c't 6/2018
S. 76
Kaufberatung
Gebrauchtkauf: Desktop-PCs
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Zweiter Frühling

Tipps zum Kauf gebrauchter Desktop-PCs und Hardware

Ein Secondhand-PC für 200 Euro passt auch in knappe Budgets. Damit sich das vermeintliche Schnäppchen nicht als Fehlkauf entpuppt, geben wir Ratschläge, wann sich Gebraucht-Hardware lohnt und worauf man bei der Anschaffung achten sollte.

Für viele Einsatzzwecke reichen Gebraucht-PCs aus, die inklusive Windows-Lizenz weniger als 200 Euro kosten. Der Kauf eines Secondhand-Rechners spart nicht nur Geld, sondern hilft auch der Umwelt: Die Herstellung eines Desktop-PCs beansprucht in etwa doppelt so viel Energie, wie dieser während einer vierjährigen Nutzungsperiode benötigt. Außer CO2-Emissionen verringert sich außerdem der Bedarf an wertvollen Rohstoffen, die zum Teil aus Konfliktgebieten stammen.

Genau wie bei Neuware sollten Sie vor der Anschaffung eines Gebrauchtsystems zunächst prüfen, welche Ansprüche Ihre Software an die Hardware stellt. Hinweise geben die jeweiligen Systemanforderungen auf den Webseiten der Programmhersteller. Als Faustregel sollte ein Bürorechner beispielsweise mit Dual-Core-Prozessor, möglichst 4 GByte Arbeitsspeicher sowie einer Festplatte oder SSD mit mindestens 100 GByte Kapazität ausgestattet sein. Vor allem in dieser Kategorie lohnt die Anschaffung eines Secondhand-PCs, denn sie gibt es in großer Auswahl bei spezialisierten Händlern wie AfB, GreenPanda, Harlander, Itsco oder Recycle IT ab etwa 100 Euro zu kaufen.

Runderneuerte Massenware

Meist handelt es sich um abgeschriebene Office-Rechner von Acer, Dell, Fujitsu, HP und Lenovo aus Beständen großer Firmen. Vor dem Verkauf bereiten Dienstleister sie auf, weshalb die Händler sie auch als Refurbished PCs bezeichnen. Aus Datenschutzgründen wird dabei die ursprünglich eingebaute Festplatte zerstört und durch eine neue ersetzt. Wir empfehlen Komplettsysteme mit installiertem Betriebssystem zu kaufen. Sofern man nicht selbst eine Linux-Distribution installieren möchte, sind sonst weitere 100 Euro für die Windows-Lizenz fällig. Das summiert sich zu Gesamtkosten von 250 Euro und mehr, für die man einen neuen Mini-PC inklusive Windows 10 wie Intel NUC6CAYSAJ oder Zotac ZBOX CI327 nano bekommt.

Frei von Staubflusen oder Spinnweben: Spezialisierte Gebraucht-Händler reinigen gebrauchte Office-PCs wie diesen Fujitsu Esprimo P9900 vor dem Verkauf.

Einige Gebraucht-PCs tragen zwei Lizenzaufkleber. Hier handelt es sich nicht um ein Sonderangebot „Zwei zum Preis von einem“, sondern die ursprüngliche OEM-Lizenz hat der Händler durch eine sogenannte MAR-Lizenz (Microsoft Authorized Refurbisher) ersetzt, die Microsoft für runderneuerte PCs anbietet.

Beim Kauf von einem Händler hat man den Vorteil, dass dieser ein Jahr gesetzliche Gewährleistung auf das gesamte System bietet. Zudem kann man ohne Angaben von Gründen beim Online-Kauf ein 14-tägiges Rücktrittsrecht nutzen. Privatverkäufer auf Marktplätzen wie eBay oder Kleinanzeigenportalen schließen die Gewährleistung hingegen meist aus. Ohne Ausschluss hat man zwar grundsätzlich Anspruch auf zwei Jahre gesetzliche Gewährleistung. Diese muss man aber notfalls vor Gericht erst einmal durchsetzen. Ein Rechtsstreit um Gewährleistungsansprüche bei günstigen Gebraucht-PCs lohnt sich für denjenigen, der keine Rechtsschutzversicherung hat, nur in Ausnahmefällen.

