c't 3/2018
S. 26
News
HDR-Formatstreit

Hoffnungsschimmer

Wende im Streit zwischen HDR10+ und Dolby Vision

Beim Streit der konkurrierenden dynamischen HDR-Formate schien es bislang keine friedliche Lösung zu geben. Eine neue Ankündigung lässt Hoffnung auf eine Koexistenz der Lager aufkeimen.

Beim Streit der HDR-Formate drängt sich der Vergleich mit dem Formatstreit Blu-ray Disc gegen HD DVD auf, auch wenn Elektronikhersteller und Hollywood-Studios diesmal in anderer Konstellation in den konkurrierenden Lagern stehen und es um die Wiedergabe von ultrahochaufgelösten Videobildern mit erhöhtem Kontrast (High Dynamic Range, HDR) geht.

Für HDR10+ gibt es nun auch ein offizielles Logo.

Die technischen Unterschiede sind wieder für die meisten Anwender kaum nachvollziehbar. Sowohl bei HDR10+ als auch bei Dolby Vision (DV) geht es darum, auf 4K-TVs einen besseren Bildeindruck zu erzielen als mit dem üblichen HDR10. Das sollen hier wie da dynamische Metadaten ermöglichen, mit denen die Studios den gewünschten Bildeindruck nicht nur wie bei HDR10 einmal für den gesamten Film, sondern Szene für Szene oder sogar Bild für Bild festlegen können.

Anders ist diesmal vor allem, dass Samsung mit seiner Eigenentwicklung HDR10+ erst ins Rennen einstieg, als Dolbys Sieg unter anderem dank der Unterstützung von LG, Loewe und Sony sowie der Filmstudios Disney, Lionsgate, Paramount, Sony Pictures, Universal und Warner bereits sicher schien. Erst auf der vorigen IFA nahm Samsung zusammen mit 20th Century Fox und Panasonic wirklich die Verfolgung auf.

Seither ist HDR10+ im Aufwind. Ende Dezember begann Amazon Video, seinen deutschen Kunden mit aktuellen UHD-TVs von Samsung HDR10+-Videos anzubieten, dann folgte die Ankündigung, Warner werde künftig neben HDR10 und Dolby Vision auch HDR10+ unterstützen. Letzteres erinnert wieder an den DVD-Streit, wo Warner lange eine neutrale Rolle einnahm. Selbst beim Disc-Format zeichnete sich eine Lösung ab: Die nötige Erweiterung der Ultra-HD-Blu-ray-Spezifikation um HDR10+ soll fast fertig sein.

Panasonic hat nach eigenen Angaben – ähnlich wie Dolby für Dolby Vision – einen Workaround für die Übertragung der Metadaten über HDMI 2.0 gefunden. Sonst hätten die HDR10+-Unterstützer auf passende Chips für ihre Fernseher und externe Playern warten müssen.

Denon bringt sein neues Verstärker-Flaggschiff AVC-X8500H mit HDMI 2.0 und will bei Fertigstellung von HDMI 2.1 ein kostenpflichtiges Hardware-Upgrade anbieten.

Ob der Workaround auch bei AV-Receivern funktioniert, ist aber noch offen. Wenn nicht, müssen die Hersteller auf das um die dynamischen HDR-Formate erweiterte HDMI 2.1 warten, das sich aber verzögert. Denon hat sich daher entschlossen, seinen Heimkino-Verstärker AVC-X8500H mit einem austauschbaren HDMI-Bord auszustatten.

Überraschende Kehrtwende

Samsung hätte mit dem jüngst abgegebenen Versprechen, bei seinen UHD-BD-Playern aus 2017 per Update HDR10+ nachzurüsten, wohl endgültig abräumen können. Doch nun hat ausgerechnet der Partner Panasonic dazwischengefunkt.

Der Panasonic DP-UB820 ist der erste Player für Ultra HD Blu-rays, der sowohl HDR10+ als auch Dolby Vision unterstützen soll.

Dessen kommendes Top-Modell DP-UB820 wird nämlich als erster Player überhaupt mit HDR10+ und Dolby Vision umgehen können. Das ist ein wichtiges Zeichen für Dolbys Format, dem es an passenden Playern mangelt. Nur Oppo hat welche im Angebot, nachdem LG ein Dolby-Vision-Update für den UP970 kommentarlos zurückzog und bisher keinen Folgetermin nannte. Sonys kommender UBP-X700 lernt Dolby Vision per Update frühestens im Sommer.

Der Player-Mangel dürfte auch ein Grund sein, weshalb sich Hollywood bei Ultra HD Blu-rays mit Dolby Vision bislang zurückhält; in Deutschland sind keine zwanzig Titel erhältlich. Daher haben Streaming-Dienste wie Netflix und iTunes (über das Apple TV 4K) für Dolby Vision an Bedeutung gewonnen. Hier wiederum haben echte Enthusiasten mit der Bildqualität aber so ihre Probleme.

In der Zwickmühle

Über Panasonics Gründe lässt sich nur spekulieren. Der Hersteller mag erkannt haben, dass ein Verharren auf einem einzigen dynamischen HDR-Format die Kunden verunsichert und vom Kauf abhält.

Fakt ist, dass es keine Anzeichen für einen Anstieg des Angebots an Filmen mit dynamischen HDR-Bild in naher Zukunft gibt – weder bei Dolby Vision noch bei HDR10+. Fernseherhersteller versuchen aus dieser Not eine Tugend zu machen und integrieren Algorithmen in die TV-Firmware, die statische HDR-Videobilder so aussehen lassen sollen, als wären sie mit dynamischen Metadaten versehen. Sollten sie tatsächlich den gewünschten Bildeindruck erschaffen, könnten sie sich allerdings als Boomerang erweisen: Mancher Nutzer dürfte sich dann fragen, wieso er überhaupt noch Dolby Vision beziehungsweise HDR10+ braucht. (nij@ct.de)