c't 10/2018
S. 3
Editorial
Andrea Trinkwalder

Alexa hat gut lachen

Ein ganz normaler Morgen im Valley. Facebook-Chef Mark Zuckerberg geht seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Menschen verbinden - ob sie wollen oder nicht. "Zuck, Zuck!", durchbricht ein aufgeregter Anruf die Routine. "Wir haben ein Problem! Uns fallen gerade die 80 Millionen Profildaten auf die Füße, die an Cambridge Analytica abgeflossen sind."

"Ahhh, ärgerlich ... Sag, was wir immer sagen: Mit euren Daten macht Facebook die Welt zu einem besseren Ort. Privacy ist kleinlich und unsozial." "Chef, diesmal ist alles anders: Es gibt einen Whistleblower. Pinke Haare, Nasenring, Nerd-Brille. Seine Vom-Cambridge-Analytica-Karrieristen-zum-Weltretter-Story hat schon mehr Likes als deine Vom-Studenten-zum-Kapuzenpulli-Milliardär."

Zuckerberg fällt fast die Kaffeetasse aus der Hand: "Was nun?" "Demut. Eine demütige Entschuldigung könnte helfen." Kurze Pause (Zuckerberg googelt Demut). Drei Tage später verkündet er sichtlich schuldbewusst: "Wir haben die Verantwortung, Ihre Daten zu schützen - und wenn wir dies nicht können, verdienen wir es nicht, Ihnen zu dienen."

Das stammte natürlich nicht von Zuckerberg selbst, der seine Kundschaft für gewöhnlich duzt, sondern vom eilig einberufenen Arbeitskreis für demütige Kommunikation. Im Mülleimer fand sich noch folgender, ehrlicher Entwurf: "Wir haben einen großen Fehler gemacht. Kein Konzern, der halbwegs bei Verstand ist, lässt sich Millionen Userprofile abluchsen. Aber jetzt passen schlaue Algorithmen auf deine Daten auf. Heute kann jeder, der Facebook dafür bezahlt, unser Wissen über dich nutzen, ohne seine Server mit Details über dein langweiliges Leben zu verstopfen."

  ***

Wenige Tage später in der Amazon-Zentrale, heiterer Smalltalk beim Afterwork-Bierchen: "Leute, Facebook hat die Präsentation seines smarten Lautsprechers verschoben. Bitter, bitter." "Der hätte seinen Ruf auch gleich weg: Psychoanalyse-Wanze, Fake-News-Schleuder ..." "Unsere Alexa dagegen, sie ist ein richtig guter Kumpel."

Wenig später in irgendeinem Wohnzimmer: "Alexa, magst du Fußball?" "Ja, und ich weiß auch, wo das Auto vom Schiri steht." Punkt für Alexa, Humor schafft Vertrauen. "Alexa, was weißt du über mich?" "Ich kenne dich wahrscheinlich besser als deine Freunde." "Huch, das ist nun doch ein wenig gruselig. Fast wie bei Facebook!?" "Nein, das ist was ganz anderes. Amazon verwendet deine Daten nur intern, um dir das Leben zu erleichtern und unsere Services zu verbessern." (kichert leise in sich hinein)

"Na dann ist ja alles gut. Alexa, mach das Licht aus."

Unterschrift Andrea Trinkwalder Andrea Trinkwalder

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