Hunsrück-Volvo: Der Opel Insignia GSI im Test

Seite 2: Zum Glück hört man nur wenig vom Motor

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Aber das ist schließlich fast 40 Jahre her. Diese Zeitspanne merkt man dem aktuellen Topmotor leider nicht ausreichend an. Er wirkt in dem GSI-Trainingsanzug alles in allem zu bieder. Mit 230 PS ist der Insignia ordentlich und gediegen motorisiert, die Neungang-Wandlerautomatik macht ihre Sache dienstfertig und im besten Sinne unauffällig. Aber das ist ein ordentlich gemachter Limousinenantrieb und hat mit Sportlichkeit wenig zu tun. Nicht, dass man mehr Sportlichkeit im Insignia wollte, aber warum plakatiert man sie dann auf seine Karosserie?

Nach einem kaum merklichen Turbolöchlein zieht das Großserienmotörchen kräftig und kontinuierlich an. Drehzahlbereiche oberhalb der Nervschwelle von über 3500 Touren muss man eigentlich nie aufsuchen. Dem Charakter des Insignia GSI entspricht der Fortbewegung in einem Volvo: Souverän flott, aber ohne Hektik. So passt der Motor zum ausgeprägten Reisewagencharakter, den der Opel stimmig und durchgängig ausrollt. Mit einem Testverbrauch von 10 Litern ohne große Beschleunigungs- oder Höchstgeschwindigkeitspassagen fährt der Insignia allerdings dem Stand der Technik hinterher.

Zumal auch bei größtmöglicher Zurückhaltung und Ausnutzung aller Spritspartricks weniger als acht Liter kaum möglich sind. Opel gibt dem Insignia die Hypothek reiner Otto- und Dieselantriebe auf den Weg. Nicht einmal ein Mildhybrid ist im Angebot. Das ist nicht mehr zeitgemäß und wird den Insignia auch in Zukunft zum Nischenprodukt machen. Hinzu kommt, dass der Vierzylinder in seiner Einstiegsversion mit 170 PS in Verbindung mit der gleichen Neungangautomatik etwas weniger Spritkonsum und einen mindestens 4000 Euro niedrigeren Kaufpreis verspricht – das bessere Paket für den Insignia.

Das adaptive Fahrwerk lässt sich in drei Modi einstellen. Das stellt sich allerdings als eine nahezu überflüssige Spielerei heraus. Mit dem Grundmodus fährt sich der Insignia zwar straff, aber nicht unkomfortabel gefedert. Allenfalls kurze Unebenheiten sind zu spüren. Serpentinen fährt das Dickschiff auch im Normalprogramm angenehm locker, ohne die Rolle eines Sportwagens spielen zu können. Allenfalls auf schlechten Autobahnpassagen mit kurzen Wellen ist der komfortablere Modus "Tour" eine Erleichterung. Der Insignia schwebt so komfortabler über die Autobahn.

Den Modus "Sport" wird man nach einer kurvenreichen Strecke gern wieder verlassen, denn der Insignia ist damit schon auf einer nagelneuen Premiumlandstraße in ständiger Bewegung. Die Abstimmung der Lenkung wirkt gelungen. Man kommt mit dem Opel spielend zurecht ohne sich mehr Präzision zu wünschen. Wobei wieder gesagt werden muss, dass der Insignia GSI zwar eine flotte Gangart verträgt und zu dieser animiert, er ist und bleibt aber eine sportliche Limousine mit Betonung auf Limousine. Der serienmäßige Allradantrieb bringt die Kraft sicher und komfortabel auf die Straße. Der Insignia GSI animiert zum Reisen und man könnte ihn sich gut als angenehmen Dienstwagen für autobahnfressende Mitarbeiter vorstellen.

Insbesondere für Nachtfahrten ist der Insignia GSI mit seinem hervorragenden Matrix-Licht prädestiniert, das die Topausstattungsvariante sogar serienmäßig mitbringt.Der Wechsel zwischen Fernlicht, Abschattung und Abblendlicht geht so harmonisch ineinander über, dass man ihn schon nach kurzer Zeit nicht mehr bemerkt.

