c't 18/2017
S. 14
News
IFA 2017
Aufmacherbild
Bild: Messe Berlin

Automatisiert und vernetzt

Technik fürs smarte Zuhause auf der IFA 2017

Smarte Fernseher, fliegende Objekte, VR und Fitness – wer die Elektronikmesse in Berlin besucht, erlebt aktuelle Techniktrends hautnah. Die IFA hat aber nicht nur Unterhaltungselektronik im Gepäck: Vernetzte Geräte für das intelligente Heim buhlen neben flammenden Kochshows und sprechenden Waschmaschinen um die Aufmerksamkeit der Besucher.

Die Internationale Funkausstellung setzt außer auf Unterhaltungselektronik auch auf smarte weiße Ware – vernetzte Kühlschränke, intelligente Toaster, sprechende Waschmaschinen. IoT-Geräte, die vom Nutzer per App oder Sprache gesteuert werden, dominieren neben allerlei Küchen-Events den Hausgeräte-Bereich auf dem Messegelände.

Erstmals werden in Berlin Smart-Home-Unternehmen ausstellen, die in diesem Bereich bislang nur Randfiguren waren – darunter das Grazer Unternehmen Nuki mit smarten Schlössern, die für Tastaturen und Mäuse bekannte Firma Logitech und Hersteller TechniSat, der die Smart-Home-Zentrale in den Digital-TV-Receiver pflanzt.

Hersteller von Heimautomation wie Devolo, Popp und Everspring stehen aktuell unter Druck: Als Anbieter von Komponenten mit Z-Wave-Funk müssen sie versuchen, ihren Vorsprung auf dem Smart-Home-Markt zügig auszubauen – bevor Bluetooth Low Energy mit dem gerade zertifizierten Mesh-Netzwerk ihnen Marktanteile abluchst.

HDR, 4K und mehr

Natürlich hat auch die klassische Unterhaltungselektronik ihren Auftritt. So sind alle großen TV-Hersteller in Berlin vertreten. Bei vielen dürfte in diesem Jahr High Dynamic Range (HDR), also die Wiedergabe von Videobildern mit erhöhtem Kontrastumfang im Fokus stehen – allerdings in unterschiedlichen Varianten. So nutzen Panasonic und Philips das statische Format HDR10, während Sony, Loewe und LG auch auf das dynamische Dolby Vision setzen. LG hat nun einen passenden Player im Sortiment. Noch unklar ist, wie Samsung sein eigenes dynamisches Format HDR10+ präsentieren wird. Inhalte dafür gibt es bislang nur über den Online-Streaming-Dienst Amazon Video.

4K-Auflösung und riesige Bilddiagonalen gehören bei allen TV-Herstellern zum Standardrepertoire. In Berlin werden aber auch 8K-Displays zu bewundern sein. Ob sich die noch mal vervierfachte Auflösung mit 7680 × 4320 Pixeln im normalen Wohnzimmer lohnt, können Besucher aus dem wohnzimmertypischen Betrachtungsabstand von drei bis vier Metern selbst prüfen. Aktuelle Topgeräte lassen sich per Sprache steuern, womit die TV-Hersteller auch auf smarte Lautsprecher wie Alexa und Google Home auf den Markt reagieren. Die intelligenten Boxen verstehen sich auch mit Smart-TVs – Streaming-Geräte wie Apple TV machen die smarten Funktionen im Fernseher weitgehend überflüssig.

Ein Wettstreit ist um die optimale Displaytechnik entbrannt: Während Hersteller wie LG, Sony, Panasonic und Philips OLED-Fernseher im Programm haben, verweigert sich Samsung der kontraststarken Technik und setzt stattdessen auf Quantenpunkte im LCD. Ein Grund: Alle großen OLED-Panels stammen von LG; Samsung ist nur bei den kleinen organischen Displays für Smartphones und Tablets Marktführer.

Mobiles, Drohnen und VR

In den teureren Smartphones schrumpfen die Display-Rahmen, was sie bei gleicher Bildschirmgröße etwas handlicher macht. Zudem erscheinen weitere Edel-Handys mit optischem Teleobjektiv. Die meisten Neulinge laufen noch mit Android 7. Mit Android 8 ausgelieferte Geräte dürften erst gegen Jahresende erscheinen – sofern sie nicht von Google selbst stammen.

Zum Kasten: Wir auf der IFA

Smart- und Hybridwatches wird man in Halle 4.2 bei der Fossil-Gruppe begutachten können. Auch Pionier Fitbit ist vor Ort und hat vielleicht die erste Smartwatch im Gepäck, über die man seit der Pebble-Übernahme munkelt.

