c't 5/2019
S. 76
Kaufberatung
High-End-Smartphones: Trends
Aufmacherbild

Biegen ohne brechen

Wie sich Smartphones 2019 verändern werden

Flexible Displays, 5G und künstliche Intelligenz: Zukünftige Smartphones sollen endlich wieder echte Innovationen bieten. Die diesjährige Generation kommt dagegen vergleichsweise langweilig daher.

Bei den Smartphones steht dieses Jahr die wahrscheinlich größte Design-Evolution seit dem kapazitiven Touchscreen an: Endlich sind biegsame Displays marktreif. Es gibt sogar schon die ersten Geräte mit der Technik zu kaufen.

Am weitesten in der Entwicklung scheint die Firma Royole. Nie gehört? Wir auch nicht, bevor wir deren erstes marktreifes biegsames Smartphone FlexPai auf der CES in die Hand nehmen konnten. Doch auch die populäreren Hersteller stehen mit solchen Geräten in den Startlöchern. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden viele von ihnen ihre flexiblen Smartphones zur Mobilfunkmesse MWC enthüllen. Ganz vorne mit dabei sein wird voraussichtlich Samsung mit seiner Infinity Flex Display genannten Technik. Doch auch Konkurrenten wie Xiaomi haben konkrete Produkte angekündigt.

Abgesehen davon, dass die neuen Displays unheimlich schick und ungewohnt aussehen und neue Smartphone-Bauformen zulassen, haben sie auch noch einen praktischen Nutzen. Denn sie stellen ähnlich viel Bildschirmfläche zur Verfügung wie deutlich sperrigere Tablets, sind zusammengeklappt aber nicht viel größer als heutige Smartphones.

Vorerst werden die faltbaren Smartphones aber noch ein Nischendasein führen – einfach deshalb, weil die futuristische Produktkategorie teuer ist. So kostet das FlexPai mit 256 GByte Flash-Speicher in Royoles Webshop sage und schreibe 1539 Euro.

Auch auf Seiten der Netzbetreiber steht eine große Entwicklung an: Der LTE-Nachfolger 5G steht vor der Tür. Und noch keines der aktuellen Smartphone-Modelle ist darauf vorbereitet. Der Mobilfunkstandard verspricht bis zu 100-fach höhere Download-Geschwindigkeiten als im LTE-Netz und minimale Signallaufzeiten.

Vor allem Letzteres eröffnet neue Möglichkeiten im Bereich Cloud-Gaming oder Cloud-Computing – also die Auslagerung der Rechenkapazität auf Server. Doch bis unsere Smartphones hierzulande im 5G-Netz mit all seinen Vorteilen surfen, ist es noch ein weiter Weg. Zwar könnten die ersten Telefone dieses Jahr zu kaufen sein, doch wird es noch dauern, bis die Provider Verträge mit erschwinglichen Konditionen anbieten. Da greift man lieber zu einem aktuellen High-End-Modell mit LTE Cat15 oder höher und schöpft zumindest die Maximalgeschwindigkeit der hiesigen LTE-Netze aus.

Intelligente Assistenten

KI, KI, KI … hört man die Werbeslogans der Smartphone-Hersteller, fragt man sich, wie das derzeitige Smartphone überhaupt noch ohne künstliche Intelligenz funktionieren kann. Firmen wie LG, Huawei und Samsung preisen kaum ein Feature so stark an wie die KI, die angeblich in ihren Geräten steckt. LG lässt die eigenen Technik ThinQ sogar in die Modellnamen einfließen, wie zum Beispiel beim G7 ThinQ.

Für über 1500 Euro kann man bei Royole ein Stück Zukunft kaufen. Erschwingliche Preise für faltbare Smartphones darf man in diesem Jahr aber nicht erwarten.

Wird man also technisch abgehängt, wenn man sich ein aktuelles, noch weniger intelligentes Telefon zulegt? Dazu muss man die Funktionen näher anschauen, die angeblich so sehr von der KI profitieren. Nach aktuellem Stand handelt es sich größtenteils um einfache Automatisierungen wie beispielsweise eine Voraussage, welche App der Nutzer als Nächstes öffnen möchte. Etwas weiter gehen die KI-Funktionen der Kameras. So erkennt beispielsweise Huaweis Knipse immer mehr Objekte und Szenen von selbst und passt die Einstellungen an, um beispielsweise Porträtaufnahmen mit einem passenden Bokeh zu versehen, den Sonnenaufgang mit einer Langzeitbelichtung in prächtigen Farben erstrahlen zu lassen oder die Auslösezeit herabzusetzen, weil die Hauskatze sonst wieder aus dem Arrangement huscht.

Mit echter, autonom lernender Intelligenz hat das wenig zu tun und das wird sich in der kommenden Gerätegeneration auch noch nicht grundlegend ändern. Außerdem besteht bei den aktuellen High-End-Modellen eine gute Chance, dass sie neue Funktionen per Software nachgeliefert bekommen.

Kamera

Die Chance auf spätere Verbesserungen per Update besteht auch bei den Kameras. Sie haben in den letzten Jahren qualitativ spürbar zugelegt und schießen beispielsweise deutlich bessere Fotos bei Dunkelheit. Dabei haben sich Chips und Optiken nur in überschaubarem Maß weiterentwickelt. Der Großteil der Fortschritte ist der kontinuierlich verbesserten Software zuzuschreiben. Das sieht man unter anderem daran, dass in einem Großteil der Geräte die gleichen Sony-Sensoren eingebaut sind und man dennoch deutliche Unterschiede bei den Bildern erkennen kann. Einzig bei der Brennweite wünscht man sich mehr Auswahl. (hcz@ct.de)