c't 16/2020
S. 52
Titel
Multigigabit-Ethernet

LAN extraflott

Multigigabit-Ethernet für mehr Netzwerkdurchsatz

Gehen Sie bei jedem Zwischenspeichern des Video-Edits auf den Server noch einen Kaffee holen? Schonen Sie Magen und Geduld mit Multigigabit-Ethernet: Neue Hardware verkürzt die Wartezeit auf ein Fünftel oder weniger.

Von Ernst Ahlers

Wer ständig richtig große Dateien wie Videos, Backups oder VM-Images auf ein zentrales Lager kopiert oder von dort holt, der muss in den meisten Netzwerkinstallationen viel Geduld aufbringen: Das etablierte Gigabit-Ethernet über Twisted-Pair-Kupferkabel kutschiert Daten bestenfalls mit gemächlichen 115 MByte/s durchs LAN. Moderne Massenspeicher arbeiten weit schneller: SATA-SSDs kommen auf über 500 MByte/s, manche NVMe-SSDs übertreffen gar 3000 MByte/s Datenrate. Die Nutzer warten dann auf das Netz statt umgekehrt. Dagegen lässt sich etwas unternehmen.

In Rechenzentren sind schon wesentlich schnellere Ethernet-Verbindungen gebräuchlich, auf Kupfer- wie auch auf Optikbasis, die bei der Verbindung zwischen Switches und Servern in 19-Zoll-Gestellen 25, 40, 100 GBit/s und mehr erreichen. Dafür benötigt man aber spezielle Leitungen.

Doch auch auf der gängigen Arbeitsplatzverkabelung ist seit einigen Jahren viel mehr Durchsatz möglich, als Gigabit-Ethernet liefert: Schon 2006 kam 10GBase-T auf, das auf CAT-6a-Leitungen 10.000 MBit/s über die maximale Ethernet-Strecke von 100 Metern transportiert. Bei reduzierter Leitungslänge funktioniert 10GBase-T sogar auf nicht mehr zeitgemäßen CAT-5e-Kabeln. Weil geeignete Adapter und Switches anfangs sehr teuer waren, hat sich 10GBase-T wenig verbreitet.

So führte der Bausteinentwickler Aquantia, seit Herbst 2019 zum Chip-­Riesen Marvell gehörend, 2014 die selbst entworfene NBase-T-Technik ein: Sie ­definiert Übertragungsmethoden auf dem Kabel, die zusätzlich zu 1 und 10 GBit/s die Zwischenstufen 2,5 und 5 GBit/s transportieren können. Damit lässt sich auch eine alte, CAT-5e-konforme Verkabelung über die volle Länge deutlich beschleunigen, und oft funktioniert darüber auch ein 10-GBit/s-Link.

Das Schöne daran: Die Geräte handeln die maximale Datenrate automatisch aus. Wenn 10 GBit/s über eine Leitung nicht stabil laufen, gibt es mit 5 GBit/s ­immerhin das Fünffache gegenüber dem alten Gigabit-Ethernet.

Das nützt nicht nur beim Dateitransfer, sondern auch in WLAN-Installationen nach dem aufkommenden Wi-Fi-6-Standard: Dort kann die Summendatenrate mehrerer, aus einer Basis aufgespannter Funkzellen über das Gigabit-Ethernet-­Limit von 1000 MBit/s klettern.

Multigigabit-Ethernet ist dank Standardisierung (IEEE 802.3bz) produktübergreifend kompatibel. Sowohl die Bausteine als auch Adapter und Switches werden von mehreren Herstellern angeboten (siehe Seite 56), was die Preise sinken lässt. So können sich jetzt auch Selbstständige oder kleine Firmen schnelleres Ethernet für mehr Wumms im Netzwerk leisten, ganz ohne lästigen und teuren Kabeltausch.

Reale Geschwindigkeiten

Wir loteten mit iperf3 auf zwei unter Linux laufenden Hosts aus, welche Nettodatenrate sich bei den verschiedenen Geschwindigkeitsstufen mit TCP-Datenübertragungen einstellt. Das ergibt eine Näherung für die mit HTTP- und FTP-Downloads oder über Windows-Freigaben zu erwartenden Durchsätze.

Als PC diente ein Rechner mit einem schon etwas älteren Core-i3-6300-Prozessor, dem wir eine NBase-T-Karte Asus XG-C100C implantierten. Ein gleichermaßen nicht mehr taufrisches Xeon-E3-1240-­System mit Onboard-NBase-T-Schnittstelle (Intel X550T) fungierte als Server. Beide Hosts waren über einen NBase-T-Switch Zyxel XS1930-10 verbunden. Dort stellten wir für die Messungen die Linkrate zum PC direkt am Port fest ein.

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