c't 18/2017
S. 3
Editorial
AMD auf der Überholspur
Christian Hirsch

AMD auf der Überholspur

Mit Ryzen Threadripper hat sich AMD an die Performance-Spitze der Desktop-Prozessoren gesetzt – und Intel eiskalt erwischt. Der Chipgigant trägt daran aber selbst Schuld. Mangels ernst zu nehmender Konkurrenz hatte er es sich in den letzten Jahren zu bequem gemacht. Statt großer Innovationen gab es bei jeder neuen Core-i-Generation lediglich kümmerliche Performance-Zuwächse. Die Brot-und-Butter-Plattform war auf vier CPU-Kerne festgenagelt. Wer mehr wollte, wurde zur teuren High-End-Plattform gezwungen. So füllte sich Intels Geldsäckel fast von selbst.

AMDs erste Ankündigungen von Ryzen sorgte bei Intel für Hektik. Plötzlich konnten auch billige Pentiums Hyper-Threading, und der Zehnkerner wurde 60 Prozent billiger. Doch gegen Ryzen half das nicht, denn dieser schlug sich besser als erwartet: Fürs gleiche Geld bekommt man acht statt vier Kerne. Zudem liefert AMD Extras wie Overclocking frei Haus, für die Intel immer noch einen Premium-Aufschlag verlangt.

Mit dem 16-Kerner Ryzen Threadripper hat AMD den Rückstand nicht nur aufgeholt, sondern zieht erstmals seit einem Jahrzehnt links vorbei. Das kam so unerwartet, dass in Santa Clara Panik ausbrach: Statt eines souveränen Konters folgte der Frühstart der Core-X-Prozessoren mit unfertigen Mainboards und dem "Paper Launch" der 12- bis 18-Kerner. Mangels USB 3.1 im Chipsatz und der schmaleren Anbindung schneller PCI-Express-SSDs ist Intel auch bei der Plattform nur zweite Wahl.

Bleibt zu hoffen, dass Intel daraus lernt und wieder mehr von seinen vierteljährlichen Milliardengewinnen in die Entwicklung attraktiver Produkte investiert. Denn ohne gesunde Konkurrenz gäbe es auch für AMD keinen Anreiz, seine Prozessoren weiter zu verbessern, wovon schließlich alle PC-Nutzer profitieren.

Unterschrift Christian Hirsch Christian Hirsch

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