c't 16/2018
S. 186
Story
Tiefschlaf
Aufmacherbild
Illustration: Jan Bintakies, Hannover

Tiefschlaf

Wir beginnen die Mechanismen zu erkennen, auf denen der neurale Code beruht, und sie programmierbar zu machen. Es versetzt uns in die Lage, uns und unser Leben auf eine Weise selbst hervorzubringen, die bislang unvorstellbar war.“

(Bryan Johnson, Gründer und CEO des Neural-Interface-Entwicklungsunternehmens Kernel, 2017)

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Und wieder der Alptraum: laute Stimmen, Schreie, Motorengeräusch. Im Umdrehen sah er Menschen am Boden liegen, manche leblos, andere bewegten sich noch. Und er sah den Pick-up näherkommen. Die Augen des Fahrers, wasserhelle Augen, fixierten ihn. Bill stieß Ann zur Seite, automatisch wie in der Ausbildung zog er die Waffe – anlegen, zielen, Schuss auf Schuss, bis das Magazin leer war, dann hechtete er zur Seite, weg von der Fahrspur des Angreifers. Der Pick-up schlingerte, verfehlte ihn um Zentimeter, drehte nach links, krachte in die Mauer der Uferpromenade, keine zehn Meter entfernt. Der Motor heulte auf, der Wagen kippte, kippte wie in Zeitlupe, hing in der Mauer. Die Tür sprang auf. Der Fahrer drehte den Kopf zu Bill, lächelte, es war ein freudiges, erlöstes Lächeln. Er griff nach dem Amulett, das an einer Halskette hing. Es sah aus wie ein Kreuz, rot vom Blut, das stoßweise aus einer Schusswunde am Hals quoll. Dann tastete er nach etwas in seinem dicken Mantel, der kein Mantel war.