c't 16/2018
S. 34
News
Forschung

Weltrekord in der Wasserspaltung

Sonnenlicht direkt in Wasserstoff umgesetzt

Wasserstoff gilt als wichtiger Hoffnungsträger, um damit in Zukunft Energie zu speichern. Ein internationaler Forscherverbund entwickelte eine Solarzelle, die 19 Prozent der Energie des Sonnenlichts direkt in die Gewinnung von Wasserstoff umsetzt.

Aufbau der neuentwickelten Solarzelle: Die jüngste Steigerung des Wirkungsgrades resultiert vor allem aus der transparenten Titandioxid-Schicht mit katalytisch aktiven Rhodium-Nanopartikeln. Bild: TU Ilmenau

Künftig könnte der Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff und damit der Speicherung von Sonnenenergie in Form von chemischer Energie eine wichtige Rolle zukommen. Für die Nutzung des so gewonnenen Wasserstoffs steht beispielsweise die ausentwickelte Technik der Brennstoffzelle bereit. Alternativ könnte das Gas als Ausgangsbasis für die Synthese nachhaltiger Brennstoffe dienen.

Jetzt ist ein internationaler Forscherverbund auf dem Weg dorthin technisch einen Schritt vorangekommen. Teams der TU Ilmenau, des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, des California Institute of Technology sowie der University of Cambridge entwickelten eine Solarzelle, mit der sich in Laborversuchen über 19 Prozent des einfallenden Sonnenlichtes in die Gewinnung molekularen Wasserstoffes umsetzen ließen. Dieser Wirkungsgrad markiert derzeit den Weltrekord. Der Rest erwärmte die Umgebung oder ging als Licht- und Wärmeabstrahlung wieder verloren.

Weniger Reflexion für mehr Ausbeute

Für ihren Erfolg erweiterten die Forscher eine sogenannte Tandemzelle aus Materialien der chemischen Hauptgruppen III und V. Sogenannte III-V-Halbleiter verbinden Elemente der III. Gruppe des Periodensystems wie zum Beispiel Aluminium, Gallium und Indium mit Elementen der V. Gruppe wie Phosphor, Arsen oder Antimon. Die zur Wasserspaltung konzipierte Tandemzelle besteht hauptsächlich aus einer Schicht Gallium-Indium-Phosphor und einer Schicht Gallium-Indium-Arsen.

Darüber hinaus ist die neu entwickelte Solarzelle mit zusätzlichen funktionalen Schichten ergänzt worden, wodurch beispielsweise Verluste des Sonnenlichts durch Reflexion deutlich verringert werden konnten, ebenso ist die Lichtabsorption gesenkt worden. „Die dafür eingesetzte kristalline Titandioxid-Schicht schützt zudem die eigentliche Solarzelle vor Korrosion und verbessert durch ihre elektronischen Eigenschaften auch den Ladungstransport“, sagt Dr. Matthias May. May führte einen Teil der Experimente zur Effizienzbestimmung am Institut für Solare Brennstoffe am Helmholtz-Zentrum in Berlin durch.

Für die Kombination der unterschiedlichen Schichten in ihrer neuen Solarzelle haben die Forscher einen theoretisch maximalen Wirkungsgrad von 23 Prozent errechnet. Realisieren konnten sie in Wasser und unter simulierter, nicht konzentrierter Sonneneinstrahlung immerhin 18,5 Prozent, in verdünnter wässriger Perchlorsäure sogar 19,3 Prozent. Mit einer Vorgängerzelle hatten die Forscher 2015 den damaligen Rekordwert von 14 Prozent erzielt. Zusätzlich zu dieser Steigerung übersteht die neue beschichtete Solarzelle eine Standzeit von etwa 100 Stunden, bis die Zelle korrodiert ist, gegenüber 40 Stunden für die Vorläuferversion.

„Diese Arbeit zeigt, dass maßgeschneiderte Tandemzellen für die direkte solare Wasserspaltung das Potenzial haben, Wirkungsgrade jenseits von 20 Prozent zu erreichen“, sagt Prof. Thomas Hannappel, Fachgebietsleiter Photovoltaik an der TU Ilmenau. Ansätze für weitere Verbesserungen sieht er in der Auswahl der kombinierten Halbleitermaterialien, wobei sich durch den Einsatz von preisgünstigem Silizium die Kosten deutlich senken ließen.

Korrosion bereits nach Minuten

Arbeiten zur Materialauswahl für die solare Wasserspaltung haben Anfang Juli dem Forscher Dr. Helge Stein an der Ruhr-Universität Bochum den Gebrüder-Eickhoff-Preis 2018 eingebracht. Am Lehrstuhl für Werkstoffe der Mikrotechnik testete Stein im Rahmen seiner Promotion über 1000 Materialien in kombinatorischen Verfahren, wobei beispielsweise in einer Teststellung bereits Hunderte Katalysatormaterialien parallel eingesetzt und anschließend mit Roboterunterstützung automatisiert vermessen wurden.

Auch bei seinen Arbeiten zeigte sich das Problem, dass die allerwenigsten Materialien während der photoelektrochemischen Wasserspaltung stabil bleiben. „Die meisten effizienten Werkstoffe wie Kupferoxid korrodieren innerhalb von Minuten“, berichtet Stein. Die Auswertungen seiner Daten offenbaren Beziehungen zwischen der Kristallstruktur und den Eigenschaften der Werkstoffe. (agr@ct.de)