c't 21/2018
S. 3
Editorial
Ronald Eikenberg

Aufgeblasen

Lieber Smartphone-Hersteller,

als ich mein Handy zum ersten Mal einschaltete, traf mich fast der Schlag. Nach der Einrichtung begrüßte mich im Launcher ein ganzer Sack voll Apps, die nur eines gemeinsam haben: Ich will sie nicht. Vorinstalliert war eine bunte Auswahl Spiele, Social-Media- und Shopping-Apps. Das ist eine Frechheit und ungefähr so lästig wie Virenscanner-Testversionen auf frisch gekauften Windows-PCs.

Die Apps fressen nicht nur Speicherplatz, sie sind zum Teil sogar aktiv, obwohl ich sie gar nicht nutze. Dabei tauschen sie fleißig Daten mit dem Internet aus. Du verstehst sicher, dass ich die unerwünschte Mitgift loswerden wollte. Doch da hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Die Apps ließen sich weder deinstallieren noch deaktivieren. Geht's noch?

Ich gehe davon aus, dass Du diese Apps nicht aus Nettigkeit vorinstallierst, sondern weil Dir die App-Anbieter ein paar Cent dafür zahlen. Das ist zwar nicht verwerflich - insbesondere, wenn das Smartphone dadurch etwas günstiger wird. Aber lass mir doch bitte vor dem Kauf die Wahl, ob ich mit dem Deal einverstanden bin. Auf der Produktseite machst Du uns Kunden mit vier Kameras, acht Prozessorkernen, einem knackig scharfen Display und so weiter den Mund wässrig, über die vorinstallierte Software schweigst Du Dich jedoch aus. Du wirst schon wissen, warum.

Nimm Dir ein Beispiel an Amazon: Dort bekomme ich den billigsten Kindle "mit Spezialangeboten" für 70 Euro. Wenn mich die Werbung auf dem Sperrbildschirm stört, kaufe ich das Teil "ohne Spezialangebote" für 80 Euro - mit ansonsten identischer Ausstattung. Das ist transparent und fair. Vorinstallierte Apps sind hingegen eine Mogelpackung und in den meisten Fällen nichts anderes als Werbung.

Für ein sauberes Android würde ich Dir gern ein paar Euro mehr zahlen. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich mir das schlanke Android One wünschen. Das macht es Dir übrigens auch leicht, Deine Geräte länger als ein paar Monate mit Sicherheits-Updates zu versorgen. Das hat in der Vergangenheit ja nicht so richtig gut geklappt.

Unterschrift Ronald Eikenberg Ronald Eikenberg

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