c't 13/2018
S. 3
Editorial
Axel Kossel

Fehler 451

Jutta hat ihre Website vom Netz genommen. Denn ihre Praxis für Welpen-PEKiP (korrektes Hundebespaßen) hat damit noch keinen einzigen Kunden gewonnen. Den Anlass zur Abschaltung lieferte aber die DSGVO - und ein bisschen Schuld habe auch ich. Zwar konnte ich Jutta davon überzeugen, dass kein Geschwader von Datenschutz-Politessen mit gezückten Knöllchen-Blöcken darauf wartet, ihr ein hohes Bußgeld zu verpassen. Aber die Angst vor abmahnwütigen Mitbewerbern und willfährigen Anwälten konnte ich ihr nicht nehmen.

Jutta sammelte nie Adressen oder handelte gar damit, ihre Seiten setzten keine Cookies, sie trackte keine Besucher und IP-Adressen wurden auf dem Server nur geloggt, weil der Hoster das aktiviert hatte. Nun braucht sie eine Datenschutzerklärung und weiß nicht warum und woher.

Das bedeutet aber nicht, dass die DSGVO falsch wäre. Auch Jutta will, dass ihre persönlichen Daten künftig besser geschützt werden. Sie ärgert sich über Mark Zuckerberg, der mit User-Tracking und dem Einblick in persönliche Daten reich geworden ist und nach dem Plausch mit europäischen Politikern wieder entspannt nach Hause jetten darf.

Was momentan viele Leute aus dem Web vertreibt, ist nicht die Datenschutzgrundverordnung, sondern die Angst vor kostenpflichtigen Abmahnungen. Die ist nicht neu, sondern vergällte schon bei Impressumspflicht und angeblichen Urheberrechtsverletzungen die Freude an der eigenen Website. Dennoch hat der Gesetzgeber diesem Unwesen keinen Riegel vorgeschoben. Ob eine fehlerhafte Datenschutzerklärung überhaupt abgemahnt werden darf, ist noch unklar. Das hält windige Advokaten nicht davon ab, schon mal kostenpflichtige Abmahnungen zu versenden (siehe S. 16), natürlich mit hoch angesetztem Gegenstandswert und versehen mit einer ruinös strafbewehrten Unterlassungserklärung - die "Arbeit" soll sich ja lohnen. Jutta käme das viel zu teuer.

Ob die nun abgeschalteten Seiten von Jutta und vielen anderen ein Verlust fürs Web sind, sei dahingestellt. Dass aber die Nutzung eines so wichtigen Mediums für viele zu riskant erscheint, schränkt das Recht auf freie Meinungsäußerung zu stark ein. Zwar darf dieses Recht nicht den Datenschutz außer Kraft setzen, aber Datenschutzverstöße sollten von den zuständigen Behörden geahndet werden, nicht von Anwälten. Sonst droht am Abmahnwesen noch das deutsche Web zu verwesen.

Unterschrift Axel Kossel Axel Kossel

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