c't Retro 2018
S. 70
Geschichte
OS/2: IBM vs. Microsoft
Aufmacherbild
Bild: Albert Hulm, Illustrator

Keine halben Sachen

Der Kampf zwischen IBM und Microsoft um OS/2

Wenn die Rede auf Betriebssysteme und PC kommt, beginnt meistens das große Seufzen: Ja, was hätte alles aus OS/2 werden können, wenn Microsoft und IBM an einem Strang gezogen hätten …

Als IBM im Jahr 1981 den Personal Computer 5150 aus vielen direkt am Markt verfügbaren Komponenten zusammenbastelte, dachten dessen Entwickler Don Estridge und sein Team an einen einfachen Rechner, der den ganzen Tag lang einer einzigen Aufgabe dient, beispielsweise dem Schreiben von Briefen. Entsprechend einfach sollte das Betriebssystem sein. Das von Microsoft für 80.000 US-Dollar eingekaufte DOS erfüllte die Anforderung, zumal IBM für andere Zwecke das UCSD-p-System auslieferte und optional CP/M von Digital Research im Angebot hatte. Doch mit dem bald einsetzenden Boom des PCs und all der PC-kompatiblen Rechner zeichnete sich ab, dass die Nutzer mit ihren persönlichen Systemen anders arbeiteten. Textverarbeitung mit Wordstar, das war schön und gut, aber ab und an musste das Programm mitten in der Arbeit beendet werden, um in einer Datenbank nachzuschlagen oder etwas zu berechnen.

Menschen beherrschen seit Höhlenzeiten die hochtrabend Multitasking genannte Fähigkeit, mehrere Arbeiten zu koordinieren. Multitasking war auch beim PC gefragt und stand bei Estridge ganz oben auf der Liste der Verbesserungen für den neuen Rechner. Die Programmierer in seinem Team reizten Microsofts DOS aus und entwickelten Topview, das Fensterchen aufmachte, in denen virtuelles Multitasking möglich war. Zwar arbeitete immer nur ein Programm, aber man konnte schnell ins andere Fenster wechseln und danach weiter am Text werkeln.