c't 6/2018
S. 72
Kaufberatung
Gebrauchtkauf: Tablets
Aufmacherbild

Jung, flach, zweite Hand

Gebrauchte Tablets mit Android, iOS und Windows

Bei neuen Tablets steht man oft nur vor der Wahl: billiger Alltagshobel oder sauteurer Edelschlitten. Wer stattdessen gebraucht kauft, bekommt für wenig Geld nicht nur ausreichend Power, sondern mit schicken Displays und edlen Gehäusen auch einen Hauch von Luxus. Die folgenden Tipps verhindern, dass sich das erhoffte Schnäppchen als Reinfall herausstellt.

Die meisten Tablets laufen, anders als Smartphones, wohl selten täglich und schon gar nicht im Dauereinsatz. Gerade wenn sie als Zweitgerät zum Surfen neben der Couch liegen oder zum Netflix-Schauen abends im Bett dienen, lohnt die Investition in neue, teure Spitzenmodelle kaum. Auch als Spielgerät für den Nachwuchs muss es kein brandneues iPad oder Galaxy Tab sein.

Bevor man sich nun einen Billigheimer mit miesem Display und lahmem Prozessor anlacht, lohnt ein Blick auf den Gebrauchtmarkt. Denn die Entwicklung der Consumer-Tablets geht nur schleppend voran, sodass selbst einige Jahre alte Geräte in Sachen Performance und Ausstattung immer noch gut mithalten.

Der Gebrauchtkauf lohnt fast nur bei ehemaligen High-End-Tablets. Denn zum einen ist der Tablet-Markt im mittleren und unteren Preissegment so gut bestückt, dass man beim Gebrauchtkauf vergleichsweise wenig sparen kann. Zum anderen veralten billige Tablets schneller, die Ausstattung ist bald nicht mehr zeitgemäß und Verschleißteile wie Akkus sind früher am Ende.

Der optimalen Zeitpunkt für den Kauf aus zweiter Hand ist nach zwei bis drei Jahren erreicht, dann ist das Angebot bei eBay & Co. gut gefüllt und die Geräte sind potenziell noch ordentlich in Schuss. Investieren muss man dann zwar gut 200 Euro, um einen gepflegten Edel-Gebrauchten zu ergattern. Doch das ist nur noch ein Drittel des Neupreises.

Android, iOS, Windows?

Vor dem Kauf gilt es, die Betriebssystemfrage zu stellen. Denn das entscheidet nicht nur über das ideale Einsatzgebiet, sondern mitunter auch darüber, ob man Updates bekommt und ob überhaupt noch neue Apps laufen. Für Touch-Apps, Spiele und Medien bleiben die Tablets mit Android und die iPads mit iOS die beste Grundlage. Hier gibt es ein riesiges Angebot und auch neue Anwendungen laufen klaglos auf den gebrauchten Geräten. Soll es nur ab und zu mal eine schnelle Mail sein, dann reichen die beiden Systeme ebenfalls.

Bei Touch-Bedienung und App-Unterstützung hat Windows immer noch das Nachsehen, trotz weiterer Verbesserungen in Windows 10. Als Unterhaltungs-Tablets haben die Windows-Geräte daher keine Chance und sind in dieser Nische inzwischen fast vollständig vom Markt gefegt. Gebraucht gibt es diese noch, allerdings meist mit lahmem Intel-Atom-Prozessor und schmaler Ausstattung.

Soll jedoch hauptsächlich klassische Anwendungssoftware zum Einsatz kommen, spielt Microsofts System auf Hybrid-Tablets mit Stift und Tastatur weiterhin seine Flexibilität aus. Beim Gebrauchtkauf sind die oft schon günstig im Gesamtpaket zusammen mit dem Tablet zu haben.

Beim Preis liegen die mit Intel-Atom-Prozessor ausgestatteten Modelle mit den Android- und Apple-Geräten gleich auf. Ein anderes Kaliber sind Produktiv-Tablets wie das für diese Klasse typische Surface Pro, die mit Intel-Core-Prozessoren preislich mit Notebooks konkurrieren (siehe S. 78) und deutlich besser für leistungshungrige Anwendungen geeignet sind.

