c't 5/2020
S. 64
Titel
Windows kaufen
Bild: Albert Hulm

Einkaufs-­Labyrinth

Geld sparen beim Windows-Kauf

Dass eine Windows-Lizenz Geld kostet, dürfte unstrittig sein. Wer eine kaufen will, steht aber schnell vor einem Labyrinth sehr unterschiedlicher Angebote mit einem absurden Preisspektrum. Wir zeigen sichere Pfade hindurch.

Von Axel Vahldiek

Wenn Sie als c’t-Leser für private Zwecke oder ein kleines Unternehmen Windows brauchen und uns fragen, welche Edition wir Ihnen in diesem Fall empfehlen, dann lautet die Antwort üblicherweise „Windows 10 Pro 64 Bit“ – diese Edition kann nicht nur dank 64 Bit mehr als 4 GByte Arbeitsspeicher nutzen, sondern bringt anders als Home einige Zusatzfunktionen mit wie die Laufwerksverschlüsselung BitLocker, die Desktopvirtualisierung Hyper-V, den Gruppenrichtlinieneditor, mächtigere Nutzerverwaltung und vieles mehr. Doch wenn Sie mit diesem Rat losmarschieren oder -surfen und diese Edition kaufen wollen, stellen Sie schnell fest, dass Microsoft in seinem Online-Shop satte 259 Euro dafür sehen will, während dieselbe Edition bei anderen Anbietern erheblich günstiger zu haben ist. Die Spannbreite reicht dabei von unter 5 bis hin zu rund 150 Euro. Man mag angesichts des von Microsoft aufgerufenen Preises zwar schon ahnen, dass mit einem 5-Euro-Angebot irgendwas nicht stimmen mag. Aber was ist mit den Angeboten zu höheren Preisen? Das kann doch wohl nicht alles illegal sein?

Diese Frage ist Gegenstand vieler Diskussionen, die von einem Dilemma geprägt sind: Einerseits möchte man sich keinen rechtlichen Risiken aussetzen, doch andererseits besteht das ebenso berechtigte wie verständliche Interesse, beim Windows-Kauf so wenig Geld wie möglich auszugeben. Doch wie kauft man Windows nun so, dass man auf der rechtlich sicheren Seite steht, ohne unnötig Geld zum Fenster rauszuwerfen? Dieser Beitrag gibt Tipps, wie Sie Windows sowohl neu als auch gebraucht erwerben können, aber auch dazu, bei welchen Angeboten die Warnlampen angehen sollten – viele der Tipps gelten auch für den Kauf von anderer Software. Welche Vertriebskanäle Microsoft selbst autorisiert, beleuchtet der nachfolgende Beitrag, und in einem dritten Artikel wirft ein Jurist einen gründlichen rechtlichen Blick auf Gebrauchtsoftware.

Auf Nummer sicher

Ein möglicher Weg durch das Labyrinth besteht daran, sich an die von Microsoft autorisierten Vertriebskanäle zu halten. Das ist zwar deutlich teurer als der Einkauf beim dubiosen Ebay-Hökerer, doch im Vergleich zum Microsoft-Store lässt sich dennoch viel Geld sparen. Vorinstalliert auf einem neuen PC ist eine Windows-­Lizenz gefühlt gratis, weil sich die Kosten im Gesamtpreis verstecken. Da Microsoft satte Rabatte einräumt und die PC-Hersteller die an ihre Kunden weitergeben, können Sie so bei Windows 10 Pro als System-Builder-Lizenz über 100 Euro gegenüber dem Kauf im Microsoft-Store sparen. Die Details zu diesen und weiteren Vertriebskanälen dröselt der nachfolgende Beitrag in dieser Ausgabe auf.

Wer Windows 10 dermaßen billig kauft, bekommt, was er bezahlt: vielleicht eine ­zumindest vorerst gelingende Aktivierung, aber wohl kein echtes Nutzungsrecht.

Da sich Software durch Gebrauch nicht abnutzt, liegt es nahe, durch den Erwerb gebrauchter Exemplare noch mehr zu sparen. Anderslautenden Gerüchten zum Trotz ist der Kauf und Verkauf gebrauchter Software hierzulande sehr wohl erlaubt, und das gilt auch für Windows. Die weitverbreitete Meinung, dass Microsoft das verbiete oder zumindest gern ­verbieten würde, stimmt ebenfalls nicht: ­Der Konzern verdient sogar selbst mit am ­Handel mit gebrauchtem Windows (siehe ebenfalls nachfolgenden Beitrag).

