c't 5/2017
S. 136
Kinderleicht
Elektronik mit Knete
Aufmacherbild

Kneten statt löten

Mit leitfähiger Knetmasse Elektronik gestalten

Leitfähige Knetmasse vereint Kunst mit Volt und Ohm. Damit können sogar kleine Kinder schon eigene Elektronik-Experimente gestalten.

Viele Elektronik-Baukästen sind eher was für den Ingenieurs-Nachwuchs, der auf Schaltpläne statt Bilderbücher konditioniert wurde. Es gibt aber auch eine optisch und haptisch ansprechende Alternative zu den oft billig gefertigten Plastik-Steckbrettern: leitfähige Knete. Mit einem gut sortierten Knete-Vorrat sind kleine Elektroniker klar im Vorteil. Sie ist bunt. Sie ist Kunstwerk, Kabel und Steckbrett in einem. Notfalls dient sie auch als Sensor oder Stromquelle. Und sogar Kindergartenkinder kommen damit klar.

Pionierarbeit auf dem Feld der „Squishy Circuits“ (matschigen Schaltkreise) leistete eine Projektgruppe um Annmarie Thomas, die das Playful Learning Lab der Universität St. Thomas in Minnesota leitet. Nach umfassenden Experimenten mit diversen Rezepturen hatten die Forscher perfekte Mischungen für eine leitende und isolierende Masse ausgetüftelt. Beide lassen sich mit günstigen Hausmitteln wie Salz, Zucker, Öl und Mehl herstellen (siehe Kasten „Leit-Rezepte“ auf S. 139). Die Forscher haben sogar deren Widerstände ausgemessen und ihre Ergebnisse in einem Paper veröffentlicht (siehe c’t-Link).

Interessant: Die selbstgekochte leitfähige Knete wies im Test mit unterschiedlichen Stichproben einen recht konstanten Widerstand auf, während die Leitfähigkeit kommerzieller Play-Doh-Knete stark von der gewählten Farbe abhing. Sowohl Kosten, Spaß als auch Materialeigenschaften sprechen also dafür, die Masse selbst beziehungsweise zusammen mit den Kindern herzustellen.

Zum Kasten: Der c’t-Tipp für Kinder und Eltern

Als Stromquelle dient eine handelsübliche 9-V-Blockbatterie oder ein Satz Akkus, die in einen Batteriehalter geklipst werden. Die Verbindung stellen – abhängig von der verwendeten Batterie – entweder Kabel mit Krokodilklemmen oder ein Batterieclip her. Für erste einfache bis mittelschwere Experimente, die wir hier zeigen, genügen ein paar Leuchtdioden (LEDs). Fortgeschrittene können ihre Kreativität mit Motoren, Transistoren, Sensoren, Summern sowie programmierbaren Bauteilen wie dem Makey-Makey-Kit ausleben. Notfalls lässt sich sogar eine Batterie aus mehreren Schichten Knete, Nägeln und Kupfderdraht herstellen, wobei der Block schon sehr groß geraten muss, um eine LED mit Strom zu versorgen.

Erste Erleuchtung

Der einfachste Stromkreis besteht aus einer Batterie, zwei Kabeln mit Krokodilklemmen, zwei Kugeln aus Knetmasse und einer LED. Zu beachten ist hier und bei allen anderen Experimenten, dass man die Leuchtdioden und andere Bauteile niemals direkt mit der Stromquelle verbinden darf. Weil die LEDs nur geringe Spannungen und Ströme vertragen, benötigen sie einen Vorwiderstand, der den Stromfluss reguliert. Betreibt man sie ohne Vorwiderstand, leben sie nicht lange. Bei den folgenden Experimenten dient die Knetmasse als Vorwiderstand.

Der einfachste Stromkreis besteht aus zwei leitfähigen Knetekugeln, LED und Batterie. Der längere LED-Kontakt muss mit dem Pluspol der Batterie verbunden werden. Will man ein massives Objekt zum Leuchten bringen, benötigt man eine isolierende Trennschicht.

Für einen einfachen Stromkreis formen Sie also zwei Kugeln, legen sie in geringem Abstand nebeneinander und überbrücken die Lücke mit einer LED. Anschließend verbinden Sie die Kabel mit den Polen der Batterie und den Knetekugeln. Dabei muss der längere Draht der LED mit dem Pluspol (Anode) und der kürzere mit dem Minuspol (Kathode) verbunden werden. Falschrum macht nichts kaputt, bleibt aber dunkel. Mit solch einfachen Stromkreisen können die Kinder Reihen- und Parallelschaltungen bauen sowie den Effekt unterschiedlich dicker und langer Knetmasserollen experimentell studieren. Steckt man das Birnchen einfach nur direkt in eine Knete-Kugel und verbindet diese mit der Batterie, leuchtet es übrigens nicht. Warum? Weil sich der Strom den Weg des geringsten Widerstands sucht, also direkt durch die Knete fließt.

