Test: Ford Ranger Wildtrak

Seite 3: Von Nutzlast bis Sinnfrage

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Die Nutzlast ist wahrscheinlich nur selten ein Thema. Mit der offenen Pritsche ist eher das Ladevolumen ein Thema. Der Testwagen war mit dem Ladeflächen-Rollo ausgestattet. Der ist nicht ganz wasserdicht. Deshalb kann er einfrieren und ist dann nicht mehr benutzbar. Unter ihn passen Standard-Schuttwannen. Zum wirklich Stapeln musst du die Ladung verzurren. Schnell wünscht man sich bei Eile dann den geschlossenen Lieferwagen. Statt des Rollo gefiel mir also ein Pritschendach. Die sind jedoch ebenfalls häufig undicht. Ein Kollege aus den USA empfahl mir "TruXseal"-Dichtungen, die habe ich jedoch noch nicht selber ausprobieren können.

Auch die Heckklappe enthält ihre Packung Frust. Wir luden zum Test 400 kg Heu mit dem Traktor auf. Danach kehrte ich die Pritsche. Die Ritze der Heckklappe lässt sich nur schwer mit dem Besen reinigen. Wir benutzten schließlich Druckluft. Aus diesem Grund kann man Heckklappen an Pickups normalerweise aushängen. Beim Ranger geht das jedoch nicht so einfach. Die Scharniere sind verschraubt (das kleinste Problem mit vielen Zubehörlösungen). Für den Komfort baut Ford noch eine Federstange dran, die das Bediengewicht senkt (how uselessly unmanly!).

Und schließlich geht noch ein Kabel für die Rückfahrkamera rein. Diese Kamera fand ich sehr nützlich, weil hinter der Pritsche von der Kabine aus ein ganzer Roller verschwindet. Aber hätte man die für einen NFZ-Kompromiss nicht seitlich bei den Rücklichtern anbringen können, wo sowieso Kabel hinführen? Genauso: Das Heckklappen-Schloss schließt mit der Zentralverriegelung (noch ein Kabel). Beim großen F-150 lässt sich die Heckklappe einfach aushängen, bei installierter Kamera muss man unten zusätzlich einen Stecker ziehen. Ford kann es also anders. Die Ranger-Heckklappe kann sich nicht zwischen Straßenfahrer-Komfort und NFZ-Pragmatismus entscheiden.

Und wie bei der Heckklappe schaut es an allen Punkten aus. Der Ranger fährt nicht so schön wie ein Golf und hat nicht mehr trockene Ladefläche. Er transportiert nicht so schön wie ein Transit oder auch nur ein Tourneo. Er ist im deutschen Wald auf vielen Gässchen zu groß, zu schwer, zu breit. Ganz nüchtern: Fast immer wird es wesentlich besser sein und wesentlich günstiger, zwei Fahrzeuge zu kaufen, die jedes für sich ein Ding gescheit können. Familien-PKW plus ATV oder UTV oder Traktor oder Transporter oder Jimny.

Ford Ranger Raptor (8 Bilder)

Wem der Ranger zu klein und zu schmal ist: Der Raptor ist noch größer. Für Europäer zunächst schwer fassbar: Der Ranger ist der kleine Bruder des normalen (Full-Size) Pickups F-150. Den gibt es auch als Raptor, dann mit passenderem Motor.
(Bild: Clemens Gleich)

Genau deshalb ist Fords Idee, den Ranger in Europa als Raptor mit Baja-Rallye-Fahrwerk anzubieten, nicht so blöd, wie sie zunächst scheint. Ja, der Winzmotor in dem Riesending ist eine merkwürdige Kombination, die wahrscheinlich passierte, weil Ford nur noch den Vierzylinder-Diesel homologiert. Aber ein Liebhaber-Auto darf, soll, muss schrullig sein. Der Raptor fährt toll auf allen Untergründen. Man kann mit ihm ein bisschen Nutzfahrzeug spielen, in den vergleichsweise kargen Nutzlastbereichen.

Zum Gelände Spielen ist er jedoch schlicht großartig, trotz des Mini-Moulinex-Motors. Es fehlt ihm in Deutschland nur an passend großem Auslauf und (jetzt tapfer sein): Er kostet 67.400 Euro. Das geben Leute allerdings für einen Porsche Boxster S genauso aus, und den fahren sie dann auch nicht nur am Nürburgring. Vielleicht, vielleicht, vielleicht ist es also das Gesündeste, zuzugeben, dass das seltsam unnützliche Nutzfahrzeug in Wahrheit ein gutes Stück weit ein Spielzeug ist. Stop worrying. Love the Raptor. Und wenn der zu teuer ist: Im Bereich "Freude pro Euro" kann ein Wildtrak tatsächlich der bessere Raptor sein.