c't 1/2020
S. 146
Wissen
Radar-Sensor

Fingerfertig

Der Gesten-Sensor im Google Pixel 4 vereint Radar und KI

Google bestückt das hauseigene Smartphone-Spitzenmodell mit einem innovativen „Motion Sense“-Sensor für berührungslose Bedienung mit (Finger-)Gesten. Dazu wurde jahrelang an Radartechnik, KI-Algorithmen und Ergonomie gefeilt – auch in Deutschland.

Smartphones sind mit Sensoren gespickt: Außer Mikrofonen, Kameras und Touchscreen gibt es auch welche für Magnetfelder und Fingerabdrücke. Erstmals baut Google nun in sein neues High-End-Smartphone Pixel 4 einen „Motion Sense“-Chip ein, der Fingergesten erkennt. Damit bedient man das Pixel 4 berührungslos und sogar durch dünne Schichten hindurch, etwa wenn es in der Hemdtasche steckt.

Googles Entwicklungsabteilung ATAP hat Motion Sense mehrere Jahre lang unter dem Namen Project Soli entwickelt, auch in Kooperation mit Radar-Experten von Infineon. Denn der Sensor nutzt die seit mehr als 80 Jahren bekannte Funktechnik namens Radio Detection and Ranging, kurz Radar. Der Abstand zwischen der Antenne und einem Objekt lässt sich etwa ermitteln, indem man die Laufzeit der vom Objekt reflektierten Funkwellen misst. Die Größe des Objekts wirkt sich wiederum auf die Stärke des reflektierten Signals aus. Bewegt sich das Objekt, gibt es Frequenzverschiebungen, die als Dopplereffekt bekannt sind. Nutzt Radar mehrere Antennen, lässt sich durch Phasendifferenzen zwischen den empfangenen Signalen auch der Winkel zwischen Antennen und Objekt einschätzen.

Der Motion-Sense-Chip muss folglich Funkwellen erzeugen und abstrahlen, er empfängt die reflektierten Signale und digitalisiert sie anschließend. Um kleine Objekte – nämlich Finger – gut zu erkennen, kommen sehr hohe Frequenzen zum Einsatz, deren Wellenlänge im Bereich weniger Millimeter liegt. Motion Sense moduliert das Funksignal und verändert die Frequenz kontinuierlich, was Genauigkeit und Empfindlichkeit verbessert. Drei separate Empfangsantennen ermöglichen es, durch Phasenversatz den Winkel der reflektierten Strahlen zu bestimmen. Inklusive einer Sendeantenne sind vier winzige Antennen im nur 5 mm × 6,5 mm großen Chip integriert, der im Pixel 4 neben der Frontkamera und dem Lautsprecher sitzt. In dieser Position erfasst Motion Sense Objekte vor dem Smartphone-Bildschirm in einem großen Winkelbereich. Anders als bei Touch-Bedienung muss man bei Fingergesten also nicht so genau zielen.