c't 20/2017
S. 40
News
Autovernetzung

Mobiles Vernetzen

Vodafone startet Mobility Lab zur Autokommunikation

Der Netzbetreiber Vodafone hat sich dem Aldenhoven Testing Center angeschlossen, um mit Partnern aus Industrie und Forschung die Fahrzeugfunkvernetzung voranzutreiben. Der Schritt ist ein Meilenstein – obwohl der Netzbetreiber vorerst weniger zur laufenden Party mitbringt, als es den Anschein hat.

Der Mensch denkt, das Auto lenkt: Noch parkt dieser von der RWTH Aachen schlau gemachte Passat schneckenlangsam ein, aber selbstständig und zuverlässig.

Die EU-Kommission hat sich die Fahrzeugvernetzung bereits 2009 auf die Fahnen geschrieben und von der IT-Industrie Standards gefordert. Seitdem arbeitet die IT-Industrie konkreter an der Car-to-Car-Kommunikation, mittels der sich Autos verschiedener Hersteller über Funk verbinden, um zum Beispiel vor Gefahren oder Unfällen zu warnen oder Informationen wie Geschwindigkeit und Position an Leitstellen zu melden.

Aber um die Details schwelt ein Richtungsstreit, seitdem die Mobilfunker auf die Idee kamen, ihre Netze auch für die Fahrzeugvernetzung fit zu machen – denn ursprünglich hatte das Normungsinstitut IEEE eigens dafür die WLAN-Variante 802.11p entwickelt – erste Ansätze dazu lieferte die American Society for Testing and Materials schon im Jahr 1999.

Doch ohne die Mobilfunknetze lassen sich nicht alle Anwendungen umsetzen, die von vernetzten Autos erwartet werden, denn 802.11p eignet sich zurzeit für kaum mehr als für die Fahrzeugkommunikation. Es gibt zwar das Konzept für Funkbaken (Roadside Units, RSU), aber aktuell ist es nur für drahtlose Mautsysteme in Gebrauch. Übergreifende Infrastrukturen, etwa zu Leitstellen, die den Verkehr in Gang halten sollen, müssten erst aufgebaut werden.

Bis zum Bordstein

An dieser Stelle kommt die Mobilfunkbranche ins Spiel, deren Infrastruktur sehr gut ausgebaut ist. Im Normungsinstitut 3GPP hat sie diverse Spezifikationen zur Fahrzeugvernetzung in Angriff genommen (critical Machine-type Communication, C-MTC). So überrascht es nicht, dass sich neben anderen Netzbetreibern auch Vodafone in der Fahrzeugvernetzung engagiert. Ihr jüngster Schritt ist die Kooperation mit dem Aldenhoven Testing Center in Nordrhein-Westfalen. Dort hat Vodafone Ende August sein 5G Mobility Lab eröffnet. Das Testing Center gibt es schon einige Jahre. Es ist eine Laborumgebung zur Entwicklung und Erprobung von Fahrzeugtechniken unter freiem Himmel, das die RWTH Aachen zusammen mit Partner betreibt.

Zum Start des 5G Mobility Lab hat Vodafone mit Automobilherstellern, Zulieferern und Forschungsgruppen den aktuellen Forschungsstand demonstriert: Rettungswagen schalten sich im Einsatz Ampeln auf Grün, Autos bremsen selbstständig, wenn sie Gefahren erkennen, zum Beispiel schnell nahenden Querverkehr. Vodafone steuert nun zusammen mit Nokia, Huawei und Ericsson ein „hochmodernes, frei konfigurierbares Mobilfunk-Testnetz“ bei.

Vorerst 1G weniger

Tatsächlich handelt es sich bei der Installation trotz des „5G“ im Namen um ein LTE-Netz, also nur um Technik der 4. Mobilfunkgeneration. Für den Anfang genügt das, denn LTE eignet sich gut zur Verkehrstelematik, bei der Verkehrsfluss, Baustellen oder örtliche Wetterverhältnisse erfasst und zur Verkehrssteuerung verwendet werden. Für die unmittelbare Kommunikation von Fahrzeug zu Fahrzeug eignet sich LTE konzeptbedingt noch nicht (unter anderem wegen zu langer Signallaufzeiten). Zu einem 5G-Testnetz mit Geschwindigkeiten von maximal 10 GBit/s und Latenzen unter 10 ms wird die Infrastruktur erst im Laufe der Zeit aufgerüstet. Einen Zeitplan nannte Vodafone nicht.

Im 4G-Netz demonstrierte Vodafone beispielsweise, wie Störfälle nachgestellt werden, um bedarfsgerecht nur solche Fahrzeuge über einen Vorfall zu unterrichten, die örtlich benachbart sind (Geomessaging). Dafür werden Fahrzeuggruppen netzwerkseitig zu Multicast-Gruppen zusammengefasst. In anderen Szenarien entwickeln und testen Forschungsgruppen unter anderem selbstfahrende Autos (ZF) oder die Kommunikation mit der Verkehrsinfrastruktur. Aus der Sicht des Fahrers sieht das laut Vodafone so aus: „Sie schauen durch LKWs hindurch und über Bergkuppen hinweg, warnen sich in Echtzeit gegenseitig vor Blitzeis, Aquaplaning oder Unwettern und parken fahrerlos ein.“

Freilich gründet nicht jede dieser Techniken auf Mobilfunk. In Demonstrationen zeigten die Partner die Kommunikation von Fahrzeugen untereinander und wie sich Fahrzeuge über Standort von Fußgängern auf der Strecke anhand von deren Smartphone-Signalen informieren lassen. Dafür eignet sich das 4G-Netz nicht – die Entwickler setzen WLAN gemäß 802.11p ein und auf dem Smartphone des Fußgängers läuft eine spezifische App dafür. VW will 802.11p ab 2019 serienmäßig einbauen (pWLAN).

Dennoch sind die Mobilfunker überzeugt, dass sie die 802.11p-Technik überholen können. Ersten Untersuchungen nach scheinen die kommenden LTE-Spezifikationen leistungsfähiger zu sein; speziell die Reichweite und damit die Verfügbarkeit sind besser [1]. (dz@ct.de)