c't 8/2016
S. 20
News
Freies 3D-Paket

Flotter und effizienter rendern

Version 2.77 des 3D-Pakets Blender

Die Planungen rund um Version 2.8 des freien 3D-Pakets schreiten voran. Aber vorher hat die Blender Foundation Version 2.77 des Open-Source-3D-Pakets freigegeben. Sie unterstützt Windows XP nicht mehr, läuft aber andererseits auf aktueller Hardware schneller.

Blender 2.77 verwendet Python 3.5.1, läuft daher nicht mehr unter Windows XP und setzt nun einen Grafik-Treiber mit OpenGL Version 2.1 voraus. Aufgrund dieser Umstellung läuft Blender an vielen Stellen flotter als bisherige Versionen.

Neue Features der Version 2.77 von Blender wurden während der Produktion des Kurzfilms „Caminandes 3 – Llamigos“ entwickelt und auch gleich gründlich getestet.

Viele der Neuerungen und Verbesserungen gehen auf den Kurzfilm „Caminandes 3 – Llamigos“ zurück, der im Blender Institute in Amsterdam mit Einnahmen der Blender Cloud produziert wurde. Während die Künstler an dem Film arbeiteten, waren Entwickler vor Ort, um gewünschte Features sofort zu implementieren.

Neue Voreinstellungen sollen Einsteigern schneller zu besseren Ergebnissen verhelfen. So erzeugt die mit Path-Tracing arbeitende Render-Engine Cycles jetzt von Anfang an hochwertigere Ergebnisse, wodurch allerdings die Renderzeiten leicht gestiegen sind.

Die Cycles-Engine berechnet jetzt Subsurface Scattering (SSS) um den Faktor drei schneller und mit weniger Speicherverbrauch auf CUDA-fähigen Grafikkarten, weshalb SSS nicht mehr als experimentell gekennzeichnet ist. Das Verfahren, das auf Deutsch als Volumenstreuung bezeichnet wird, hilft, leicht durchscheinende Materialien wie Haut, Wachs oder Milch realistischer darzustellen. Auch Feuer, Rauch und Point-Density-Texturen lassen sich jetzt mittels CUDA berechnen.

Den Grad der Bewegungsunschärfe in Cycles kann man über Shutter-Kurven jetzt sehr fein justieren. Zum einen lässt sich angeben, wann der Verschluss komplett offen ist. Zum anderen kann man über eine Kurve dessen Bewegung beim Öffnen und Schließen definieren. Außerdem simuliert Cycles den Rolling-Shutter-Effekt, der beim Filmen mit CMOS-Kameras dazu führt, dass sich bei horizontalen Schwenks gerade Linien krümmen. Feuer- und Rauchsimulationen speichert Blender auf Wunsch im OpenVDB-Format, um sie mit Programmen auszutauschen, die dieses Format unterstützen. Die Cycles-Engine ermöglicht eine deutlich feinere Kontrolle für direktes „Light Baking“ auf Texturen, wie es bei der Spiele-Entwicklung häufig zum Einsatz kommt. Dabei werden Informationen zur Beleuchtungssituation direkt in Texturen gespeichert.

Formen und kneten

Während Boolsche Funktionen zum Bearbeiten von Meshes bisher nur über einen Modifier zur Verfügung standen, bietet Blender 2.77 sie nun als Werkzeug direkt im Edit Mode. Dadurch entfällt das Umschalten zwischen Edit Mode und Object Mode, was den Arbeitsablauf vereinfacht.

Über die Rake-Option verändern herausgezogene Strukturen ihre Orientierung entlang der Bewegungsrichtung des Sculpt-Werkzeugs.

Fürs Sculpting haben die Entwickler das Snake-Hook-Tool aufgebohrt. Mit ihm kann man jetzt deutlich einfacher lang herausgezogene Segmente erzeugen und außerdem einstellen, ob während des Herausziehens das Volumen verringert (Pinch) oder vergrößert (Inflate) werden soll.

Der Grease Pencil, mit dem sich 2D-Zeichnungen direkt im 3D-Raum anfertigen lassen, ist jetzt tiefer ins System integriert und lässt sich mit Sculpting-Werkzeugen nachbearbeiten. Ursprünglich war er dazu gedacht, einfach und schnell Anmerkungen zu erstellen; inzwischen hat der Grease Pencil sich zu einem mächtigen Werkzeug gemausert. In Blender 2.77 hat er einen eigenen Editor erhalten, der gleichberechtigt neben den anderen Editoren im 3D-View residiert. Immer mehr der Blender-Werkzeuge stehen auch für den Grease Pencil zur Verfügung, darunter das Transformations-Widget zum Bewegen, Rotieren und Skalieren.

Das größte Upgrade für den Grease Pencil ist die Integration der Sculpting-Werkzeuge von Blender. Mit ihnen lassen sich 3D-Modelle wie Lehm formen. Der Smooth Brush glättet krakelige Linien, der Thickness-Brush ändert ihre Dicke, der Clone Brush kopiert sie. Der Clone Brush arbeitet nicht ganz wie der von Bildbearbeitungsprogrammen bekannte Kopierstempel: Hier lädt man erst eine Auswahl über Strg+C in den Zwischenspeicher und fügt diese dann per Klick immer wieder ein.

Der Bild-Editor stellt Rot-, Grün- und Blau-Kanal von Bildern auf Wunsch isoliert dar. Beim Weichzeichnen lassen sich die Grenzen des Bilds erweitern, damit an den Rändern keine Artefakte entstehen. Tracking-Punkte geben jetzt neben ihrer Position auch ihre Geschwindigkeit aus. Damit reicht es, einen einzelnen Punkt zu verfolgen, um ein Video nachträglich mit Bewegungsunschärfe zu versehen. Der Effekt der Stabilisierungs-Nodes lässt sich invertieren: So kann man einen Clip während der Bearbeitung stabilisieren und er erhält danach wieder seine ursprüngliche Bewegung.

Blender läuft unter Windows, OS X und Linux und steht in Version 2.77 zum Download bereit. Viele Berechnungen sollen deutlich schneller laufen als bisher. Außerdem haben die Entwickler nach eigenen Angaben mehr als 470 Programmfehler behoben. (akr@ct.de)