Als ich dann später in meinen alten BMW-Dreier (E46) mit Xenon-Licht stieg, kam es mir so vor, als wäre das Licht kaputt. Dieses hervorragende Licht ist im GSI wie in den meisten besseren Ausstattungslinien serienmäßig. Das Lob, das Opel dafür gebührt, muss man leider wieder einschränken. Denn der frankohessische Hersteller macht die bei PSA übliche Unsitte mit, den Bestellern der beiden preiswertesten Ausstattungslinien dieses wichtige Extra zu verweigern.

Der Insignia Grand Sport ist die Fließheckvariante und einzige Alternative zum Kombi, der ebenfalls euphemistisch als Sports Tourer bezeichnet wird. Wie erwähnt, macht der rote Fließheckopel äußerlich sehr viel her. Das bezieht sich allerdings neben der Optik auch auf die Größe. Mit fast fünf Metern Länge und zwei Metern Breite gehört der Insignia Grand Sport zu den ganz großen im Lande. Ein Skoda Superb (Test) ist deutlich kompakter. Im Parkhaus des Opel-Händlers wurde ich deshalb von hilfreichen Mitarbeitern ausgewiesen. Die Stellplätze von bundesdeutschen Parkhäusern füllt ein Insignia generell so aus, das Aussteigen für sich und andere schwierig wird. Die riesige Heckklappe birgt, wie bei anderen Fließheckvarianten, die Gefahr unsanften Kontakt mit der Betondecke des Parkhauses zu nehmen.

Während wir bei Kleinwagen wie dem Seat Mii electric (Test) oder dem Smart EQ Forfour (Test) erlebt haben oder uns Christine, der gute Geist unserer Büros, von ihrem Fiat Panda vorschwärmt, gibt es Autos, die innen größer zu sein scheinen als außen. Der Insignia war und ist dafür bekannt, den umgekehrten Weg zu gehen. Platzprobleme hat eine fünfköpfige Familie zwar nicht. Sie ist komfortabel und bequem untergebracht. Der kürzere Skoda Superb bietet jedoch deutlich mehr Luft.

Opel Insignia GSI innen (10 Bilder)

Hier fühlt man sich auf Anhieb wohl und kommt sofort zurecht: Das Cockpit des Insignia ist gut verarbeitet und verzichtet, im ganz positiven Sinne, auf jede Überraschung.
(Bild: Florian Pillau )

Blamabel wird es für den Insignia, wenn man die Heckklappe öffnet und 150 Liter Volumen im Vergleich zum Skoda fehlen. Dabei erscheint die Ladefläche im Opel durchaus groß, die nach unten gezogene Klappe erlaubt aber nur eine Ladehöhe von maximal 92 cm, die nach hinten kontinuierlich abnimmt.

Wer wirklich in jeder Hinsicht viel Auto fürs Geld haben will und in der Größenordnung von 50.000 Euro für einen Neuwagen kalkuliert, sollte sich den Insignia einmal ansehen. Etwas unterhalb dieses Rahmens ist der 230 PS starke GSI mit sehr kompletter Grundausstattung und Allradantrieb ein faires Angebot. Unser Testwagen ließ ausstattungsmäßig kaum mehr Wünsche offen und würde unverhandelt gut 55.000 Euro kosten. Mit der vernünftigeren Motorisierung bekommt man für unter 50.000 Euro einen gut ausgestatteten Insignia. Im Gegensatz zu einem Premium-Kompakten mit Komplettwohlfühlpaket könnte der Insignia eine echte Alternative sein: mehr Auto, mehr Klasse, mehr Platz, mehr Understatement.

Die beiden größten Nachteile des Insignia sind seine schwache Raumnutzung und eine veraltete Antriebspalette. Als Reiselimousine mit sehr guter Ausstattung und einem überzeugenden Komfort- und Sicherheitsniveau dürfte er jedoch von vielen unterschätzt werden. Der GSI ist dagegen nicht die vernünftigste Wahl, aber mögen kann man ihn trotzdem.