Flugobjekte begegnen den IFA-Besuchern mehrfach, darunter extravagante wie der Flying Magic Cleaner, der autonom durch Räume fliegen und dabei die Luft von Staub und Pollen befreien soll. Ein Hingucker ist auch der wie ein Ei geformte Klappkopter PowerEg. Marktführer DJI zeigt in Halle 3.2 seine Drohen und lädt im Außenbereich A15 zur Flugshow ein.

Die virtuelle Realität findet auch auf der diesjährigen IFA statt. So wird man wohl die ersten fertigen „Windows Mixed Reality“-Headsets ausprobieren können, beispielsweise bei Acer. Warum Microsoft die Brillen mit „Mixed Reality“ bewirbt, bleibt unklar – es handelt sich um Low-Budget-VR-Brillen. Als weitere VR-Ausprägung wird in Halle 26 die Übertragung des UEFA Champions League Finales 2017 als sogenanntes Live-Experience gezeigt. Interaktive 360°-Videos aus der Cloud sollen dort über HbbTV auf Smart-TVs und Second Screens ausgespielt werden. Das Fraunhofer HHI will in Halle 26 die Möglichkeiten der erweiterten Realität demonstrieren.

Vorträge und Kongress

Halle 26 dient als Lokalität für das umfangreiche Kongress- und Vortragsprogramm. Dort findet am 4. und 5. September der IFA+ Summit statt, in dem namhafte Sprecher wie Carl Miller vom britischen Thinktank Demos, Stefan Gotthardt vom VW Digital Lab und Amber Case, Cyborg Anthropologist am MIT und der Uni Harvard, über ihre Erfahrungen berichten und sich in Paneldiskussionen und Workshops Fragen stellen. Der Eintritt zum Summit inklusive Messebesuch kostet 299 Euro für einen Tag und 499 Euro für alle Tage (Studenten 299 Euro).

Zum Kasten: IFA 2017: Eintrittspreise und Konzerte

Unter dem Stichwort IFA NEXT will die Messe Berlin die Messebesucher inspirieren. So präsentieren in Halle 26 Forschungseinrichtungen, Labore, Unis und Verbände sowie 160 Start-ups aus 20 Ländern ihre innovativen Produkte und Lösungen aus den Bereichen intelligente Sprachsysteme, Robotic und Virtual Reality. In sechs Start-up-Thementagen mit Panel-Diskussionen, Vorträgen und Pitches präsentieren sich Gründer zu den Themen IoT, Smart Home, VR, Digitale Gesundheit, Künstliche Intelligenz und Mobilität. Offizieller Partner und Organisator ist der Bundesverband Deutsche Startups e. V.

In Halle 26b befindet sich die Keynote-Arena. Die Eröffnungsrede hält am Freitagmorgen Philips, Microsoft schließt sich um 14 Uhr an. Am Samstag betritt Foxconn-Gründer Terry Gou erstmals eine Keynote-Bühne in Europa. Der CEO will die Bedeutung globaler Lieferketten und die Wertschöpfungskette der Elektronikbranche analysieren. Die taiwanische Foxconn/Hon Hai Gruppe zählt zu den größten Elektronikfertigern der Welt; über eine Millionen Angestellte weltweit produzieren dort Elektronik- und Computerbauteile für alle namhaften IT-Hersteller.

Von Sonntag an (3. bis 6. 9.) will IFA Global Markets in der Station Berlin Zulieferer, Komponentenhersteller, OEMs und ODMs mit potenziellen Kunden und Partnern der Unterhaltungselektronik und Hausgerätebranche zusammenbringen. Täglich fahren kostenlose Shuttles vom Eingang unterm Funkturm zur Station Berlin in der Luckenwalder Str. 4–6.

Vom Sonntag bis Dienstag (3. bis 5. 9.) findet erstmals die unabhängige Android-Entwicklerkonferenz droidcon Berlin statt (CityCube, Hall A, Raum A1–A3). Auf ihr werden mehr als 1000 Software-Entwickler und Experten erwartet. Das von Google entwickelte Android-Betriebssystem hat sich für Smartphones etabliert und wird auch in Smart-Home-Lösungen eingesetzt. Damit passt die Partnerveranstaltung gut zur IFA und ihrem Schwerpunkt Connected Home. Außer in Berlin finden die größten droidcon-Konferenzen in London, New York und San Francisco statt. (uk@ct.de)