c't 18/2017
S. 12
Prozessorgeflüster
Core i-8000, Raumfahrt, Power9

Prozessorgeflüster

Von Feuer und Flamme

Smoke on the Water – aber diesmal qualmte es nicht am Genfer See, sondern an der San Francisco Bay. Vielleicht liefen ja die Flashes zu heiß – jedenfalls ging ein Teil der Ausstellung zum Flash Memory Summit im Konferenz-Zentrum in Santa Clara in Flammen auf.

Da herrschte schon heiße Stimmung auf dem Flash Memory Summit in Santa Clara, als ein paar Stände einfach abfackelten. Die begleitende Ausstellung fiel damit ganz ins Bay-Wasser – die betuchteren Firmen, insbesondere die in der unmittelbaren Nachbarschaft, führten ihre neuen Produkte aber in ihren Headquarters oder in umliegenden Hotels vor. Inzwischen ist von Intel die Optane-SSD DC P4800X mit 750 GByte offenbar wirklich – zum stolzen Preis von 1500 Euro – lieferbar und erste Testmuster wurden tatsächlich, nicht einmal fünf Monate nach der offiziellen Einführung, verschickt. Die Abstände zwischen „Launch“ und Auslieferung werden, so scheints, immer größer. Das gilt ja verstärkt auch für Prozessoren, wo der Konkurrenzkampf zwischen Intel und AMD neu entfacht ist und ähnliche „Stilblüten“ hervortreibt, wie einst gegen Ende der Jahrtausendwende, als AMD mit dem Athlon und später mit dem Opteron Intel die Hölle heiß machte.

Nach Apollo 17 folgt nun Apollo 40 – von HPE als Testsystem für die Weltraumtauglichkeit von Xeon-Servern. Bild: HPE

Das verspürte man jetzt unter anderem bei den High-End-Desktop-Prozessoren Skylake X und Kaby Lake X (siehe S. 3). Vermutlich wird das auch für die kommende Core-i-8000-Generation (Coffee Lake) zutreffen, die mit bis zu sechs physischen Kernen am 21. August zum Auftakt der Gamescom in Köln herauskommen soll. Vorgestellt wurde der Core i-8000 ja bereits Anfang Juni auf der Computex in Taipeh. Das sechskernige Spitzenmodell Core i7-8700K soll bei 95 Watt TDP mit immerhin 3,7 und im Turbo mit 4,7 GHz laufen. Inzwischen weiß man aber aus vielen Quellen, dass die 8000er trotz gleichen Sockels LGA1151 neue Mainboards und z300er-Chipsätze erfordern – da dürften viele Besitzer von fast nagelneuen Skylake-Boards lange Gesichter machen. Dafür sollen die z300er-Chipsätze endlich auch USB 3.1 Gen 2 und WLAN-Controller bieten – wenn auch nicht unbedingt gleich, sondern erst später einmal. Zunächst wird wohl nur ein aufgebohrter z270-Chipsatz unter dem Namen z370 angeboten mit USB 3.0 – noch so ein fauler Kompromiss.

AMD hat zwar die Desktop-Prozessoren Ryzen 5 und 3 draußen, aber noch nichts mit integrierter Grafik als direkte Konkurrenz zu Coffee Lake. Doch Raven Ridge, wie die APU intern heißt, wird bei diesem heißen Wettbewerb wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen. Dessen integrierte Vega-Grafik dürfte dann in einer ganz anderen Liga spielen als Intels HD-Grafik. Die Vega-Architektur jedenfalls in Gestalt der Radeon-Grafikkarten 56 und 64 wurde gerade erst diese Woche auf den Markt gebracht.

Spaceborne

Während Intel intern die atomare Gemini-Lake-Plattform als Nachfolger der nur rudimentär dokumentierten Apollo-Lake-Plattform präsentiert – sie soll auch noch dieses Jahr die Pentium- und Celeron-Linie im 4- bis 6-Watt-Bereich bevölkern –, hat HPE den Namen Apollo schon seit Ende der Achtzigerjahre im Portfolio, als man die Workstation-Firma Apollo Computer aufkaufte. Vor einigen Jahren holte man den symbolträchtigen Namen wieder für die High-Performance-Serverlinie aus der Schublade.

Aber nicht Apollo, sondern die vergangenes Jahr eingekaufte Firma SGI brachte gute Kontakte zur NASA mit. Gemeinsam entwickelte man nun das Spaceborne-Projekt, mit dem man erproben möchte, wie sich handelsübliche Xeon-Systeme im Weltraum bewähren. So ein Teraflops-System in spezieller weltraumtauglicher, strahlengehärteter Ausführung wäre nämlich ungleich teurer, größer und würde weitaus mehr Energie ziehen – für eine Marsmission schlechterdings nicht machbar. Nun baute man vier handelsübliche Apollo-40-Einschubsysteme ein bisschen um – noch das alte Gen-9 mit Xeon Broadwell-EP –, und wenn alles gutgegangen ist, sollte das Spaceborne-System jetzt an Bord der ISS ackern. Eine SpaceX-Falcon-9-Rakete müsste es jedenfalls dahin befördert haben, allerdings erst nach Redaktionsschluss.

