c't 3/2018
S. 38
News
Autonomes Fahren/alternative Bedienkonzepte

Elektrisch, quadratisch, etwas klug

Autonomes Fahren: KI, Sprachsteuerung und fette Displays

Das Auto der Zukunft treibt es bunt: Großflächige Displays, Touch-Bedienung, Sprachsteuerung und KI sollen den Fahrer auf dem hochautomatisierten Trip bei Laune halten.

Kennen Sie Byton? Wahrscheinlich nicht. Die Automarke, eine Tochter der chinesischen Future Mobility Corporation, wurde erst im vorigen Sommer zur IAA vorgestellt. Auf der CES konnte der Newcomer richtig punkten, denn viele Hersteller schraubten ihr diesjähriges Engagement in Vegas etwas zurück.

So war die Bühne frei für den knapp 5 Meter langen Prototyp des ersten Byton. Im Innern des für maximal fünf Personen ausgelegten Fahrzeugs ist eines nicht zu finden: ein klassischer Bedienknopf. Stattdessen zieht sich ein rund 1,2 Meter breites und etwa 20 Zentimeter hohes Display fast über das gesamte Armaturenbrett. Im Lenkrad sitzt ein Touchscreen, der diverse Fahrzeugfunktionen steuert. Sprach- und Gestensteuerung sollen bei Produkteinführung ebenfalls möglich sein. Fahren wird der Wagen natürlich elektrisch und auf Wunsch autonom nach Level 4, also vollautomatisiert.

Der Hyundai Nexo wurde von Beginn als Wasserstoff-Auto konzipiert. So sollen die Brennstoffzelle und die Tanks besser integriert worden sein.
Im Innenraum dominieren große Touchscreen-Displays, über die sich Fahrzeugenstellungen und die Assistenssysteme aufrufen lassen.

Schon im kommenden Jahr will der Hersteller das Fahrzeug auf den Markt bringen: zunächst in China zu einem Preis von umgerechnet 33.000 Euro. Ein Jahr darauf sollen die USA und Europa folgen. Byton – abgeleitet vom Slogan „Bytes on Wheels“ – will nach eigenem Bekunden statt mit PS-Protzerei lieber mit technischen Innovationen wie Smart Services und Vernetzung auffallen. Das könnte klappen: Außer dem einstigen BMW-i8-Entwickler Carsten Breitfeld sollen auch ehemalige Mitarbeiter von Audi und Tesla auf der Gehaltsliste stehen.

Batterie oder Brennstoffzelle

Hyundai präsentierte sein Nexos getauftes SUV mit Brennstoffzelle. Der Elektromotor treibt es mit einer Leistung von 120 kW (163 PS) an. Damit soll der Wagen in knapp zehn Sekunden auf 100 km/h beschleunigen. Statt den Kofferraum zu verstopfen, sind die zum Betrieb der Brennstoffzelle nötigen Wasserstofftanks im Fahrzeugboden eingelassen. Ein Tankstopp soll maximal fünf Minuten dauern und dem Fahrzeug eine Reichweite von 600 Kilometer verleihen.

Sprechen und berühren statt Knöpfe drücken: Mercedes’ neues Bedienkonzept hat auch einen lernfähigen digitalen Assistenten und soll in der kommenden A-Klasse debütieren.

Der Nexos kommt mit mehreren Fahrassistenzsystemen, wie etwa Spurhaltewarner und Autobahnassistent, der mithilfe von Kartendaten und Kameras bis zu einer Geschwindigkeit von 145 km/h der Fahrspur folgen soll. Das automatische Einparken übernimmt ein Parkassistent. Der Nexos soll noch in diesem Jahr auf den US-amerikanischen Markt kommen. Europa und Deutschland sollen folgen. Ein Preis steht noch nicht fest.

Der Niro EV fährt elektrisch und vollautonom. Bis 2025 will Kia insgesamt 16 neue Elektro-Autos auf den Markt bringen.

