c't 5/2019
S. 18
News
US-Handelskrieg gegen China

DRAM-Krimi

US-Behörden blockieren Betrieb einer Speicher-Chipfabrik in China

Die USA kämpfen im Handelskrieg gegen China mit harten Bandagen. Der Vorwurf der Wirtschaftsspionage gegen einen DRAM-Hersteller könnte auch bei uns die Speicherpreise in die Höhe treiben.

Die USA werfen dem chinesischen DRAM-Hersteller Fujian Jinhua Industriespionage vor. Bild: Fujian Jinhua Integrated Circuit

Exportverbote der USA stoppen den Betrieb der nagelneuen, mehr als 5 Milliarden US-Dollar teuren DRAM-Fabrik Fujian Jinhua Integrated Circuit (JICC) in China. Sie ist Teil der Anstrengungen Chinas, die Abhängigkeit von Importen zu verringern. Dazu gehört nicht nur die Entwicklung eigener Prozessoren wie der ShenWei-Chips für den Top-10-Supercomputer Sunway TaihuLight, sondern auch der Aufbau lokaler Halbleiterfabriken. Außer in JICC steckt die Regierung auch viel Geld in die Mobilspeicher-Fab Innotron sowie in den NAND-Flash-Fertiger Yangtze Memory Technologies (YMTC, siehe c’t 18/2018, S. 16).

Doch im Herbst 2018 warf das Justizministerium der USA drei JICC-Managern Industriespionage vor. Zuvor hatte 2017 der US-Chiphersteller Micron gegen JICC geklagt. Die Vorwürfe des Ministeriums haben allerdings ein anderes Kaliber. Sie wurden nicht nur vom damaligen Justizminister Jeff Sessions vorgetragen, sondern auch von John Demers aus der National Security Division und von FBI-Direktor Christopher Wray. Sie sehen die nationale Sicherheit der USA in Gefahr, weil sich chinesische Staatsfirmen mit Dritten verschwören, um den technischen Vorsprung amerikanischer Unternehmen zu untergraben. Deshalb hat das US-Handelsministerium alle Exporte an JICC verboten.

Ohne Rohmaterialen aus den USA kann JICC nicht produzieren. Spätestens ab März wird JICC stillstehen, meldet die Financial Times. Bereits im vergangenen Oktober berichtete Bloomberg, dass Teile des großen JICC-Firmengeländes in Jinjiang in der Küstenprovinz Fujian verlassen wirkten.

Das chinesische Handelsministerium entgegnet den US-Behörden, sie trügen zu stark auf („… overgeneralize the concept of national security“). Die schweren Vorwürfe treffen auch den nach TSMC und Globalfoundries weltweit drittgrößten Auftragsfertiger für Halbleiterbauelemente, die United Microelectronics Corporation (UMC) aus Taiwan. Denn UMC verkaufte das zur DRAM-Fertigung nötige Know-how sowie einige Produktionsmaschinen an JICC und schickte den erfahrenen Manager Stephen Chen. Er wurde Chef von JICC nach einer kurzen Zwischenstation bei UMC. Zuvor leitete er Micron Memory Taiwan, die taiwanische Fertigungssparte von Micron. Nach Ansicht der US-Behörden haben Chen und zwei weitere ehemalige Micron-Taiwan-Mitarbeiter das DRAM-Wissen jedoch schlichtweg gestohlen.

Auf die Micron-Klage in den USA reagierte UMC 2018 mit einer Gegenklage in China. Bestimmte Produkte der Micron-Tochter Crucial dürfen in China nicht mehr verkauft werden, weil sie UMC-Schutzrechte verletzen. UMC entwickelt nach eigenen Angaben schon seit 1996 DRAM-Technik. Micron hingegen habe das strittige Know-how erst 2012 mit der Übernahme der seinerzeit insolventen japanischen Firma Elpida erworben. Deren DRAM-Technik kam bei der taiwanischen Elpida-Fertigungssparte Rexchip zum Einsatz, aus der später Micron Memory Taiwan wurde – unter der Leitung des ehemaligen Rexchip-Chefs Stephen Chen.

Chen kooperierte schon vor zehn Jahren mit UMC. Denn durch die Rezession 2008 gerieten mehrere taiwanische DRAM-Hersteller in wirtschaftliche Schieflage, außer Rexchip etwa noch Inotera, Powerchip und ProMOS. Die taiwanische Regierung wollte diese Firmen mit Subventionen retten und zum Konglomerat „Taiwan Memory Company“ (TMC) verschmelzen. Daran sollte sich auch UMC beteiligen, als TMC-Chef war Stephen Chen vorgesehen.

Druck auf UMC

Nach der Intervention der US-Behörden verkündete UMC Ende 2018, alle Aktivitäten für JICC zu stoppen. Bereits an JICC verkaufte Maschinen werden nicht von Taiwan nach China ausgeliefert, wie UMC bei der Präsentation des Jahresberichts für 2018 am 29. Januar betonte. UMC versucht anscheinend, möglichst ungeschoren aus der Sache herauszukommen: Das Unternehmen UMC ist auf Kunden aus aller Welt angewiesen, auch aus den USA.

Es ist denkbar, dass auch die taiwanische Regierung Druck auf UMC ausübt: Die USA sind die Schutzmacht Taiwans, das nur 100 Kilometer vor dem chinesischen Festland liegt. Aus dieser Perspektive mag es wiederum kein Zufall sein, dass der chinesische Präsident Xi Jinping ausgerechnet jetzt Drohungen gegen Taiwan ausspricht. Der Handelskrieg der USA, zu dem auch harte Maßnahmen gegen andere chinesische IT-Firmen wie Huawei (siehe S. 16) und ZTE gehören, sorgt für große Unsicherheit. Außer zu politischen Konflikten könnte das auch zu Lieferengpässen und Preisschwankungen führen. (ciw@ct.de)