Was lohnt, was nicht?

Wir empfehlen Gebrauchtrechner zu kaufen, in denen eine CPU steckt, die jünger als sieben Jahre ist. Dazu gehören AMD-Kombiprozessoren der Serie A und Intel-Chips ab der dritten Core-i-Generation (Core i-3000). Für deren integrierte Grafikeinheiten bieten die Prozessorhersteller Grafiktreiber für Windows 10 an. Zwar läuft auf den meisten Secondhand-Rechnern Windows 7, doch in weniger als zwei Jahren, ab dem 14. Januar 2020, gibt es für dieses Betriebssystem keine Sicherheits-Updates mehr. Bei älteren Prozessoren funktionieren in einigen Fällen Windows-8.1-Grafiktreiber unter Windows 10. Hat man die Wahl zwischen zwei preislich ähnlichen Angeboten, sollte man zum Rechner mit der neueren Hardware greifen.

Auf Gebraucht-PCs mit Windows finden sich sogenannte MAR-Lizenzen für Windows, die Microsoft ausschließlich für Händler von aufgearbeiteten Rechnern anbietet.

Von Billig-Angeboten mit veralteten Prozessoren wie AMD Phenom, Intel Pentium 4 und Core 2 Duo, mit lediglich 1 GByte Arbeitsspeicher, DDR2-RAM, IDE-Festplatten oder anderer antiker Hardware sollte man die Finger lassen. Rechner aus den Jahren 2011 und neuer verwenden DDR3-RAM, den es preiswert neu zu kaufen gibt. So lässt sich bei einem Schnäppchen mit lediglich 2 GByte RAM der Arbeitsspeicher für gerade einmal 20 Euro verdoppeln.

Zum Kasten: Gebrauchte PC-Komponenten

Von größeren Aufrüstaktionen sollte man hingegen absehen. Zum Beispiel lohnt es nicht, einen betagten Office-PC zur leistungsstarken Gaming-Maschine aufzumöbeln. Große PC-Hersteller verbauen zum Teil proprietäre Netzteile, denen der sechspolige Stromanschluss für Grafikkarten fehlt und die statt ATX andere Steckerformate für das Mainboard nutzen. Moderne Spiele erfordern außer leistungsfähigen GPUs Prozessoren mit mindestens vier Kernen.

Für die alten Plattformen bekommt man diese, wenn überhaupt, nur als Restposten zu teils gesalzenen Preisen. Zudem besteht die Gefahr, in einen Aufrüststrudel zu geraten: Nach jedem Upgrade-Schritt wird ein neuer Flaschenhals sichtbar, der weiteres Geld verschlingt, damit die 3D-Spiele endlich ruckelfrei laufen. Dann ist es günstiger, gleich neu zu kaufen: Unser Bauvorschlag für einen preiswerten Full-HD-Spielerechner kostet beispielsweise 670 Euro [1].

Die Idee, gebrauchte Workstations als Desktop-PCs für anspruchsvolle Anwendungen wie Videoschnitt zu verwenden, entpuppt sich ebenfalls meist als Geldgrab. Solche Single- oder Dual-Xeon-Systeme schlucken im Leerlauf oft über 100 Watt und sind deshalb laut. Die verbauten FirePro- und Quadro-Grafikkarten fordern spezielle Treiber. Die Workstations vom Gebrauchthändler kosten 700 Euro und mehr. Für das Geld kann man einen ebenso leistungsfähigen Hexa-Core-Rechner mit aktuellen Ryzen- oder Core-i-Prozessor zusammenbauen, der deutlich sparsamer und zukunftssicherer ist. (chh@ct.de)