c't 23/2022
S. 3
Standpunkt

Klimaschutz: Glossar des Greenwashings

Wer herausfinden will, wie grün die großen Tech-Konzerne wirklich sind, hat es nicht leicht. "CO2-neutral seit 2007, CO2-frei bis 2030" titelt Google auf seiner Webseite zum Thema Nachhaltigkeit. Klingt irgendwie unlogisch. Zumindest aber zu schön, um wahr zu sein. Ähnlich gaga bei Apple: "Wir sind seit 2020 CO2-neutral. Und bis 2030 ist es auch jedes unserer Produkte."

Wir haben also die Umweltberichte von Apple, Google und Konsorten durchgeackert und entschlüsselt, was sie wirklich meinen, wenn sie Klimaneutralität und ähnliches versprechen. Damit Ihnen diese Mühe erspart bleibt, hier ein kleines Greenwashing-Glossar:

CO2-frei, CO2-neutral, klimaneutral, net zero: Man könnte meinen, solche Begriffe bedeuten, dass ein Unternehmen oder ein Produkt keine Treibhausgase verursacht. Weit gefehlt. Damit meint die Tech-Branche, dass sie fröhlich weiter CO2 in die Luft pustet. Hauptsache, die Emissionen werden durch den Kauf von Zertifikaten kompensiert. Das hilft beim Kampf gegen den Klimawandel allerdings wenig, denn um diesen zu stoppen, muss die Menschheit ihre Emissionen drastisch senken.

CO2-freie Energie: Nicht zu verwechseln mit erneuerbarer Energie. Google zum Beispiel zählt auch "fortschrittliche Atomenergie" zu den CO2-freien Energiequellen.

Erneuerbare Energie: Wenn Big Tech davon redet, muss man genau hinschauen. Mal ist nur der Kauf spottbilliger Zertifikate abgeschriebener Wasserkraftwerke gemeint, mal langfristige Abnahmeverträge, die zum Bau von Wind- und Solaranlagen beitragen. Doch selbst, wenn Google & Co. mit "100 Prozent erneuerbarer Energie" werben, kaufen sie noch dreckigen Strom zu. Zum Beispiel nachts und in Ländern, in denen es schlicht nicht genügend Ökostrom gibt. Manches Rechenzentrum der Tech-Riesen frisst schließlich so viel Strom wie eine deutsche Großstadt.

Wenn Sie das Greenwashing-Geschwafel nervt, werden Sie aktiv: Fordern Sie die Konzerne in den sozialen Netzen auf, ihre Emissionen zu senken. Im Jahr 2021 hat jeder der großen Fünf (Amazon, Apple, Google, Meta und Microsoft) nämlich mehr CO2 in die Atmosphäre geblasen als im Vorjahr, wie unser Artikel auf Seite 118 zeigt.

Christian Wölbert
Christian Wölbert

Christian Wölbert

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