c't 25/2017
S. 111
Kinderleicht
Keksausstecher aus dem 3D-Drucker
Aufmacherbild

In der 3D-Weihnachtsbäckerei

2D-Zeichnungen in 3D-Plätzchenausstecher verwandeln

Mit 3D-Druckern kann man nicht nur Schlüsselanhänger zweifelhafter Ästhetik herstellen, sondern auch richtig nützliche Sachen: zum Beispiel selbst gestaltete Ausstecher fürs Weihnachtsgebäck.

Weihnachtszeit ist Plätzchenzeit. Es duftet nach Zimt und Vanille, man kramt alte Rezepte raus und backt wie vor zig Jahren: Terrassen, Vanillekipferl, Spritzgebäck und all die anderen Klassiker. Wer sich in der Vorweihnachtszeit nicht komplett vom heimeligen Landlust-Idyll vereinnahmen lassen möchte, kann mit Eigenkreationen aus dem 3D-Drucker ein paar nerdige Akzente auf dem Plätzchenteller setzen. Noch muss man dafür den Umweg über selbst gestaltete Ausstechformen nehmen.

Das ist aber gar nicht schwer und macht auch noch richtig Spaß: Vorlagen für individuelle Ausstecher können Kinder einfach von Hand zeichnen; um die technische Umwandlung der Stiftstriche zum 3D-Modell kümmert sich das kostenlose Online-Werkzeug Cookie Caster. Das Ergebnis lässt sich dann auf dem heimischen 3D-Drucker, im örtlichen Makerspace oder bei einem Druckdienstleister mit geringem Aufwand materialisieren. Wir haben versuchsweise Yoda, eine Fledermaus und einen Drachenechsen-Hybrid in Keksform gebracht.

Zeichenkunst

Weil Keksausstecher recht simple dreidimensionale Gebilde sind, lassen sie sich durch einfache Extrusion aus einer 2D-Zeichnung gewinnen – ähnlich wie die Geschosse eines Hauses aus dem Grundriss. Dazu müssen Sie weder ein überdimensioniertes CAD-Softwarepaket aus dem Anlagenbau installieren noch alte Geometrie-Schulhefte rauskramen. Stattdessen füttern Sie einfach das auf weihnachtliche Förmchen spezialisierte Online-Tool Cookie Caster mit einer 2D-Skizze. Es konstruiert daraus automatisch ein Modell im STL-Format, das die meisten 3D-Drucker verarbeiten können. Für die Bedienung des englischsprachigen Dienstes reichen einfache Kenntnisse der Sprache aus.

Jedi-Urvater Yoda, kurz bevor er zum Keksausstecher wird. Per Schwellenwert-Funktion (hier in Gimp) verschwinden störende Grautöne schnell aus abfotografierten Zeichnungen.

Das Erstellen einer geeigneten Vorlage ist nicht schwierig und auch von kleinen Kindern zu bewältigen, sofern man ihnen zuvor erklärt, worauf es ankommt: Die Kunst besteht in der Reduktion, also im Weglassen von Details. Wer sich beispielsweise seine Star-Wars-Helden backen möchte, muss eine möglichst einfache Form und Pose mit hohem Wiedererkennungswert finden. Wem dafür die Vorstellungskraft fehlt, der sucht sich im Internet einige Fotos und Zeichnungen zur Inspiration – oder zum Abpausen. Kinder können die Vorlagen auf Papier oder direkt auf dem Tablet in einer Mal-App zeichnen. Im ersten Fall müssen Sie die Vorlage anschließend abfotografieren oder scannen, in eine Schwarzweiß-Grafik umwandeln, gegebenenfalls mit Hilfe weißer und schwarzer Pinselstriche säubern und als JPEG oder PNG speichern.

Nach einem Zauberstab-Klick in die Mitte der Figur beginnt Cookie Caster, einen geschlossenen schwarzen Umriss zu suchen und markiert diesen mit einem leuchtend türkisen Rahmen.

Über die Trace-Schaltfläche öffnen Sie die Bilddatei im Cookie Caster. Ein einfacher Klick mit dem Zauberstab (Magic Trace) ins Innere der Form zeigt der Software, wo sie nach Rändern suchen muss. Nach kurzer Rechenzeit erscheint im Hauptfenster ein leuchtend türkiser Umriss und rechts oben im Vorschaufenster das daraus konstruierte 3D-Modell. Dort können Sie es drehen und ausgiebig von allen Seiten begutachten. Wenn Sie mit dem Ergebnis zufrieden sind, stellen Sie unterhalb des Vorschaufensters die gewünschten Abmessungen ein. Die Voreinstellungen für Randhöhe und -stärke können Sie beibehalten, gegebenenfalls reduzieren Sie die Stärke auf 1 bis 1,5 mm. Als maximale Größe (Länge) wählen Sie vorerst Medium; die endgültige Größe geben Sie später in der 3D-Drucksoftware oder beim Upload zum Dienstleister noch exakt an. Das von Cookie Caster erzeugte STL-Format wird von den meisten Druckern und Dienstleistern akzeptiert.