Wer ein Tablet für den Nachwuchs sucht, der wird am ehesten mit dem iPad glücklich, lässt es doch umfangreiche Einschränkungen zu, die sich nicht einfach umgehen lassen. Dazu kommt die tendenziell simplere Bedienung, was kleinen Kindern entgegenkommt.

Update-Dramen

Gravierende Unterschiede gibt es auch bei der Updatepolitik. Während Apple noch das über vier Jahre alte iPad Air mit dem neusten iOS 11 und Sicherheitsupdates versorgt, sieht es bei Android finster aus. Hier gibt es selbst bei Top-Geräten höchstens einen Versionssprung und hin und wieder Sicherheitsupdates vom Hersteller, doch zu oft nicht einmal das. Alleine deswegen lohnt der Kauf von mehr als drei Jahren alten Geräten einfach nicht.

Gebrauchtgeräte werden oft mit dem gesamten Zubehör verkauft, so lässt sich noch zusätzlich sparen.

Wenigstens Android 5 sollte es aus Sicherheits- und Performancegründen sein, besser sind Android 6 oder 7. Denn nur die werden überhaupt noch von Google offiziell unterstützt und es besteht die Chance auf Bugfixes. Ab Android 6 wurde dazu weiter an der Sicherheit geschraubt und unter anderem endlich eine brauchbare Rechteverwaltung eingebaut. Anbieter wie Netflix liefern aktuelle Versionen ihrer Apps nur noch für neuere Android-Versionen und binden auch die HD-Wiedergabe daran. Bei populären Modellen lässt sich mitunter auf CustomROMs zurückgreifen, um an neuere Android-Versionen zu gelangen. Wenn die Garantie ohnehin perdu ist, lohnt ein Blick in die einschlägige Foren, um Anleitungen zu finden.

Unter Windows haben die Hersteller weniger Einfluss, daher gibt es auch regelmäßig und über Jahre Sicherheitsupdates für alle Geräte. Tablets mit Windows 8.1 lassen sich zudem fast immer auf Windows 10 aktualisieren, das wiederum halbjährlich neue Funktionen spendiert bekommt. Doch hier hakt es dann bei den billigen Tablets mit Atom 2xxx (Clover Trail). Mangels Treiber von Intel bleiben die auf Version 1607 stehen und erhalten lediglich noch Sicherheitsupdates, während die Windows-10-Karawane weiterzieht. Das Schicksal dürfte in Zukunft auch weitere Prozessoren ereilen, wenn nicht andere fehlende Gerätetreiber das Update unmöglich machen.

Eine Sackgasse in jeder Hinsicht ist Windows RT. Warum man trotz günstiger Gerätepreise die Finger davon lassen sollte, steht im Kasten auf dieser Seite unten.

Augen auf beim Display

Mit weniger als Full-HD-Auflösung (1920 × 1080) sollte man sich insbesondere bei Display-Diagonalen ab 9 Zoll nicht zufriedengeben. Sonst stören hässliche Pixeltreppen beim Videoschauen oder Lesen. Auch kleineren Geräten tut das sichtbar gut, eine Pixeldichte von deutlich über 200 dpi ist in jedem Fall erstrebenswert. Je weiter weg man vom Gerät sitzt, desto geringer kann auch die Pixeldichte ausfallen.

Zum Kasten: Hände weg von Windows RT

Das Alter schadet den Displays kaum, gute Bildschirme sehen auch nach Jahren noch hervorragend aus, wenn sie nicht im Dauerbetrieb gequält werden. Lediglich leichte Einbußen bei der Helligkeit sind wahrscheinlich. Bei OLED-Schirmen altern blaue Pixel zwar schneller als die anderen Bildpunkte; doch die Erfahrung zeigt, dass die Hersteller mögliche Farbabweichung im Griff haben.

Trotzdem lohnt vor dem Kauf eine genaue Inspektion, denn bei reparierten Geräten landen teilweise schlechtere Bildschirme im Tablet, die längst nicht die originalen Spezifikationen erreichen.