Heiß wird es auch auf der Hot Chips Conference in Cupertino zugehen, wiewohl es zwischendurch kurzzeitig kühl werden dürfte, wenn sich am 21. August – also just an dem Tag, an dem Intel seinen Core i-8000 herausbringen will – um 10:15 Uhr Klimax-Ortszeit die Sonne zu etwa 70 Prozent verdunkelt. Hätte man die Konferenz in die Hauptstadt von Oregon verlegt, wären die Besucher sogar in den Genuss einer totalen Finsternis gekommen. Das Konferenzprogramm hat aber immerhin eine halbe Stunde mitten in der GPU/Gaming-Session zwischen Microsofts XBox Scorpio und AMD Vega sowie Nvidia Volta für die Eklipse-Beobachtung eingeplant.

Die ersten Kabinette für den Supercomputer Summit sind im Oak Ridge National Lab angekommen und werden aufgebaut. Bild: Oak Ridge Leadership Computing Facility

Der nächste Klimax dürfte am Ende des zweiten Tages in der Server-Session anstehen. Nach IBMs neuem Z14-Mainframe-Prozessor und weiteren, hoffentlich spannenden Details zu AMD Epyc und Intel Xeon SP will dann Qualcomm Einzelheiten zum Centriq 2400 preisgeben, dem ersten Serverprozessor in 10-nm-Prozesstechnik. Den 48-kernigen selbst entwickelten ARMv8-Prozessor (Codename Falkor) durfte Intels ehemaliger Mobile-Chef Anand Chandrasekher, der jetzt bei Qualcomm die neue Datacenter-Abteilung leitet, Ende letzten Jahres vorstellen – allerdings ohne viel über ihn zu verraten. Auf der Open Compute im März dieses Jahres hatte dann Qualcomms Datacenter-Tochter eine Kollaboration mit Microsoft verkündet und eine Demo unter Windows Server 2016 vorgeführt.

Aber Microsoft geht ja im Rahmen des Projektes Olympus mit jedem ins Bett, der Open Compute unterstützt, sei es Intel, AMD, Cavium, Qualcomm oder sonst wer, bald vielleicht auch mit RISC V. Nur mit IBM nicht, und so wird es wohl kein Wiederaufleben eines Windows für Power geben.

Offene Firmware für kleinen Power9

IBM ist aber ebenfalls bei Open Compute aktiv, über das Projekt Zaius der OpenPower-Partner Google und Rackspace rund um den kommenden Power9. Und bei dem soll es mit „open“ auch wirklich vorangehen. Bei Raptor Computing kann man jedenfalls jetzt das DP-Power9-Board „Talos II“ für Workstations und Server mit offener Firmware (LibreCore, OpenBMC) und Linux vorbestellen. Der Preis hält sich mit 2300 Dollar für Board, Prozessor und Kühler in Grenzen. Das ist allerdings eine bislang unbekannte kleine Vierkernausführung des Prozessors mit vierfachem SMT, also 16 logische Kerne zum Preis von 300 Dollar – ein Schnäppchen, wenn man das mit den gewohnten IBM-Prozessorpreisen vergleicht.

Das Power9-Board von Raptor Computing bietet Zwei Sockel für Veirkernige Power9-Prozessoren und LibreBoot Bild: Raptor Computing

Derweil sind die ersten Kabinette für die richtigen großen Power9-Prozessoren, für Nvidia-Volta-GPUs und Mellanox-InfiniBand mit 100 GBit/s in Oak Ridge angekommen und werden installiert. Etwa ein Viertel des geplanten Supercomputers Summit mit über 180 PFlops, so hatte IBMs HPC-Chef Turek auf der ISC17 verkündet, wolle man noch in diesem Jahr aufbauen. Irgendwann gegen Mitte 2018 soll der Probebetrieb des Gesamtsystems beginnen, bevor dann Anfang 2019 die Anlage „ready for user“ sein soll. Dreizehn ausgewählte Teams dürfen an diesem Probebetrieb im Center for Accelerated Application Readiness teilnehmen, nicht nur aus den USA, sondern auch zwei Quantenchemie-Teams aus Europa, aus Amsterdam und Aarhus. Jülich ist (noch) nicht dabei; ob und wann sich das Jülicher Supercomputer Center für Power9 entscheidet, steht immer noch in den Sternen. (as@ct.de)