Test BMW F 900 R

Seite 2: Ein anderes Motorrad für andere Kunden als früher

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Der "Schaltassistent Pro" wurde bereits lobend erwähnt. Ebenso überlegenswert: Reifendruck-Kontrollsystem (190 Euro), Tempomat (290 Euro), Notrufsystem (eCall, 265 Euro), Navi-Halterung für ein besseres Navi (170 Euro) und Hauptständer (120 Euro) für die abendliche Kettenpflege. Das semiaktive Fahrwerk "Dynamic ESA" (390 Euro) funktioniert bei BMW meist recht gut. Es enthält auch einen Servo für die Federbasis-Einstellung (sonst Handrad), mit intuitiv lesbaren Preset-Symbolen für Koffer und Beifahrerbetrieb. Zweite Meinung: Axel konnte keinen Unterschied zwischen den Dämpfungs-Modi des ESA feststellen – mag an einem gefühlsarmen Hintern liegen. Auch zur F 900 R erinnere ich an BMWs kundenfreundliches Sitzbank-System: Der Kunde kann sich kostenlos die passende Sitzbankhöhe unter vier Varianten aussuchen. Einfach mal beim BMW-Freundlichen probesitzen. Für Axels Länge war auch die höchste Sitzbank noch etwas niedrig. Er schielte in Sachen Sitzergonomie in Richtung der F 900 XR, dem Tallrounder des F-Baukastens.

BMW F 900 R Details (28 Bilder)

Großer Rücklichtträger mit kleinen Spritzschutz-Flügelchen, die aussehen, als waren sie ein Nachgedanke: "Huch, da spritzt aber viel durch! Mach da mal noch was hin, Bernd!"
(Bild: Clemens Gleich)

Weder Axel noch ich können einen klaren Kauftipp für das BMW-Koffersystem (95 Euro für die Kofferträger) aussprechen. Das ist schade, denn meistens empfehle ich die Werkskoffersysteme. Sie sind schlicht stets am besten ins Fahrzeug integriert. BMWs Koffersysteme waren bisher tendenziell ganz gut durchdacht im Hinblick auf Tourer-Bedürfnisse. An der F 900 R waren die Koffer jedoch sehr fummelig zu montieren. Ob es an den Soft-Koffern lag? Letztendlich egal, so etwas gehört eigentlich nicht auf den Markt, sondern als Ticket zurück in die Produktentwicklung. Mir fällt ad hoc kein Hersteller-Koffersystem ein, das in letzter Zeit hakliger funktioniert hätte. Schwer verständlich, denn BMW war gerade hier bisher immer führend. Bei Gelegenheit probiere ich noch einmal die Hartkoffer aus.

Ob man die Modi nun fühlt oder nicht: Die Traktion des ESA-Fahrwerks ist gut. Kein Vergleich mit den unterdämpften ersten F-Modellen. BMW montierte Bridgestones Sportreifen S21. Der drehmomenterstarkte Motor, das satt liegende Fahrwerk und die sehr gut harmonierenden Reifen im harmonischen Zusammenspiel haben für mich das Konzept aufgehen lassen. Das Intuitive, Einfache des Konzepts ist geblieben. Aufsteigen, schräg fahren. Es ist keine Triumph Street Triple, aber es ist auf seine eigene Art gut. Mit dem größeren Motor, dem Ausstattungspaket, das den großen, teureren Schwestermodellen kaum nachsteht, da wurde die F-R erwachsen. Sie steht jedoch ihren ärgsten Konkurrenten mit 211 kg vollgetankt etwas pummelig gegenüber. Die KTM 790 Duke (Test) wiegt 187 kg vollgetankt, Triumphs Street Triple R (Test) 190 kg.

Letztendlich bleibt so etwas wie immer eine Frage der persönlichen Präferenzen. Die F 900 R wird ihre Kunden finden, wenn auch wohl etwas andere als die Vorgänger. Sie unterbietet die genannten Edel-Konkurrenten im Preis. Sie unterbietet im Grundpreis sogar Yamahas MT-09 (Test), die schon als Preiskracher gilt. Ob das der richtige ökonomische Schachzug ist, wird die Zeit zeigen. Ich zweifle etwas, denn BMW-Kunden kaufen sowieso nicht die Basisausstattung für den Basispreis, sondern eher so Döner-mäßig: "Einmal mit allem, bitte!" Der mühsam zusammengesparte Basispreis (achten Sie mal auf die Motorverschraubungen Yamaha vs. BMW) ist in der Praxis also irrelevant. Eine F 900 R wechselt im Schnitt für deutlich mehr Geld den Besitzer als eine MT-09. Dafür liegen wohl Dinge wie der Kofferträger wohl schon auch am Sparplan. Die F 900 R ist ein guter Allrounder, nur verliert sie etwas in den Bereichen, in denen sie bisher immer brillierte: beim Touren mit Gepäck.