Entspannte Prozessoren

Im Schnitt hat die Tablet-Rechenleistung in letzter Zeit nicht extrem zugelegt. So kann ein iPad Air oder ein Samsung Galaxy TabPro von 2013 in den Benchmarks immer noch mit neuen Geräten zwischen 200 und 300 Euro mithalten. Zumal kaum eine App diese CPU- und Grafikleistung tatsächlich abruft. Für das Abspielen von HD-Videos reichen die älteren Geräte ebenfalls bequem. Mehr Kraft ist erst für aufwendige Apps wie Videoschnitt notwendig oder wenn mehrere Anwendungen parallel laufen sollen.

Unter Android sind mindestens vier Kerne ein Muss. Selbst mit zwei sehr schnellen Kernen wie im Google Nexus 9 hakelt das System hin und wieder. Die Kerne sollten idealerweise bereits 64-Bit-Instruktionen mitbringen. Nicht weil das mehr Performance verspricht, sondern weil solche Kerne modernere Features beinhalten und mehr Videoformate unterstützen. Uralte Chips mit ARM Cortex-A7 oder -A9 sollte man meiden, sie sind einfach zu lahm und stromhungrig; besser sind etwa schnelle Cortex-A57-Kerne. An älteren Chips sind zum Beispiel Qualcomms Snapdragon-800-Reihe ebenso wie der Nvidia Tegra K1 empfehlenswert.

Während die Intel-Atom-Prozessoren für Android prinzipiell stark genug sind, wird es da bei Windows-Tablets schon knapp. Mindestens ein Bay-Trail-Atom (Z3xxx) muss es sein, besser sind die Atom x5 und x7. Bei den leistungsfähigeren Modellen mit Core i ist oft ein kleiner Lüfter für die Wärmeabfuhr zuständig, da ist also Probehören sinnvoll.

An Arbeitsspeicher sollte es für ruckelfreies Arbeiten unter iOS wenigstens 1 GByte sein, unter Android 2 GByte und bei Windows 4 GByte.

Akku am Krückstock

Schwächelnde Akkus machen gebrauchten Tablets vermutlich am häufigsten zu schaffen. Bei keinem Standard-Tablet kann der Akku leicht gewechselt werden. Ohne spezielles Werkzeug geht oft gar nichts, und Ersatzakkus vom Hersteller sind außer bei Apple eine echte Seltenheit. Von außen sichtbar ist die Akkualterung nicht. Auch das System selbst gibt nicht unbedingt zuverlässig Auskunft. Sollte das Tablet aber schon nach einer Stunde Benutzung einen großen Teil seiner Energie verloren haben oder trotz scheinbar ausreichender Restladung einfach ausgehen, ist der Akku am Ende. Auch plötzliche Sprünge beim Aufladen sind ein Warnsignal.

Das Problem ist weniger verbreitet als bei den Smartphones, die täglich oder noch häufiger aufgeladen werden. Falls das Tablet pfleglich behandelt wurde, ist bei hochwertigen Modellen auch nach Jahren der Akku noch nicht am Ende.

Wenn das Originalnetzteil dem Gerät nicht mehr beiliegt, ist das kein Beinbruch. Mit dem passenden Kabel laden alle auch an fremden USB-Netzteilen – mitunter aber extrem langsam, was dann bei den großen Akkus zur Geduldsprobe wird, gerade iPads sind hier pingelig.

Wenigstens 16 GByte interner Speicher sollten es bei Android und iOS sein, sonst ist der Platz selbst mit wenigen Apps schnell ausgereizt. Ist kein MicroSD-Slot vorhanden, ist doppelt so viel Speicherplatz sinnvoll. Die iPads gibt es zum Teil mit noch größerem Flash-Speicher, doch hier lohnt das Zuschlagen nur, wenn der Preis nicht exorbitant höher als bei den kleineren Varianten liegt.

Für Windows sind selbst 32 GByte Flash-Speicher knapp bemessen, denn dem Nutzer bleibt davon nicht mal ein Drittel übrig. Zudem nötigen dann die Windows-Funktions-Updates zu regelmäßigen Putzaktionen, um die dafür nötigen Gigabyte freizuschaufeln. (asp@ct.de)