c't 17/2018
S. 3
Editorial
Peter Siering

Armer, armer Pinguin

Als ich mir vor fast 20 Jahren bei meinem Hardware-Dealer zusätzlich zu den PC-Teilen einen Stoff-Tux leistete, musste ich den daheim pronto an den Erstgeborenen abgeben. Wenig später forderte auch der Zweitgeborene seinen eigenen Plüschpinguin. Und, Sie werden es bereits ahnen, auch die Drittgeborene bekam ihr Exemplar. Diese sympathischen Stofftiere liefen allen Teddys den Rang ab, traten Urlaubsreisen mit an, überlebten Wutanfälle, überstanden 1400 U/min in der Waschmaschine und kurven noch heute im Haushalt herum, wenn die Kater mal wieder eine Spielzeugkiste plündern. Die Tuxe sind etwas zerrupft, aber noch gut in Schuss. Sie können als kleines Kunststück sogar die Augen verdrehen.

Das spiegelt perfekt wider, wie die IT-Welt mit Linux umgeht: München kantet es raus, die niedersächsische Flickschusterkoaliton verbannt es mittels Koalitionsvereinbarung aus den Finanzämtern, Microsoft schwört in seiner Cloud darauf, Google verbastelt es für Android und NAS-Hersteller verkorksen es. Ein jeder zupft es sich so zurecht, dass es sich selbst fremd wird. Einen Kerngedanken der freien Software, nämlich die Investition in Software-Know-how mit anderen zu teilen, haben alle aus den Augen verloren - das lässt sich schließlich auch nicht zu Geld machen.

Es wird Zeit, dass wir begreifen, was wir an Linux haben. Die Stunde des Linux-Desktops mag nie schlagen, es wird Windows niemals überflüssig machen und es wird niemals die Welt retten, aber es macht sie zu einem besseren Ort. Es wird Zeit, die Politik daran zu erinnern: Jede Steuermillion, die für eigene Fachkräfte aufgewendet wird, ist gut investiert. Wer Steuergelder stattdessen für proprietäre Software und Mietlizenzen ins Ausland überweist, verschwendet sie.

Unterschrift Peter Siering Peter Siering

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