c't 17/2022
S. 104
Test & Beratung
Mikrowechselrichter
Bild: Rudolf A. Blaha

Sonnenwandler

Mikrowechselrichter für Balkonkraftwerke: Grundlagenwissen und Marktübersicht

Der Mikrowechselrichter ist das Herz Ihres Balkonkraftwerks, er wandelt die Gleichspannung der Solarmodule in die Wechselspannung des Stromnetzes. Wir erklären die technischen Grundlagen, sortieren den Markt – und räumen mit einem Sicherheitsmythos auf.

Von Jan Mahn und Andrijan Möcker

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die sowieso schon angespannte Energiesituation in eine Krise verwandelt: die Energieversorger setzen bei neuen Stromtarifen zwischen 40 Cent und über einem Euro pro Kilowattstunde an, längere Preisgarantien sucht man vergeblich (mehr dazu ab Seite 16). Wer die Rechnung langfristig senken will, erzeugt seinen Strom selbst, etwa unkompliziert aus Sonnenenergie. Kleine Photovoltaikanlagen (PV) haben es unter dem Begriff „Balkonkraftwerke“ ins Blickfeld der breiten Masse geschafft.

Ein Balkonkraftwerk, das sind ein bis zwei Solarmodule mit je 200 bis 400 Watt Spitzenleistung (Watt Peak, Wp), die am Balkon oder auf anderen sonnenbeschienenen Flächen platziert werden. Dazu kommt ein netzgebundener Mikrowechselrichter (auch unter den Begriffen Grid-Tie-Inverter, Netzwechselrichter, Einspeisewechselrichter zu finden) mit bis zu 600 Watt Ausgangsleistung. Er ist ungefähr so groß wie sechs c’t-Ausgaben gestapelt. Er darf – etwa auf dem Balkon – auch von elektrotechnischen Laien an eine Außensteckdose angeschlossen werden und wandelt die Gleichspannung der Solarmodule in eine netzsynchrone Wechselspannung um, die die Geräte daheim ohne Umverdrahten direkt nutzen können. Einen Grundlagenartikel zu kleinen PV-Anlagen, zur rechtlichen Situation und zur Befestigung finden Sie in c’t 15/2022 [1].

Der aktuelle Ansturm auf Balkonkraftwerke hat die Lieferzeiten für Komplettsets in die Höhe getrieben. Doch Sie müssen nicht unbedingt warten, bis wieder alles aus einer Hand zu haben ist: Sowohl Wechselrichter als auch Solarmodule gibt es auch einzeln. Als Stecker kommt auf Gleichspannungsseite immer das Format MC4 zum Einsatz – sofern die elektrischen Parameter passen, kann man Wechselrichter und Module aus verschiedenen Quellen bedenkenlos miteinander kombinieren.

Während Wechselrichter für große Dachanlagen schwer und klobig sind, benötigen Mikrowechselrichter nur wenig Platz und sitzen direkt hinter dem Solarpanel. Das erleichtert Laien die Montage erheblich.
Während Wechselrichter für große Dachanlagen schwer und klobig sind, benötigen Mikrowechselrichter nur wenig Platz und sitzen direkt hinter dem Solarpanel. Das erleichtert Laien die Montage erheblich.

Sicherheit geht vor

Noch bevor Sie prüfen, ob ein Wechselrichter elektrisch kompatibel zum Solarmodul Ihrer Wahl ist, müssen Sie im Datenblatt oder im Webshop auf Konformität mit der VDE-AR-N 4105 achten. Die Anschlussregel des Elektrotechnikverbands VDE definiert seit Anfang 2019 auch, welche Voraussetzungen Wechselrichter für kleine Photovoltaikanlagen mit direktem Netzanschluss zu erfüllen haben.

Die Sicherheit ist ein großes Thema: Es muss ein Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz) eingebaut sein, der sicherstellt, dass der Wechselrichter sofort abschaltet, falls die Netzspannung ausfällt – also etwa der Stecker des Wechselrichters aus der Steckdose gezogen wird, weshalb die Anschlusskontakte frei liegen, oder der Fehlerstromschutzschalter des Stromkreises auslöst. Das schützt nicht nur Sie als Anwender, sondern auch zum Beispiel Mitarbeiter des Netzbetreibers – für die ist es überlebenswichtig, dass bei Arbeiten am zuvor abgeschalteten Netz niemand einspeist.

Angesichts leerer Webshops mag so mancher in Versuchung geraten, günstige No-Name-Wechselrichter ohne Konformitätsangabe auf Amazon, eBay, AliExpress oder sonstigen Marktplätzen zu ordern. Unser Rat: Lassen Sie das! Während man sich über den Anschlussstecker streiten kann – mehr dazu später – schützen die Anforderungen der VDE-AR-N 4105 effektiv vor potenziell tödlichen Stromunfällen.

Sparen Sie sich den Ärger, den Sie sich mit so einem Gerät unter Umständen einhandeln und warten Sie gegebenenfalls etwas länger auf einen konformen Wechselrichter. Wenn die Zeit drängt oder Sie es gar nicht abwarten können, funktionieren technisch gesehen auch größere Wechselrichter mit 700 oder 800 Watt Spitzenleistung – die darf man als Laie aber nicht ohne Elektrofachkraft beim Netzbetreiber anmelden.

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