c't 15/2018
S. 28
News
Shoppen mit Bitcoin
Aufmacherbild

Bitshopping

Mit Bitcoins auf Einkaufstour

Deprimiert von den Spekulationsverlusten der letzten Monate? Dann nutzen Sie Ihre Bitcoins doch zur Abwechslung mal, wofür sie gedacht sind und kaufen sich damit etwas Schönes. Die Auswahl ist erstaunlich groß – allerdings nur im Ausland.

In Bitcoin investieren? Lieber nicht, Regierungen weltweit brüten über neue Regulierungsmaßnahmen, die Bitcoin-Kurse sind seit Monaten auf Talfahrt, ein Bärenmarkt, in dem jede negative Nachricht weitere Kursverluste bedeutet. Macht nichts, denn auf diese Weise wird Bitcoin endlich wieder zu dem, was es von Anfang an sein sollte: ein unabhängiges, digitales Zahlungsmittel. Also kaufen Sie sich doch einfach etwas Schönes für Ihre Bitcoins, anstatt sie weiter zu horten.

In Deutschland ist das zugegeben nicht einfach, etwa seinen Kaffee oder belegtes Brötchen mit Bitcoins zu bezahlen – im Hafven Maker Space in Hannover ist dies aber möglich. Auch die Stadtwerke Hannover akzeptieren Bitcoins, Miner könnten ihre Stromrechnung also direkt mit den erarbeiteten Bitcoins begleichen.

Im europäischen Ausland sind Bitcoins als Zahlungsmittel sehr viel alltäglicher als in Deutschland. Am Flughafen Amsterdam Schiphol etwa wurden erst kürzlich drei Bitcoin-Geldautomaten aufgestellt, an denen Urlauber übrig gebliebene Euro-Banknoten in Bitcoins umtauschen können. Auch in Österreich gibt es etliche Geldautomaten, an denen Sie Bitcoins kaufen und manchmal auch verkaufen können. In der Schweiz ist es noch einfacher, dort können Sie an jedem Fahrkartenautomaten der Bahn Bitcoins erwerben – und in der Stadt Zug im gleichnamigen Kanton gleich wieder ausgeben.

Auf der Bitcoin-Suchmaschine spendabit.co finden Sie (fast) alles, was man mit Bitcoins kaufen kann: Audiozubehör, Reisekoffer und natürlich allerlei Computer-Hardware. Die Händler sitzen jedoch meist im Ausland.

Auch online und außerhalb der Darknet-Drogenportale gibt es viele Gelegenheiten, mit Bitcoins einzukaufen. Allerdings wiederum nur im Ausland, vor allem in Großbritannien, Skandinavien und in den Niederlanden. Bei der Suche nach Händlern, die Bitcoin-Zahlungen akzeptieren, hilft die Suchmaschine spendabit.co (nicht .com): Dort geben Sie einfach das gewünschte Produkt ein und Sie bekommen eine Übersicht, bei welchen Händlern es das Gesuchte für welchen Preis gibt. Auch eine regionale Einschränkung der Suche auf EU, USA und Australien ist möglich, denn häufig findet man auch Angebote aus dem Süden Afrikas.

Zum Teil muss man mit einem Online-Übersetzer auf Einkaufstour gehen und mitunter die Shops eigens anschreiben, um etwas bestellen zu können. Als wir etwa versuchten, einen Reisekoffer bei Webhallen.com in Schweden zu bestellen, scheiterte dies an der Adresseingabe: Der Webshop ist nicht auf den internationalen Versand eingerichtet. Auch die Shops afrikanischer Händler sind nicht immer auf internationale Kunden vorbereitet – fragt man jedoch höflich nach, ist eine Bestellung oft trotzdem möglich.

Zahlmeister

Das Kunststück gelingt, weil praktisch alle Händler genau wie bei Kreditkartenzahlungen mit sogenannten Zahlungsdienstleistern kooperieren: Diese übernehmen die gesamte Zahlungsabwicklung für die Online-Shops. Für die Shop-Betreiber ist das äußerst bequem, sie brauchen keinerlei Rücksicht auf die Eigenheiten der Kryptowährung oder etwaige Kursschwankungen zu nehmen: Von den Zahlungsdienstleistern erhalten sie das Geld in Euro oder einer anderen Fiat-Währung. Einer der größten Dienstleister weltweit ist BitPay, in den Niederlanden wird aber auch oft Mellie.com beauftragt.

Auf die gleiche Weise arbeiten auch die Stadwerke Hannover. Kunden, die ihre Stromrechnung in Bitcoin bezahlen wollen, werden an den Hannoveraner Dienstleister Pey weitergeleitet, der dann die Bitcoin-Zahlung entgegennimmt und den Stadtwerken den entsprechenden Euro-Betrag ausbezahlt. So können die Stadtwerke Bitcoin-Zahlungen trotz aller Kursverluste der vergangenen Monate durchgehend anbieten. Auch für Pey ist das Risiko begrenzt, beträgt das Zahlungszeitfenster für den Kunden doch gerade einmal 15 Minuten.

Auf die gleiche Weise wäre es auch anderen Shop-Betreibern in Deutschland leicht möglich, Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Unschön: Die Gebühren für den Zahlungsdienstleister bezahlen in der Regel die Kunden, nicht die Shops – während bei Kreditkartenzahlungen die Shops ganz selbstverständlich die Zahlungsgebühr übernehmen.

Selbst ist der Shop

Shop-Betreiber sind aber nicht unbedingt auf Zahlungsdienstleister angewiesen. Durch Anbindung eines Bitcoin-Clients an den Shop können sie auch direkt Bitcoin-Zahlungen empfangen und den Umtausch einmal täglich oder später zu einem anderen Kurs vornehmen.

Besonders einfach ist die Anbindung mit dem Bitcoin-Client Electrum sowie den Ablegern Electron Cash für Bitcoin Cash und Electrum-LTC für Litecoin. Diese Programme besitzen eine Fernsteuerschnittstelle, über die ein Shop per JSONRPC leicht abrufen kann, wie viel Geld auf einer bestimmten Zahlungsadresse eingegangen ist. So kann der Shop kontrollieren, ob ein Kunde bereits bezahlt hat und etwa die Bestellung für den Versand freigeben – und akzeptiert dank der Electrum-Klone nicht nur eine, sondern gleich drei Kryptowährungen.

Der große Vorteil von Electrum: Um den Zahlungseingang zu überprüfen, genügt auf dem Server ein Read-only Wallet, das nur den Master Public Key (MPK), aber keine Seeds oder Private Keys enthält. Damit sind die Bitcoins selbst dann sicher, wenn Angreifer das Wallet erbeuten würden. Das Wallet mit den Private Keys verwahrt man sicher auf dem eigenen Rechner und kann von dort aus die Bitcoins an Kryptobörsen verkaufen, wenn man akut Geld braucht oder der Kurs wieder günstig ist. (mid@ct.de)