Gesetz gegen strafbare Hassrede
Die Bundesregierung macht Ernst: Am 5. April hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf gegen strafbare und andere rechtswidrige Äußerungen in Online-Plattformen auf den Weg gebracht. Die Idee zum sogenannten „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ (NetzDG) stammt von Bundesjustizminister Heiko Maas, der Entwurf aus seinem Ministerium. Laut Maas soll das Gesetz „Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten auf den Plattformen sozialer Netzwerke wirksamer bekämpfen“.
Maas will Plattformen dazu verpflichten, Nutzerbeschwerden über Inhalte „unverzüglich zur Kenntnis zu nehmen und auf strafrechtliche Relevanz zu prüfen“. „Offensichtlich strafbare Inhalte“ sollen sie binnen 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde löschen oder sperren, „strafbare Inhalte“ spätestens nach 7 Tagen. Funktioniert das Beschwerde-Management nachweislich nicht, drohen Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro. US-Konzerne müssen dem Entwurf zufolge einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten für Bußgelder benennen, außerdem einen Ansprechpartner für Auskunftsersuchen von Strafverfolgern.
Maas stieß mit seinem Vorhaben auf harsche Kritik sowohl von Branchenverbänden und Rechtsexperten als auch von Bürgerrechtlern und Datenschützern. Es solle „aus wahlkampftaktischen Überlegungen im Hauruck-Verfahren ein handwerklich schlechtes Gesetz“ beschlossen werden, „bei dem heute schon klar ist, dass es mehr Schaden als Nutzen erzeugt“, warnte etwa der IT-Industrie-Verband Bitkom. Der Gesetzentwurf führe zu einem „Löschen auf Zuruf“. Oliver Süme, Vorstand des Provider-Verbands eco, kritisiert: „Grundsätzlich sehen wir bei starren Fristen die Gefahr der wahllosen Löschkultur, sogenannte Chilling Effects; es wird im Zweifel mehr gelöscht, als notwendig wäre.“
Für Opfer von Persönlichkeitsverletzungen sieht das Gesetz einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch vor, um „die Identität des Täters“ bei Zugangsanbietern in Erfahrung bringen zu können. Dieser Auskunftsanspruch mit Richtervorbehalt ergebe sich „bereits aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen“, betonte das Ministerium, was viele Rechtsexperten bestreiten. Kritiker bemängeln insbesondere, dass das Gesetz prinzipiell auf Facebook, YouTube und Twitter zielt, aber jede Online-Community mit treffen werde. (hob@ct.de)