c't 8/2016
S. 3
Editorial
Detlef Grell

In der Endlosschleife

Ich komme selten in die City, daher bestell ich viel. Und ich liebe es, per Tracking zu verfolgen, wie sich MEIN Paket nähert: Um 12 Uhr mittags bestellt, schon hats der Versender dem DHL-Paketzentrum übergeben. Oh, schon auf dem Lkw nach Hannover.

Seit früh um 5 im Zielpaketzentrum Anderten. Dann ist es ja gleich da. Doch es kommt nicht. Es wird nicht mal ins Zustellfahrzeug geladen. Mist. Na, dann eben morgen. Ja, jetzt ist es im Zustellfahrzeug. Es wird aber nicht zugestellt! Oh nein, es geht zurück ins Paketzentrum. MEIN Paket! Ich habe 497 Euro für Dich bezahlt! Wo bist du?

Ab zu nolp.dhl.de - klick auf Kontakt. Hm. Wie machen die das? Ich kann klicken, was ich will, sogar unter "Reklamation" lande ich immer wieder im Tracking, das mir genau nicht verrät, was gerade klemmt, oder in den FAQs. Eleganter kann man "Lieber Kunde, du kannst mich mal" nicht ausdrücken. Kein Telefon, keine E-Mail-Adresse. Der Weltkonzern DHL scheint überhaupt nur eine einzige zu haben, nämlich impressum@dhl.de - cool. Meine Oma hat mehr.

Hurra, Google findet die Hotline-Nummer - jemand in einem Forum hat sich verplappert. Und schon nach 14 Minuten meldet sich eine gequälte Seele: "Ja, kann ich sehen, weiß ich auch nicht. Vielleicht war der Lkw kaputt? Fahrer verunfallt? Krank?"

So geht das seit April 2015. Erst war die Ausrede der Streik, dann der Streikfolgen-Paketberg, dann die Ferienzeit, dann die Vorweihnachtszeit. Dann haben sich wohl ein paar Kunden zu viel beschwert - plötzlich sah man DHL-Autos überall, viele mit zwei Leuten besetzt. Aber vor zwei Wochen ging es wieder los. Der aktuelle Hänger ist schon der vierte in zwei Wochen.

Warum ärgere ich mich so? Es ist meine Ohnmacht. Ich kann nichts erfahren. Ich kann nicht eingreifen. Ich komme nicht an mein Eigentum! Ich kann im Paketzentrum nichts abholen. Ich kann nicht mal melden: "Ey, da klemmt was. Kann mal jemand schauen, was mit Sendungsnummer 33xxx los ist?" Und das ist der eigentliche Hammer, denn das ließe sich auf der Tracking-Seite einbauen - gern auch mit Sperre "erst nach drei Tagen möglich". Aber in der jetzigen Form wird aus dem wunderbaren Informationsinstrument "Tracking" ein Folterinstrument.

Also DHL: Habt ihr geheime Infos, dass das Versandgeschäft gar nicht boomt? Dann schlaft weiter. Bei mir bleiben Zweifel, und ich sag es nur höchst ungern, aber ich beginne zu verstehen, warum Amazon selbst liefern will.

PS: Wie man sich überhaupt beschweren kann? Na, per Brief an die Postadresse in Bonn. Schön teuer natürlich als Einschreiben - die Old-School-Variante der 0190er-Nummern ...

Unterschrift Detlef Grell Detlef Grell

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