c't 25/2017
S. 40
Internet
Firefox Quantum
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Quantensprung

Mozilla veröffentlicht Firefox Quantum

Mozilla erfindet Firefox neu und veröffentlicht mit Quantum das „größte Update aller Zeiten“. Der Browser ist schneller, schlanker und schöner geworden und soll endlich mit Chrome mithalten. Probleme gibt es allerdings mit den Erweiterungen.

Er ist wirklich schnell, das fällt sofort auf. Die Webseiten sind zügig da, kein Tab bleibt lange leer – so mancher Chrome-Nutzer dürfte positiv überrascht sein, wenn er den neuen „Firefox Quantum“ ausprobiert. Bislang galt Mozillas Browser doch eher als behäbig. Jetzt geht Mozilla lautstark in die Offensive und bietet dem Rivalen Chrome die Stirn. Der ist allerdings deutlicher Marktführer, auch in Deutschland, dem Land der Firefox-Liebhaber.

Mark Mayo betont im Gespräch mit c’t: „It is really fast“, wirklich schnell. Der Firefox-Chef hofft, dass Chrome im Vergleich zu Firefox Quantum geradezu veraltet wirkt. Der runderneuerte Browser soll sich dank neuer Engine nicht mehr wie ein Kompromiss anfühlen und endlich die Kehrtwende einleiten. Dafür haben die Entwickler 75 Prozent der Codebasis von Firefox angefasst, 6.886.199 Codezeilen geändert und 4.888.199 neue hinzugefügt. Der interne Umbau war keine „glamouröse Arbeit“, sagt Mayo. „Es gab eine Menge zu tun.“

Die Veröffentlichung von Quantum bringt einen mehrjährigen Transformationsprozess zum vorläufigen Abschluss. Eines der größten Teilprojekte war der Umstieg auf eine Multiprozess-Architektur in Version 54. Bis dahin griff Firefox üblicherweise nur auf einen Prozessorkern zurück – ein enger Flaschenhals. Mit Version 57 nutzt auch die neue CSS-Engine „Quantum CSS“ (Stylo) mehrere Kerne, um Webseiten schneller zu zeichnen. Die in Rust geschriebene CSS-Engine entfaltet ihre Kraft insbesondere bei komplexeren Seiten und Web-Apps, erklärt Mark Mayo.

Bei internen Benchmarks mit Speedometer 2.0 war Firefox 57 laut Hersteller doppelt so schnell wie Version 52, was wir mit eigenen Messungen bestätigen konnten. Im Vergleich zu Microsoft Edge 41 (128 Punkte) liegt Firefox 57 (125 Punkte) gleichauf; Chrome 62 hat mit 189 Punkten aber einen deutlichen Vorsprung. Im Alltagsgebrauch merkt man jedoch kaum einen Unterschied: Firefox 57 macht eine gute Figur und die Schwuppdizität stimmt.

Neues Photon-Design

Außer der neuen Quantum-Engine hat Firefox auch ein frisches Aussehen erhalten: „Photon“. Dank der neuen Bedienoberfläche lässt Firefox sich besser auf hochauflösenden Bildschirmen mit dem Finger bedienen. Die Tabs sind nun eckig und liegen auf einer dunklen Titelleiste, von der es auch eine helle Variante gibt. Die Dev-Tools wurden ebenfalls aufgehübscht und verbessert.

Insgesamt wirkt die Version 57 aufgeräumter als ihre Vorgänger. Das Hauptmenü haben die Designer schlanker gestaltet, es lässt sich allerdings nicht mehr umsortieren und erweitern. Die Symbolleiste bleibt anpassbar und bietet Platz für optionale Icons. Zusätzlichen Raum bietet ein „Überhangmenü“, das sich ausklappt. Neu ist die „Bibliothek“: Sie sammelt zentral alles, was beim Surfen so anfällt, also Lesezeichen, „wichtige Seiten“, die Chronik, Downloads und mehr. Der Download-Button erscheint in der Symbolleiste nur noch, wenn der Browser eine Datei heruntergeladen hat. In der Adresszeile verbirgt sich hinter drei Punkten ein weiteres Menü mit Website-spezifischen Optionen. Der Nutzer kann damit etwa schnell einen Screenshot erstellen.

Add-ons gehen nicht mehr

Firefox-Nutzer, die viele Erweiterungen installiert haben, könnten allerdings eine böse Überraschung erleben: Ab sofort sind nur noch Add-ons erlaubt, welche die WebExtension-APIs nutzen. Die veralteten XPCOM- und XUL-Schnittstellen wurden abgeschaltet. Dadurch schrumpfte das Angebot an kompatiblen Add-ons merklich – von über 21.000 auf rund 6.000. Das führte zu Kritik, auch weil Mozilla die Nutzer vorab nicht ausreichend informiert habe, so ein oft gelesener Vorwurf. Das Sandboxing bei Add-ons sorgt immerhin für mehr Sicherheit: Wegen des Umstiegs auf WebExtensions laufen diese nun in einem eigenen Prozess, was zugleich deren Stabilität erhöht.

Nach dem Update ist vor dem Update: Version 57 war nur „der erste Schritt in einer Evolution“, erklärt Mark Mayo. Eine der größeren Veränderungen wird die Einführung von WebRender sein, einem weiteren Bestandteil von Quantum. Laut Mayo soll der Renderer für Webseiten irgendwann ab Version 60 kommen. Es werde das größte „Pipeline-Update“ in nächster Zeit sein. Zunächst muss sich aber zeigen, ob die Nutzer Lust auf den neuen Firefox haben und ihm eine (zweite) Chance geben. Verdient hat er sie. (dbe@ct.de)