„Gebrauchtes" Windows kann man auch hierzulande mit dem Segen Microsofts bekommen: Vorinstalliert auf aufbereiteten Gebraucht-PCs, erhältlich bei autorisierten Partnern.

Sie dürfen beispielsweise einen gebrauchten Komplett-PC mit vorinstalliertem Windows erwerben und bekommen auf diese Weise eine Lizenz, die vorher jemand anderem gehörte. Auch einzeln kann man Windows ganz legal gebraucht kaufen: Eine System-Builder-Lizenz lässt sich gebraucht handeln, sofern nur sichergestellt ist, dass der Verkäufer keine Kopie zurückbehält. Das gilt auch für alle Windows-­Lizenzen, die ursprünglich mal in bunten Original-Microsoft-Kartons im Laden standen. Hier können Sie mitunter noch mehr Geld sparen: Da das Gratis-Upgrade von Windows 7, 8 und 8.1 auf Windows 10 weiterhin funktioniert (siehe Kasten im nachfolgenden Beitrag), brauchen Sie nur ein Exemplar der Vorgängerversion zu erwerben und können dieses auf ­Windows 10 aktualisieren. Vielleicht können Sie so einen Oldie bei einem Freund oder Verwandten abstauben, bei dem er sonst ungenutzt in der Schublade verstaubt.

Billigheimer

Schwierig zu beurteilen sind besonders günstige Angebote. Vor allem Online-Shops und Händler auf den Marktplätzen von Ebay, Amazon & Co. bieten immer mal wieder auffallend billig Windows an. Manche von diesen Anbietern sind schon nach wenigen Tagen wieder verschwunden, und das allein reicht eigentlich schon aus, um sich darüber klar zu werden, dass hier wohl nicht alles mit rechten Dingen zuging.

Bei seriöser anmutenden Anbietern wird es aber schwer: Ist der wirklich in Ordnung oder versucht er bloß, seine Kundschaft mit wohlfeilen Worten über den Tisch zu ziehen? Wer jetzt auf eine c’t-Aussage hofft wie „Anbieter X ist in Ordnung, kauf’ da ruhig“; den müssen wir enttäuschen. Bei keinem können wir garantieren, dass er ausschließlich „saubere“ Lizenzen verkauft. Zudem könnte sich das jederzeit wieder ändern, etwa nach dem Wechsel des Geschäftsführers oder -modells. Was Ihnen daher nur bleibt, ist anhand einiger Indizien selbst zu urteilen, ob ein Anbieter vertrauenswürdig ist, beziehungsweise, genauer, ob er es nicht ist. Nachfolgend haben wir einige Punkte versammelt, die darauf hinweisen, doch vorab in aller Deutlichkeit der Hinweis: Wenn die Indizien allesamt nicht zutreffen, muss das nicht unbedingt bedeuten, dass der Anbieter vertrauenswürdig ist, genauso wie es umgekehrt nicht heißen muss, dass er es nicht ist. Letztlich können nur Sie selbst entscheiden, und unsere Empfehlung dazu: Sobald Sie auch nur irgendwie unsicher sind, ob ein Anbieter vertrauenswürdig ist, dann wählen Sie einen anderen. Es gibt ja genug.

Marktschreier

Misstrauisch sollten Sie vor allem bei jenen Anbietern werden, die mit Hinweisen werben, die sich bei näherem Hinsehen als Nullaussagen, Selbstverständlichkeiten oder leere Versprechen entpuppen. Ein Beispiel für letzteres ist das Versprechen, dass man nur Installationsschlüssel liefere, mit denen das Aktivieren von Windows nach dem Kauf „garantiert“ klappen würde: Das Aktivieren erledigen Microsofts Server, und auf die hat kein Händler Einfluss.

Diese Windows-Installation ist aktiviert. Was das über die Gültigkeit der Lizenz ­aussagt? Leider gar nichts.