Optimierungstipps

Zum Kasten: Der c’t-Tipp für Kinder und Eltern

Nicht immer gelingt die Erkennung auf Anhieb, gegebenenfalls müssen Sie die Kinderzeichnung am Rechner nachbessern. Damit Ihre Kinder auch auf Papier nach Herzenslust experimentieren können und Sie nicht so viel nacharbeiten müssen, gehen Sie am besten folgendermaßen vor: Lassen Sie die Kinder mit Bleistift skizzieren, bis das Ergebnis passt. Anschließend ziehen Sie oder Ihr Kind das fertige Bild außerhalb der Bleistiftlinien mit einem schwarzen dünnen Filzstift oder Fineliner nach.

Das Nachziehen sollte außen stattfinden, weil sich Cookie Caster am Inneren der Umrisslinie orientiert. So erhalten Sie ein homogenes Inneres und vermeiden Engstellen. Radieren Sie vor dem Scannen die Bleistiftspuren sorgfältig weg und stellen Sie sicher, dass die Form keine Lücken aufweist. Sehr kleine Lücken toleriert die Software, größere kann sie nicht überbrücken. Wichtig: Arme, Beine und andere dünne Gliedmaßen müssen deutlich breiter ausfallen als in natura. Schmale Stege bedeuten Plätzchenbruch, in engen Winkeln bleibt der Teig kleben.

Drucken: Wie und womit?

Besitzer eines eigenen 3D-Druckers sind klar im Vorteil: bevorzugtes Filament einlegen, STL-Datei laden, gewünschte Größe angeben, warten. Die 1,5 Stunden, die unser Ultimaker 2+ für die Yoda-Form brauchte, passen perfekt, um den Plätzchenteig vorzubereiten und ruhen zu lassen. Auch im Makerspace oder FabLab um die Ecke druckt es sich vergleichsweise schnell und günstig. Beim Druckdienstleister müssen Sie zwei bis drei Wochen Lieferzeit einkalkulieren und sind nicht ganz so frei in der Auswahl des Materials. Zudem variieren die Preise recht stark. Manche Anbieter verlangen Handling-Pauschalen, die das Förmchen unverhältnismäßig teuer machen; da kann der Preis schon mal in Richtung 30 bis 50 Euro gehen.

trinckle3D vereint Bedienkomfort mit einem guten Preis/Leistungsverhältnis und lieferte zuverlässig innerhalb der angegebenen Zeit.

Billig ist der Spaß generell nicht, denn der Druckservice kommt in jedem Fall teurer als die für wenige Euro erhältlichen Exemplare von der Stange. Aber die sind weder selbstgemacht noch nerdig. Als vergleichsweise günstigen Dienstleister haben wir trinckle 3D ausfindig gemacht. Unser 6 cm × 5 cm großer Yoda kostete knapp neun Euro, die 7 cm × 3 cm große Fledermaus war mit 6,50 Euro am günstigsten und die 7 cm × 5,5 cm fassende Drachenechse mit fast 12 Euro am teuersten. trinckle 3D druckt Polyamid (PA) in Laser-Sinter-Technik. Die Oberfläche ist etwas rau, matt und leicht flexibel. Das verwendete PA 2200 ist auch für den Kontakt mit Lebensmitteln zertifiziert, mit Ausnahme alkoholischer Getränke. Es wird übrigens auch in der medizinischen Prothetik eingesetzt.

Als Alternative zu PA bietet sich auch Polyactid (PLA) an. PLA ist eines der verbreitetsten Materialien für 3D-Druck und besitzt wie PA ebenfalls eine etwas rauere Oberfläche. Es wird aus Maisstärke gewonnen und für den 3D-Druck mit Additiven angereichert. Auch PLA eignet sich für den Kontakt mit Lebensmitteln. Wenn Sie nicht sicher sind, ob die zugesetzte Farbe lebensmittelecht ist, verwenden Sie am besten ungefärbtes PA oder PLA. PA ist bis 70 Grad temperaturstabil, PLA wird schon ab 60 Grad weich, womit man beide theoretisch im Öko-Waschgang in der Spülmaschine reinigen könnte. Dennoch dürfte händisches Reinigen bei niedriger Temperatur und mit weniger aggressiven Spülmitteln die Lebensdauer der Formen verlängern.

Yoda ließ sich problemlos ausstechen. Engstellen wie hier am Schwanz der Drachenechse oder an den Fledermausohren sollte man vermeiden, weil darin der Teig hängen bleibt.

Die mit zwei Millimeter Wandstärke gedruckten Ausstechformen erreichten uns in sehr guter Qualität. Theoretisch kann man sie auf einen Millimeter reduzieren, wodurch das Werk aber filigraner wird und möglicherweise die ein oder andere grobe Behandlung durch Kinderhand nicht übersteht. Auf Bruchtests mit Belastung in alle erdenklichen Richtungen haben wir zwecks Erhaltung des Familienfriedens verzichtet, sachgemäße Anwendung (Druck von oben) stellte kein Problem dar. Tests unter verschärften vorweihnachtlichen Produktionsbedingungen stehen noch aus.

Wenn Sie alternative Dienstleister abklopfen möchten, können Sie die Preise in der Regel nach dem Upload der STL-Datei online kalkulieren – leider lässt sich nicht bei jedem Anbieter das Modell interaktiv skalieren. Wichtig ist, dass keine hohen Handling-Pauschalen anfallen und Materialien zur Wahl stehen, die für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind. Ähnliche Preise wie trinckle 3D bietet beispielsweise rapidobject, das die Modelle aber nur in den Original-Abmessungen kalkuliert und verarbeitet. (atr@ct.de)