c't 25/2016
S. 20
Prozessorgeflüster
AMD Zen, OpenCAPI, Gen-Z

Prozessorgeflüster

Von Konkurrenten und Koalitionen

Die Spannung steigt: Auf der Consumer Electronics Show Anfang Januar zeigt Intel den Core i7-7700 – aber was setzt AMD dagegen? Unterdessen knüpft die Server-Branche weitere Anti-Intel-Kooperationen und Samsung will mit 10-Nanometer-Chips überholen.

Zen-Buddhismus steht für meditative Entspannung, bei Zen-Entwickler AMD dürfte derzeit jedoch hektische Betriebsamkeit herrschen: Bis zur Consumer Electronics Show sind es keine sechs Wochen mehr. Und dort in Las Vegas muss der Zen-Prozessor laufen, wenn AMD nicht noch mehr Versprechen brechen will – eigentlich war ja von 2016 die Rede. Aber wir wollen uns nicht um ein paar Tage streiten und hoffen, dass dann wirklich der Summit Ridge „Zen SR7“ mit 8 Kernen und 16 Threads auf AM4-Mainboards mit X370-Chipsatz debütiert. Das legen Präsentationsfolien nahe, die kürzlich in der chinesischen Chip-Hölle auftauchten, also bei Chiphell.com. Der Zen SR7 könnte dann noch im Januar zu haben sein, später sollen SR5 und SR3 folgen; Ähnlichkeiten mit den Namen lebender Prozessoren sind wohl Absicht.

Die Gen-Z-Technik soll die Komponenten modularer Supercomputer vernetzen, ähnlich wie Intels OP-Fabric.

Diese Zen-Pläne und wahrscheinlich auch ein Vertrag mit Google auf der SC16 (siehe Seite 50) haben den AMD-Aktienkurs beflügelt. Die Erwartungen sind riesig: Weil Intels Kaby Lake alias Core i7-7700K für LGA1151 weiterhin nur vier Cores plus Hyper-Threading hat, könnten 16 Zen-Threads sicherlich was reißen. AMD setzt auch darauf, dass DirectX-12-Spiele von vielen CPU-Kernen profitieren. Die spannende Frage bleibt, auf welche Taktfrequenzen AMD den SR7 treiben muss und wie viele Watt dann bei Volllast durch die Kerne rauschen.

Anders als zu Kaby Lake sind zu Zen SR7 noch keine plausiblen Benchmark-Ergebnisse ins Web entschlüpft – AMD hält eisern dicht. Die drohende Konkurrenz hat bei Intel aber jetzt schon Aktivitäten ausgelöst, wenn man Spekulationen über die Roadmap für 2017 glaubt. Demnach will Intel auch Übertakter mit kleinerem Geldbeutel ködern, nämlich mit einem Core i3 als „K“-Typ mit unbeschränktem Multiplikator. Außerdem gibt es anscheinend Pläne für Skylake-X und Kaby Lake-X für die Fassung LGA2066 auf Mainboards mit dem Chipsatz X299. Solche Boards würden nicht nur mit teuren Skylake-X-Vielkernern laufen, sondern auch mit bezahlbaren Kaby-Lake-X-Quads. Dadurch schrumpft die Preislücke zwischen LGA1151 und LGA2066, also zwischen Intels Plattformen für Mainstream- und High-End-Desktop. Das soll den Sechs- und Achtendern von AMD das Leben schwer machen, die genau auf diese Lücke zielen.

Bis die Zen-APU „Raven Ridge“ irgendwann 2017 kommt, muss AMD aber weiter auch Bulldozer verkaufen, nämlich Bristol-Ridge-APUs wie A10-9700 und A12-9800. Die steckt HP bereits in „Pavilion“-PCs, ab der CES dürften sie auch im Einzelhandel zu haben sein, samt passender Boards wie dem Gigabyte GA-B350M-D2, das schon im Online-Preisvergleich auftauchte. Asus verkauft OEMs das A320M-C. Für X370-Boards kommt Bristol Ridge auch ohne GPU, etwa als Athlon X4 950K.

OpenCAPI und Gen-Z

Während AMD in Notebooks und Desktop-PCs weiterhin ganz alleine gegen Intel antritt, haben sich bei den profitableren Servern schon Anti-Intel-Koalitionen gebildet. Von der großspurig angekündigten ARM-Armee ist aber immer noch erst die Vorhut unterwegs, auch das OpenPOWER-Team aus IBM, Google und Nvidia kommt recht langsam voran.

