundene und bisher unterschiedlich entschiedene Frage, ob digitale Währungen im Rahmen des Kaufs oder Tauschs ein Wirtschaftsgut im steuerrechtlichen Sinne darstellen. Er wies damit insbesondere zivilrechtliche und technische Einwände zurück, die gegenüber einer Besteuerung geäußert worden waren. Der entscheidende Senat löste sich in der Begründung von zivilrechtlichen Vorfragen und entschied allein auf der Grundlage einer übergeordneten wirtschaftlichen Betrachtung. Sämtliche digitalen Währungen wie Bitcoin, Ether und Monero sind laut BFH wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen, auch wenn sie keine gesetzlichen Zahlungsmittel oder elektronisches Geld darstellten.

Eine digitale Währung halte ein Investor in der Gesamtmenge des ihm insgesamt zur Verfügung stehenden Token-Portfolios gespeichert in dem ihm zugeordneten Konto (Public Key) innerhalb des verteilten Kassenbuchs (Distributed Ledger System, DLS). Zu dem Zeitpunkt, an dem er die jeweilige Währung aus dem Konto herauslöse und in handelbare Untereinheiten wirtschaftlich verselbständige, entstehe ein Wirtschaftsgut. Der Geschäftsverkehr habe zum Beispiel über Nutzerbörsen Möglichkeiten geschaffen, digitale Währungen einzeln zu übertragen. Das mache sie tauschbar und damit verkehrsfähig. Die Digitalwährungen könnten sogar zusammen mit einem Betrieb übertragen werden.

Zu versteuern hat einen Gewinn aus dem Tausch oder Verkauf digitaler Währungen derjenige, der unbeschränkt über die Währung verfügen kann, was jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist. In diesem Sinne verfügte der Kläger mittels seines Private Key wie ein Eigentümer über die Berechtigung, seine erworbenen Digitalwährungen zu veräußern oder umzutauschen.

Bislang werden Investitionen an den Kryptobörsen noch kaum von den Finanzämtern kontrolliert. Dies dürfte sich in Zukunft jedoch ändern.
Bislang werden Investitionen an den Kryptobörsen noch kaum von den Finanzämtern kontrolliert. Dies dürfte sich in Zukunft jedoch ändern.

Maßgeblicher Zeitpunkt

Wichtig ist jeweils, ob der Privatmann innerhalb der sogenannten Haltefrist von einem Jahr ab ihrer Anschaffung eine digitale Währung erworben und gegen Entgelt übertragen hat. Digitale Währungen werden in diesem Sinne angeschafft, wenn sie im Tausch gegen Euro, gegen eine andere Fremdwährung oder gegen andere virtuelle Währungen erworben werden. Sie werden veräußert, wenn sie in Euro oder eine Fremdwährung zurückgetauscht oder in andere virtuelle Währungen umgetauscht werden.

Das klingt zunächst banal. Um aber bestimmen zu können, welche Umsätze genau in die Jahresfrist fallen und damit steuerpflichtig sind, muss man die jeweiligen Anschaffungs- und Veräußerungshandlungen feststellen. Der Kläger des BFH-Verfahrens hatte durch den entgeltlichen Erwerb von Bitcoin gegen Euro, den anschließenden Tausch gegen eine andere digitale Währung (Bitcoin gegen Ether; Ether gegen Monero) sowie den Rücktausch von Monero gegen Bitcoin und am Ende die Veräußerung von Bitcoin für den Erhalt von Euro in jedem einzelnen Fall die Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts erfüllt. Denn er hatte nach Auffassung des BFH den Übergang der jeweiligen Währung auf sich selbst oder von sich auf andere Personen von Wallet zu Wallet bewirkt. Maßgeblich sei, dass er mithilfe eines eigens generierten Private Key die erworbenen oder getauschten Währungseinheiten über eine Zwischenadresse auf der Handelsplattform letztlich auf eine private Adresse transferiert, also an einen Erwerber überwiesen hatte.

Nicht verfassungswidrig

Der BFH lehnte es in seinem Urteil auch ab, die Besteuerung der Gewinne – wie vom Kläger gefordert – wegen eines sogenannten normativen Vollzugsdefizits für unzulässig zu erklären. Der BFH gab zwar zu, dass es gegenwärtig äußerst schwierig sei, eine Besteuerung durchzusetzen, wenn die Gewinne aus dem Tausch oder der Veräußerung von digitalen Währungen nicht in den Steuererklärungen angegeben werden. Denn der Handel mit Kryptogeld lasse sich anonymisieren, insbesondere bei der Währung Monero. Zudem können Handelsplätze ins europäische und außereuropäische Ausland verlegt werden.

Der BFH gewährt insoweit dem Gesetzgeber eine Reaktionszeit für die Einführung zusätzlicher Kontrollmaßnahmen. Der als Berichterstatter des entscheidenden Senats mit der Sache betraute Richter wies in einer Pressemitteilung des BFH darauf hin, dass er auch künftig von keinem Vollzugsdefizit ausgehe, das einer Besteuerung entgegenstehe. Durch die Aktualisierung der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (Directive on Administrative Cooperation, DAC 8) würden die Meldepflichten und der Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der EU auf Einnahmen und Umsätze ausgeweitet. Inländische, aber auch grenzüberschreitende Transaktionen mit Kryptowährungen von im Unionsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen könnten auf diese Weise nachvollzogen werden. Die DAC 8 stehe auch in Einklang mit der Initiative der OECD für einen Melderahmen für Kryptowerte (Crypto-Asset-Reporting Framework, CARF).

Aussichten

Weltweit nehmen die Bemühungen zu, den Handel digitaler Währungen und weiterer digitaler Assets besser zu überwachen und letztlich auch die für eine Besteuerung notwendigen Informationen zu erhalten. Nach dem BFH-Urteil geht die Steuerfachwelt davon aus, dass die Finanzverwaltung nunmehr verstärkt sogenannte Sammelauskunftsersuchen bei den Betreibern von Krypto-Handelsplattformen anstrengen wird. Wer sich davor in Sicherheit wähnt, sollte einen Augenblick innehalten: Im Falle einer Steuerhinterziehung kann die Finanzverwaltung für die Besteuerung zehn Jahre zurückgehen. (tig@ct.de)

Entscheidungen: ct.de/yswq

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