Ohnehin sagen der Installationsschlüssel oder das erfolgreiche Aktivieren nichts darüber aus, ob eine Lizenz gültig ist. Andersherum gilt aber: Wenn Sie Windows mit einem gebraucht erworbenen Schlüssel installieren und das Aktivieren scheitert, ist das ein recht deutliches Anzeichen dafür, dass hier wohl was mit der Lizenz nicht stimmt. Denn die Aktivierungsserver arbeiten mit Toleranzschwellen. Innerhalb dieser aktivieren sie, obwohl die Windows-Lizenz dann womöglich häufiger genutzt wird als erlaubt. „Aktivierung auf Vertrauensbasis“ nennt Microsoft das. Wer Windows in kurzer Zeit häufiger mal neuinstalliert, profitiert von dieser Toleranz. Das kann in ganz legitimen Szenarien vorkommen. Ein simples Beispiel ist der Fall, dass Sie Ihren alten PC gegen einen neuen tauschen. Sie löschen Windows vom alten PC, installieren mit dem alten Schlüssel auf dem neuen und aktivieren. Wenn Sie dann nach einer Woche merken, dass das neue Gerät eine Macke hat und es umtauschen, können Sie das Löschen und Neuinstallieren erneut durchspielen, und auch schon wieder neu aktivieren – dank Toleranz klappt es. c’t hat vor kurzem in [1] die unterschiedlichen Aktivierungsmethoden ausführlich vorgestellt und über die jeweiligen technischen Auswirkungen für Schnäppchenjäger berichtet.

Wenn ein Anbieter damit wirbt, bei Problemen mit dem gekauften Installationsschlüssel Ersatz zu liefern, ist ebenfalls Misstrauen angebracht. Denn als Ihr Vertragspartner ist er ohnehin der Ansprechpartner bei Problemen mit der gelieferten Ware, und das gilt auch, wenn das Aktivieren nicht klappt. In diesem Fall muss er entweder Ersatz liefern (sprich einen funktionierenden Schlüssel) oder aber den Kaufpreis erstatten. Warum aber sollte der Händler besonders darauf hinweisen, dass es Probleme mit seinen Schlüsseln geben könnte? Abgesehen davon muss man sich bei einem solchen Händler darauf verlassen, dass er nicht irgendwann pleite geht, sich auf andere Geschäftsmodelle zurückzieht oder schlicht keine gültigen Schlüssel mehr liefern kann.

Original!

Wird mit „Original“-Software geworben, kann zweierlei gemeint sein: Erstens der Installationsschlüssel und zweitens der Installationsdatensatz (also die Dateien, die Sie zum Installieren von Windows brauchen). Wenn der Schlüssel gemeint ist, muss man die Aussage als sinnlos einstufen, denn nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es überhaupt keine gefälschten Windows-Schlüssel. Key-Generatoren, die funktionierende Schlüssel ausspuckten, wurden das letzte Mal zu Windows-XP-Zeiten gesehen – vor der Veröffentlichung des Service Pack 1. Für modernere Windows-Versionen existieren nur noch Schlüssel, die von Microsoft selbst oder autorisierten Partnern erzeugt wurden, also allesamt als Originale einzustufen sind. Das eigentliche Problem sind also keine Fälschungen, sondern dass Originalschlüssel entweder häufiger im Einsatz sind als erlaubt oder schlicht geklaut wurden.

Was den Installationsdatensatz betrifft: Hier spielt rein, dass Microsoft diesbezüglich immer wieder Panik verbreitet. Wer Software aus unseriösen Quellen beziehe, begebe sich in die Gefahr, sich zusammen mit der Software auch Viren, Trojaner und anderes Ungemach einzuhandeln. Viele Händler von Gebrauchtsoftware verweisen ihre Kunden deshalb im Fall von Windows zum Download des Installationsdatensatzes auf das Media Creation Tool (MCT). Das ist ein Programm, welches Microsoft selbst zum freien Download bereitstellt (microsoft.com/software-download/windows10, auf der Seite auf den Knopf „Tool jetzt herunterladen“ klicken). Es lädt alles direkt von Microsofts Servern herunter, was zum Installieren von Windows 10 Home, Pro und verwandter Editionen nötig ist (aber nicht Enterprise). Der Kunde erhält auf diesem Weg also den gleichen Originaldatensatz, den er bei einem Kauf direkt bei Microsoft auch bekommt. Nur sagt das nichts darüber aus, ob die bei diesem Händler erworbene Windows-Lizenz auch gültig ist.

Anders sieht es aus, wenn der Anbieter bezüglich des Installationsdatensatzes mit einem „sicheren Download von unserem Server“ wirbt. Das soll Sie in Sicherheit wiegen, wirft aber vor allem Fragen auf. Denn so eine Kopie auf dem Server des Anbieters stellt eine Vervielfältigung der Software dar, und jeder Download davon ist eine weitere. Und vervielfältigen darf man Software nur dann, wenn man vom Urheber das Recht dazu eingeräumt bekommt, hier also von Microsoft. Üblicherweise erlaubt der Konzern das aber nur ausgewählten Partnerunternehmen, und Software zum Geiz-ist-geil-Preis ist bei denen nicht zu finden.

