Rollende Transportdrohne mit Pilotenschein
Spricht man heute von Drohnen, sind in der Regel ferngesteuerte oder autonom agierende Flugobjekte gemeint. Besonders populär sind derzeit sogenannte Schwebeplattformen mit mehreren elektromotorisch angetriebenen Rotoren (Quadro-, Hexa- oder Oktokopter), die senkrecht nach unten wirken, um für Auftrieb zu sorgen. Durch Neigung der Rotorebene lässt sich zusätzlich Vortrieb erzeugen.
Soll die Schwebeplattform eine Transportlast tragen, nimmt der Energiebedarf für den Auftrieb allerdings stark zu, weshalb beladene Kopter-Drohnen oft nur kurze Zeit in der Luft bleiben können. Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund haben deshalb überlegt, wie sie den Lastentransport durch Drohnen energieeffizienter gestalten können – und sind auf die Ball-Drohne gekommen.
„Das Besondere an unserer Drohne ist, dass sie hauptsächlich rollend unterwegs ist und nur dann fliegt, wenn es wirklich nötig ist“, erklärt IML-Projektleiter Philipp Wrycza. „Dadurch kommt sie mit deutlich weniger Energie aus als rein fliegende Drohnen, deren Motoren viel mehr leisten müssen.“ Aufgebaut ist die Ball-Drohne folgendermaßen: Im Inneren einer kugelförmigen Käfigstruktur mit einem Durchmesser von 55 Zentimetern sitzt ein Hexakopter mit Beladevorrichtung, der über eine kardanische Aufhängung gelagert ist.
Erzeugen die Rotoren (ähnlich wie bei einem Hovercraft-Boot) Vortrieb, kippt die frei gelagerte Masse im Inneren und die Drohne rollt in eine vorgegebene Richtung. Geflogen wird erst, wenn Hindernisse oder größere Höhenunterschiede zu überwinden sind. Dann drehen die Rotoren automatisch in die Auftriebstellung. Gedacht ist die 1500 Gramm schwere und größtenteils im 3D-Druckverfahren hergestellte Ball-Drohne vor allem für innerbetriebliche Transporte.
„Wir zielen insbesondere auf Einsatzfelder, die heute von Rohrpost-Systemen oder Boten erledigt werden“, erklärt Wrycza, der einen ersten Prototyp der rollenden Transportdrohne im März auf der Fachmesse Logimat 2016 in Stuttgart präsentierte. Zugeladen werden können derzeit Objekte mit einem Gesamtgewicht von bis zu 700 Gramm – also zum Beispiel Dokumente, Kleinteile, die eilig ans Band müssen, oder auch Proben für ein unternehmenseigenes Labor auf dem Werksgelände.
Ein vom IML entwickeltes Leitsystem sorgt dafür, dass die Ball-Drohne autonom ihren Weg zum Ziel findet. Auch der gleichzeitige Einsatz mehrerer Drohnen, die sich dank Schwarmintelligenz selbst organisieren, soll funktionieren. Bis zur Serienreife werden nach Angaben des IML noch zwei bis drei Jahre vergehen. Derzeit suche man Unternehmen, die sich an der Weiterentwicklung der rollenden Transportdrohne beteiligen. (pmz@ct.de)