Auch die Hyundai-Tochter Kia hatte etwas zu zeigen. Die E-Auto-Studie Niro EV soll mit ihrem 64-kWh-Akku eine Reichweite von 380 Kilometer bieten und vollautonom nach Level 4 unterwegs sein. Autonom, vernetzt, elektrisch – der Dreiklang steht auch bei den Koreanern im Vordergrund. Bis 2025 soll sich das Kia-Portfolio deutlich verändern: 16 elektrifizierte Modelle stehen auf der To-do-Liste, fünf davon sollen vollelektrisch mit Batterie fahren. Schon ab 2021 sollen vollautonome Kias über die Straßen rollen und durch die Nähe zur Konzernmutter Hyundai ist auch ein Brennstoffzellenfahrzeug in Aussicht.

Bei Daimler gab es etwas zum Thema Brennstoffzelle das Vorserienmodell des Mercedes-Benz GLC F-CELL zu sehen, ein hybrides Elektrofahrzeug mit Brennstoffzellen- und Batterieantrieb. Aber der Fokus der Schwaben lag klar auf dem Infotainment-System MBUX, das im Frühjahr in der A-Klasse in Serie geht. Es soll mit künstlicher Intelligenz arbeiten, ist über das Wake-up-Wort „Hey, Mercedes“ komplett per Sprache bedienbar und benötigt dabei nicht einmal eine Verbindung zur Cloud. Möglich machen es leistungsstarke Prozessoren von Nvidia, die eine Datenverarbeitung direkt im Fahrzeug erlauben. Zu den weiteren Besonderheiten zählen das per Touch bedienbare Widescreen-Cockpit und die Navigationsdarstellung mit Augmented Reality. Letztere blendet beispielsweise Abbiegepfeile über eine Projektion auf der Windschutzscheibe direkt auf der Fahrbahn ein.

Autozulieferer Continental überraschte mit einer „Retro-Revolution“. Eigentlich gibt es im Auto der Zukunft keine Knöpfe mehr. Da einen das Herumtasten auf glatten Displayoberflächen vom Fahren ablenkt, kommt einem das vorgestellte 3D-Touch-Display buchstäblich entgegen. Bestimmte Bereiche des Displays sind wulstig ausgebeult und somit leicht ertastbar.

Flottenanbieter

Der E-Palette ist Toyotas Zukunftsvision eines vollautonomen Fahrzeugs, das sich als Taxi, Lieferwagen oder sogar als rollendes Ladengeschäft einsetzen lässt.

Über all den Innovationen steht die große Frage, ob es nach der Einführung hochautomatisierter Fahrzeuge überhaupt noch individuellen Fahrzeugbesitz geben wird, denn das Mobilitätsangebot der Zukunft wird, gerade im städtischen Bereich, deutlich billiger werden – Uber und Moia lassen grüßen. Aus Fahrzeugherstellern müssen dann Mobilitätsdienstleister werden. Toyota adressierte den Markt der Zukunft mit dem etwa fünf Meter langen E-Palette, einem autonom fahrenden Container auf Rädern. Ein möglicher Einsatz ist das autonome Ridesharing, bei dem Kunden auf dem Smartphone Abhol- und Zielort angeben und vom E-Palette abgeholt werden. Die Kiste soll laut Toyota nicht nur Menschen ans Ziel bringen, sondern sich auch als Lieferfahrzeug eignen. Auch ein Einsatz als kleines Ladengeschäft, das direkt zum Kunden fährt, kann sich Toyota vorstellen. Größere Modelle mit mehr Ladevolumen lassen sich zu einem virtuellen Zug koppeln und eignen sich so für Logistikdienstleister und Paketdienste. Bis die fahrenden Schuhkartons den Straßenverkehr revolutionieren, dürften sich noch ein paar Autos verkaufen lassen. (sha@ct.de)