Pseudoschutz

Dass es beim Kauf billiger Windows-Lizenzen rechtliche Unsicherheiten gibt, ist auch vielen Anbietern klar. Zur Beruhigung werben manche Anbieter damit, die Kunden durch „schriftliche Haftungsfreistellung“ von „allen Kosten“ freizustellen. Das ist Humbug. Sofern es nur um den Kaufpreis geht, ist der Händler als Vertragspartner ohnehin in der Pflicht. Doch bei Lizenzverstößen können weitere Kosten entstehen, und zwar vor allem für Unternehmen. Denn ein Käufer ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, dass die von ihm eingesetzte Software korrekt lizenziert ist. Je nach Umfang etwaiger Lizenzverstöße können sogar strafrechtliche Folgen drohen (siehe Beitrag auf Seite 72 in dieser Ausgabe). Die Folgekosten von Hausdurchsuchungen, bei denen womöglich sogar die Hardware beschlagnahmt wird, auf denen Software installiert ist, können recht hoch werden. Man braucht sich nur vorzustellen, dass das Unternehmen daraufhin nur noch eingeschränkt arbeitsfähig ist, deshalb seinerseits Verträge mit Dritten nicht mehr einhalten kann und womöglich sogar Konventionalstrafen zu fürchten hat. All diese Kosten wird ein Anbieter billiger Windows-Lizenzen kaum übernehmen. Und was etwa Geldstrafen betrifft: Die kann Ihnen der Anbieter schon von Gesetzes wegen gar nicht abnehmen.

Auch der allseits beliebte Hinweis auf den „Erschöpfungsgrundsatz“ hilft Ihnen nicht weiter. Es ist zwar durchaus korrekt, dass Microsoft nach dem erstmaligen Verkauf nicht mehr frei bestimmen kann, was man mit einem erworbenen Windows-Exemplar tun darf, doch das bedeutet keineswegs, dass Microsoft damit gleich alle Rechte daran verliert. Zum Verdeutlichen ein simples Beispiel: Sie dürfen mit Ihrer Samstagszeitung durchaus Despektierliches veranstalten, etwas das Katzenklo auslegen, ohne dass der Verleger etwas dagegen tun könnte – doch das bedeutet keineswegs, dass Sie die Ausgabe vervielfältigen und die Kopien weiterverkaufen dürfen. Wer garantiert aber, dass ein Anbieter einer günstigen Windows-Lizenz nicht genau das gerade macht?

Der durchaus korrekte Hinweis darauf, dass man Software gebraucht weiterverkaufen darf, ist letztlich ebenfalls nutzlos. Denn in einer größeren Anzahl von Fällen besteht das Problem nicht etwa darin, dass die Software gebraucht ist, sondern an ganz anderer Stelle, etwa wenn die Lizenz auf mehr PCs zum Einsatz kommt als erlaubt ist, oder weil sie nicht für den europäischen Wirtschaftsraum bestimmt ist. Zudem kann der Urheber Einschränkungen festlegen, die auch beim Weiterkauf gültig bleiben. Die bei Visual-Studio-Abonnements (ehemals MSDN) gelieferten Windows-Lizenzen etwa dürfen fast ausschließlich für Tests und Entwicklung zum Einsatz kommen. ­Upgrade-Lizenzen setzen grundsätzlich eine weitere, zum Upgrade berechtigende Lizenz voraus – fehlt diese, ist die Up­grade-Lizenz nutzlos. Details dazu finden Sie im nachfolgenden Artikel.

Risiko! Risiko?

Haben Sie einen Anbieter gefunden, bei dem all die genannten Warnhinweise nicht zutreffen, können Sie im Prinzip zugreifen, sollten sich aber dennoch darüber im Klaren sein, dass abseits der von Microsoft abgesegneten Vertriebskanäle ärgerlicherweise stets eine gewisse Unsicherheit bleibt. Was das für Sie bedeutet, hängt vor allem davon ab, wie viele Windows-Lizenzen Sie erwerben. Wenn es nur um eine geht, kann die Quelle noch so dubios sein und doch wird der Kauf gemäß des alten Prinzips „Wo kein Kläger, da kein Richter“ vermutlich folgenlos bleiben. Doch in aller Deutlichkeit: Wer so handelt, macht das auf eigenes Risiko!

Mit steigender Zahl der erworbenen Software steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass man für fehlende Lizenzen geradestehen muss, inklusive strafrechtlicher Konsequenzen. Gerade Unternehmen sollten also sicherstellen, dass sie nicht auf dubiose Händler reinfallen. Wie Sie die erkennen, wissen Sie ja nun. (axv@ct.de)

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