Zum Kasten: Von der Hüpfknete zum Hightech-Sensor

Zum Kasten: Leit-Rezepte

Weil der Gestaltungsspielraum mit voneinander getrennten Knetekugeln oder -rollen recht begrenzt ist, benötigt man isolierende Knete, die mit Zucker statt Salz und destilliertem statt Leitungswasser hergestellt wird. Verbindet man die leitfähigen Kugeln mit diesem Material, fließt der Strom aufgrund des hohen Widerstands durch die LED-Brücke. Übri-gens leitet auch die Zuckerknete Strom, nur deutlich schlechter als die salzige. Theoretisch lässt sich also auch allein mit Komponenten aus der „isolierenden“ Knete eine Leuchtdiode betreiben, die dann allerdings nur schwach glimmt.

Tiere mit Leuchtaugen

Mit raffiniert geschichteten Lagen aus isolierender und leitender Knete können Kinder Tiere und Skulpturen mit glühenden Augen gestalten oder interaktive Figuren konstruieren, die aufleuchten, wenn sie sich berühren. Auch die Drähte lassen sich trickreich verstecken. Der Aufbau erfordert dann etwas mehr Planung und Abstraktionsvermögen, um die leitenden Bahnen sauber voneinander zu trennen. Weil der Nachwuchs seine Ideen wahrscheinlich nicht gleich beim ersten Anlauf in ein funktionsfähiges Objekt umsetzen kann, sollten Sie zumindest technische Pannen weitgehend ausschließen. Schalten Sie dazu vorab alle verwendeten Bauteile in einem einfachen Stromkreis zusammen, um sicherzustellen, dass sie funktionieren.

Hübsche 2D-Knetebilder mit vielen bunten LEDs schaffen Kinder alleine durch Ausprobieren.
Eine Kugel isolierender Knete bildet den Alien-Kopf. Die Anoden der LEDs ragen unten, die Kathoden hinten heraus.
Beim Umhüllen mit leitfähiger Knete bleiben die Anoden frei. Zwischen Kathoden und Augen darf die Hülle dicker sein.
Stecken Sie eine Rolle leitfähige Knete so auf die Anoden, dass sie die „Kopfhaut“ nicht berührt.
Ummanteln Sie den Körper mit einer dicken Isolierschicht, wobei am Rücken der Anschluss für die Anode frei bleibt.
Gestalten Sie das Äußere mit leitfähiger Knete. Lassen Sie am besten eine Lücke zwischen Hals und Körper.
Verbinden Sie den Kontakt im Rücken mit dem Pluspol und die „Kopfhaut“ mit dem Minuspol der Batterie.

Um etwa ein Alien mit glühenden Augen zu gestalten, empfiehlt sich eine Parallelschaltung, die nach demselben Prinzip aufgebaut ist wie der einfache Block im obigen Beispiel: zwei durch eine isolierende Schicht getrennte leitfähige Schichten, verbunden durch zwei LEDs und die beiden Batteriekabel. Formen Sie zunächst eine Kugel aus isolierender Knetmasse und stecken beide LEDs so hindurch, dass die Minuspole nach hinten und die Pluspole nach unten zeigen. Umhüllen Sie den Kopf des Außerirdischen mit einer Schicht aus leitfähiger Knete. Vergessen Sie nicht zwei Aussparungen für die Augen. Zwischen den Augen und den Kathoden darf die „Haut“ richtig dick sein. Diese Stelle dient später als Anschluss für die Krokodilklemme. Die nach unten gerichteten Anoden bleiben frei. Formen Sie nun eine längliche kurze Rolle aus leitfähiger Knete, die Sie auf die Anoden stecken und fest an den isolierenden Teil der Kopfes dranmodellieren. Umhüllen Sie diese Rolle mit einer isolierenden Schicht, wobei der hintere Teil als Anschluss frei bleibt. Testen Sie am besten jetzt, ob der Stromkreis funktioniert, indem Sie die Anode mit der unteren Rolle verbinden und die Kathode mit der „Kopfhaut“. Nun können Sie aus dünner leitfähiger Knete die restliche Hülle nach Gusto gestalten. Lassen Sie dabei am besten eine kleine Lücke zwischen Kopf und Körper. Falls die Augen nur schwach glimmen oder kurz aufleuchten, benötigen Sie eine zusätzliche Batterie oder versuchen Sie, den Widerstand innerhalb des Stromkreises zu verringern, indem Sie die Wege verkürzen.

Um möglichst lange Spaß mit den süßsalzigen Stromkreisen zu haben, bewahren Sie die Knetmasse luftdicht verschlossen am besten im Kühlschrank auf. Biegen Sie die LED-Kontakte so, dass sie nicht direkt an der Birne abknicken und biegen Sie sie nicht mehrmals hin und her. Vergessen Sie nicht, Klemmen, LED-Kontakte und andere Metallteile nach Gebrauch zu reinigen (beispielsweise mit Isopropylaklohol). Sie korrodieren extrem schnell, wenn Reste von Salzteig daran kleben bleiben. (atr@ct.de)