c't 14/2018
S. 48
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Milliardenprogramm

Kampfdrohnen für die Bundeswehr

Die Bundesregierung rüstet die Bundeswehr mit neuen Drohnen aus. Doch die Heron-TP-Modelle von Airbus könnten nicht nur Fotos schießen – sondern auch mit Lenkraketen.

Der Bundestag hat eine Beschaffungsvorlage der Bundeswehr bewilligt. Für 718 Millionen Euro will die Truppe über die Firma Airbus Defence & Space Airborne Solutions GmbH (ADAS) Drohnen vom Typ Heron TP (siehe Bild) für neun Jahre leasen. Sie lösen die fünf von ADAS ebenfalls geleasten Heron 1 ab, die von Israel Aerospace Industries (IAI) gebaut wurden. Von ihnen sind bislang drei in Afghanistan im Einsatz, während zwei in Bremen gewartet werden.

Im neuen Leasing-Paket sind vier Bodenstationen und zwei Ausbildungssimulatoren für die Drohnenpiloten, nicht aber die Umsatzsteuer enthalten – weil derzeit unklar ist, ob Deutschland sie zahlen muss oder Israel. Dort sollen die Drohnen ab 2020 stationiert und in ihre beiden Einsatzgebiete verbracht werden.

Für das erste Einsatzgebiet sind 100 Millionen Euro fällig, für das zweite 210 Millionen. Hinzu kommen Dienstleistungen bei der Pilotenausbildung, für die Israel weitere 178 Millionen berechnet. Im Vollausbau kommt die neue Zwischenlösung vor Steuern auf rund 1,2 Milliarden Euro.

Jenseits der Aufklärung

Eigentlich hätte die Beschaffungsvorlage schon längst vom Tisch sein sollen. Doch die Heron TP hat eine Besonderheit: Sie kann nicht nur mit Aufklärungstechnik bestückt werden, sondern auch mit Lenkwaffen. Deshalb bekam die SPD kurz vor der Bundestagswahl kalte Füße und machte sich für eine Diskussion der ethischen Frage stark, ob Drohnenpiloten im Rahmen eines „robusten“ Bundestagsmandats aus der Ferne töten sollen.

Die SPD drückte die Pausentaste und schrieb in die Beschaffungsvorlage: „Die Herstellung der vollumfänglichen Bewaffnungsfähigkeit, die eine taktische Waffenausbildung des Bedienpersonals der Luftwaffe voraussetzt, sowie eine Munitionsbeschaffung sind nicht beauftragt. Über diese Maßnahmen soll erst nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung […] entschieden werden.“ Doch nun hat die SPD der Drohnenanschaffung erst einmal ohne eine solche „Würdigung“ zugestimmt. Nach wie vor ist unklar, wann und wie diese stattfinden soll.

Im Unterschied zur FDP, die die Drohnen am liebsten sofort bewaffnen würde, lehnen dies die Grünen und die Linke rundweg ab und fordern eine Debatte im Bundestag. Dies auch vor dem Hintergrund der Diskussion um die künftige europäische Drohne: Wie das Mockup des EuroMALE auf der Internationalen Luftfahrtschau in Berlin zeigte, wird sie noch einmal deutlich größer ausfallen und damit mehr Lenkwaffen tragen können.

Pegasus und ISIS

Noch größer sind die Triton-Drohnen der MALE-Klasse (Medium Altitude Long Endurance) für die Signalaufklärung an der Ostgrenze der NATO im Pegasus-Projekt (PErsistent German Airborne SUrveillance System). Sie werden vom amerikanischen Unternehmen Northrop Grumman gebaut. Angedacht ist, dass sie von deutschen Flughäfen starten, über Deutschland kreisen und alle abgefangenen Funksignale zur Bodenstation nach Nienburg leiten.

Doch noch ist völlig unklar, ob diese Drohnen die „dauerhafte Flugfreigabe“ bekommen. Ohne diese Freigabe müssten für alle Starts und Landungen Luftkorridore gesperrt werden, was einen erheblichen Eingriff in den Luftverkehr darstellt. Auf ihrer „operationellen Flughöhe“ von 15 Kilometern ist das Fliegen dann unproblematisch, wie das Beispiel der baugleichen „Global Hawk“ zeigt: Diese starten regelmäßig im italienischen Sigonella, kreisen über dem Mittelmeer und fliegen dann nach Litauen oder Estland, um dort Daten über russische Streitkräfte zu sammeln.

Doch Pegasus ist nicht das einzige Drohnen-Programm, das Hunderte von Millionen kostet: Bis 2013 wurde von einem deutschen Konsortium unter Führung von Airbus das Aufklärungssystem ISIS für 270 Millionen Euro entwickelt. Das Verteidigungsministerium pries es damals als das „Kronjuwel“ deutscher Technik.

Seitdem aber verstauben die halbfertigen Komponenten in Ulm, Manching und Immenstaad. 2015 erklärte die Bundesregierung, dass noch einmal 55 Millionen Euro benötigt würden, um ISIS zur Funktionsreife zu führen. Inzwischen ist selbst diese Summe vom Tisch: Auf eine kürzlich gestellte Kleine Anfrage der Linken (BT-Drs 19/2199) gab die Regierung zu, dass die Entwicklungskosten für die Einsatztauglichkeit von ISIS derzeit nicht geschätzt werden könnten. (hag@ct.de)