Um mehr Mitstreiter zu gewinnen, öffnet IBM mit OpenCAPI das Coherent Accelerator Processor Interface (CAPI) für die OpenPOWER-Maschinen: Künftig können nicht mehr nur Nvidia-Tesla-Karten mit NVLink kohärent andocken, sondern etwa auch AMD-GPUs oder Xilink-FPGAs und Googles Tensor Processing Units (TPUs) für Künstliche Intelligenz (KI/AI).

Eine weitere Allianz ist das Konsortium für Gen-Z, ein „Speicher-zentrisches“ Interface zur Vernetzung modularer (Super-)Computer. Es ist wohl als Konter gegen Intels Omni-Path Fabric (OP Fabric) gedacht, das im Xeon (Phi) Einzug hält. OP Fabric soll bald auch komplette Supercomputer intern verbinden, etwa den für 2018 geplanten Cray Aurora. Unter anderem über optische Kabel – vielleicht OCuLink – kommunizieren dann Prozessoren, GPU- und FPGA-Beschleuniger, DRAM, High-Bandwidth Memory (HBM) und nichtflüchtiges Storage Class Memory (SCM) wie 3D XPoint mit niedrigen Latenzen und hoher Bandbreite.

Bei Gen-Z ist etwa Samsung dabei, hier sollen ja bald Z-SSDs mit Z-Flash starten. Zu den Gründungsmitgliedern zählen aber auch die Prozessor- und FPGA-Entwickler AMD, ARM und Xilinx, die Server-Riesen HPE, Dell EMC, Huawei sowie Samsung-Konkurrent SK Hynix. Mit Cray und Micron gehören aber auch enge Intel-Partner zum Gen-Z-Konsortium. Vielleicht ist das ein Zeichen für Krach hinter den Kulissen? Cray hat sich jedenfalls in der Öffentlichkeit über die Xeon-Phi-Verspätungen aufgeregt und Micron könnte sauer sein, weil Intel mit dem Xeon Phi „Knights Mill“ vom Hybrid Memory Cube (HMC) zu High-Bandwidth Memory (HBM) wechselt.

Intel 4004 von 1971: 2300 Transistoren aus der 10-Mikrometer-Fertigung

Nvidia macht weder bei OpenCAPI mit noch bei Gen-Z. Google hingegen zeigt sich offen: Der Suchmaschinist und Cloud-Dienstleister steckt einerseits Radeon-Pro-Beschleuniger von AMD in seine Machine-Learning-(ML-)Plattform und gründet andererseits mit Intel eine AI-Allianz. Die wurde auf dem „AI Day“ verkündet, mit dem Intel seinen bisherigen Rückstand auf den Gebieten von Artificial Intelligence, Deep Learning und neuronalen Netzen aufzuholen beginnen will. Google und wohl auch Facebook bekommen exklusiv frühen Zugriff auf Skylake-EP mit AVX512, was möglicherweise andere Cloud-Provider und Server-Hersteller ärgert. Intel hat außerdem neue Xeon-Phi-Typen und FPGA-Beschleuniger für KI versprochen; mit der Firma Nervana hatte sich Intel erst im August frisches Wissen auf diesem Gebiet eingekauft.

Unterdessen rühmt sich Samsung, Intel an einer wichtigen Front geschlagen zu haben: Samsungs Foundry fertigt den Qualcomm Snapdragon 835 mit 10-Nanometer-Strukturen. Damit bestückte Smartphones sollen bis Mitte 2017 erhältlich sein, Intels erster 10-nm-Chip Cannonlake wird erst Ende 2017 erwartet – zusammen mit den Chipsätzen der Serie 300. Letztere bringen auch bei Intel endlich USB 3.1 – AMD Zen soll gleich damit starten – und sogar eingebaute WLAN-Controller.

Beim 10-Nanometer-Rennen sind Vergleiche schwierig. Gleichnamige Fertigungsprozesse verschiedener Chiphersteller liefern kaum noch vergleichbare Transistoren – wer vorne liegt, werden uns dann Schleifkünstler wie Chipworks & Co zeigen. Mit den 10-nm-Strukturen von Cannonlake wird Intel jedenfalls beim Tausendstel der 10-Mikrometer-Strukturen des 4004-Chips aus dem Jahr 1971 angekommen sein, der kürzlich 45-jährigen Geburtstag feierte.

Bei diesem Blick in die Vergangenheit fällt mir auf, wie rasch sich Verhältnisse ändern können – was einst für Aufregung sorgte, nimmt man heute mit einem Schulterzucken hin. Vor zehn Jahren jedenfalls hätte der Beitritt von Microsoft zur Linux Foundation – und das auch noch als Platin-Mitglied – bestimmt für größere Überraschung gesorgt. Andererseits gab es 1980 ja auch MS Xenix. (ciw@ct.de)